Das Lied der Träumerin (Tanya Stewner)



Fischer Jugendbuch, 1. Auflage März 2011
HC mit SU, 400 Seiten
€ (D) 16,95 | € (A) 17,50 | SFR 25,90
ISBN: 978-3-8414-2116-6
Leseprobe

Genre: Jugend-Belletristik




Klappentext:

Angelia hat einen Traum: Sie will als Sängerin den Durchbruch schaffen. Und sie ist fest davon überzeugt: Nur wer träumt, der lebt! Sie geht nach London, um ihren Traum wahrzumachen. Dort erlebt sie mit dem ungleichen Brüderpaar Josh und Jeremy Licht und Schatten von Freundschaft und Liebe. Angelia geht durch Glück und Enttäuschung, muss sich ihrer Vergangenheit stellen – und bleibt doch immer auf dem Weg, den ihr Traum ihr zeigt …

Die Entstehungsgeschichte von „Das Lied der Träumerin“



Rezension:

»Ich hätte kein Problem damit, dich auch in Zukunft finanziell zu unterstützen, wenn du Jura studieren würdest.«
»Aber wenn ich etwas mache, das nicht deinen Vorstellungen entspricht, unterstützt du mich nicht, richtig?«
»Ich werde natürlich kein Geld für irgendwelchen Unsinn ausgeben!« Ihre Miene spiegelte ihre Überzeugung wider, absolut im Recht zu sein. »Aus dir soll doch mal was werden!«
»Ich bin schon was, Mama. Auch ohne Abi. Auch ohne Doktortitel.«
»Ach! Und was bist du?«
Das war eine sehr gute Frage. Eine, mit der ich mich nun schon wochenlang beschäftigt hatte.
»Ich bin eine Träumerin«, antwortete ich leise.
(Seite 18/19)


Als ihr Vater seinem Krebsleiden erliegt und ihre Mutter viel zu schnell wieder zum Alltag zurückkehrt, beschließt Jana, ihr Leben zu ändern. Mehrere Wochen gibt sie sich der Trauer hin und nutzt diese Zeit zum Nachdenken, bis sie schließlich den Entschluss fasst, nicht länger den von ihrer Mutter gern gesehenen Weg zu gehen, sondern ihre eigenen Ziele zu verfolgen und ihren Traum vom Musikgeschäft wahr werden zu lassen. Welche Stadt käme dafür mehr in Frage als London, wo ihr Vater aufgewachsen ist? Er war es schließlich, der ihr alles, was sie über Musik und das Gefühl dafür wissen muss, beigebracht hat. Er war nicht nur ihr Vater, sondern auch ihr Mentor und ihr bester Freund. Seit seinem Tod ist Janas Welt nicht mehr rund, nicht mehr vollständig und für sie gibt es nur einen Weg, sich wieder wirklich lebendig fühlen zu können: Die Erfüllung ihres Traumes. Und sie ist sich sicher, dass ihr Vater diese Entscheidung in jedem Punkt gut heißen würde, also tritt sie nach recht kurzer Vorbereitungszeit die Reise nach London an, um dort ihr Leben endlich eigenständig in Angriff zu nehmen. Der erste Schritt hierzu ist die Ingebrauchnahme ihres zweiten Vornamens, den ihr Vater ihr direkt nach der Geburt gegeben hat: Angelia.

In London angekommen macht Angelia sich auf die Suche nach ihrer neuen Unterkunft und gerät sofort mit Jeremy aneinander, der mit ihrem Einzug in das alte Haus seiner Tante gar nicht einverstanden ist. Doch sein Bruder Josh hat Angelias Einzug bereits beschlossen, sodass Jeremy nicht viel übrig bleibt, als sich seinem Schicksal zu fügen und seine neue Mitbewohnerin zu akzeptieren. In Josh findet Angelia einen Seelenverwandten, während Jeremy immer abweisend bleibt – ein ungleiches Geschwister-Paar, das jedoch auf seine ganz eigene Art Reiz auf Angel ausübt. Schnell kommt sie jedoch dahinter, dass beide Brüder ihre Geheimnisse haben – und nicht nur das. Sie stellt auch fest, dass ihr Vorhaben, weshalb sie nach London gekommen ist, sich gar nicht so einfach umsetzen lässt. Und so gestaltet sich ihr neues Leben sehr vielseitig, mal anstrengend und frustrierend, mal erheiternd und federleicht – jedoch immer lebenswert und sie lernt nicht nur viel über sich selbst, sondern erfährt auch eine Menge über ihren Vater, über Freundschaft und was es bedeutet, wirklich zu lieben.

Als Kinderbuchautorin hat sich Tanya Stewner bereits einen Namen gemacht, nun wagt sie nach zehnjähriger Schaffensphase endlich den Schritt in die Jugendbuch-Ecke. Und dieser Schritt lohnt sich, denn Das Lied der Träumerin beinhaltet alles, was ein gutes Buch benötigt: Klare Sprache, überzeugende Charaktere, eine unterhaltende Geschichte und eine wichtige Botschaft. Überzeugend stellt die Autorin das Leben und die Gedanken von Jugendlichen, die sich selbst finden müssen und wollen, dar und schickt sie auf eine Reise, die jeder Mensch irgendwann im Leben machen muss – die Entdeckung des eigenen Ichs und das Herausfinden, was man wirklich will. Die Träume der Protagonisten sind ebenso vielschichtig wie die Menschen, die hinter ihnen stehen, und es ist bewundernswert, wie scharfsinnig diese einzelnen Fäden miteinander verbunden werden, um schließlich ein Ganzes zu ergeben, dass trotz der Vielfalt immer noch stimmig ist.

Bereits das himmelblaue Cover mit den überdimensionalen Kopfhörern, das schlicht und zugleich wunderschön ist, lädt den Leser noch vor Aufklappen des Buches zum Träumen und Schwelgen ein. Das zarte Blau, in dem der Schutzumschlag gehalten ist, vermittelt sofort einen Eindruck dessen, was den Leser im Inneren erwartet: Wahrhaftig Stoff, aus dem man Träume stricken kann und in den man sich, einem Traum gleich, fallen lassen kann. Dabei ist Das Lied der Träumerin alles andere als phantastisch – alles spielt in der realen Welt, basiert auf wahren Empfindungen und kommt mit unheimlich lebensechten Charakteren daher, die es nicht nur der Zielgruppe, sondern auch erwachsenen Lesern leicht machen, sich mit den Protagonisten zu identifizieren.

Tanya Stewner packt ernste und leichte Themen in einen Topf, vermischt das Ganze kräftig und würzt es genau passend mit dem richtigen Schuss von Verträumtheit und Philosophie. Was der Leser als Ergebnis in den Händen hält, ist weit mehr als ein Jugendroman mit tiefgründigem Inhalt. Es ist eine Ode an die Musik jedweder Art, eine Liebeserklärung an die großen Werke der Literatur, eine Anbetungsschrift an das Leben und an die Träume. Kurzum: Das Lied der Träumerin ist genau das, was der Titel sagt. Man wird zum Träumen und Schwelgen verführt, zum Genießen und Fallenlassen eingeladen, aber auch zum Aufwachen und Nachdenken angeregt.

»Ich will nicht länger eine schlafende Träumerin sein. Ich will träumen, und das heißt leben. Mit ganzem Herzen leben. Und das kann ich hier nicht.«
(Seite 23)




Fazit:

Was macht das Leben lebenswert? Träume, Literatur, Musik, Freundschaft und Liebe. All das vereint Tanya Stewner in ihrem Jugend-Debüt Das Lied der Träumerin und gibt so jedem Leser den sanften Anstoß, auf vielfältige Art sein eigenes Glück zu finden. Ein Roman, der selbst zum Träumen einlädt, der wundervolle Musikstücke offenbart und der durch Inhalt und Aufmachung gleichermaßen besticht.



Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 5/5