Beastly (Alex Flinn)

Baumhaus (Juli 2010)
kartoniert, Klappbroschur
Seiten: 336, 12,99 EUR [D]
ISBN: 978-3-8339-3844-3

Genre: Dark Fantasy / Märchen


Klappentext

Kyle Kingsbury ist eine Bestie. Nachts streift er durch New York – als hässliches Monstrum. Doch Kyle war nicht immer so. Früher hätte jeder gern mit diesem gutaussehenden, intelligenten und bei Mädchen beliebten Kerl getauscht. Aber Kyle war auch arrogant und eingebildet. Zur Strafe wurde er verflucht und muss nun als grässliches Biest durch die Stadt laufen. Jetzt kann nur noch die Liebe diesen Fluch brechen. Wir Kyle erlöst werden?


Rezension

Alex Flinn, geboren 1966 in New York, lernte bereits mit drei Jahren Lesen und wollte schon als Kind Schriftstellerin werden. Nach dem Besuch einer Schauspielerschule und einer Gesangsausbildung lebt sie heute als erfolgreiche Jugendbuch- und Bestsellerautorin in Miami und präsentiert mit „Beastly“ nun einen Jugendroman, der ein doch schon altes, aber beliebtes Märchen ins Licht der Modernen rückt.

>> Als ich wegging, ertappte ich mich bei einem Lächeln. Warum hatte ich das getan? Es war doch sonst nicht meine Art, nett zu hässlichen Entlein zu sein. Ich fragte mich, ob sich alle armen Menschen über dumme Kleinigkeiten so freuten. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, wann ich mich das letzte Mal für etwas begeistert hatte. <<

Kyle Kingsbury ist der Sohn eines reichen, sehr bekannten Vaters. Von Beginn an wurde ihm vermittelt, was im Leben wirklich wichtig ist: Gutes Aussehen, Reichtum und Überlegenheit. Und Kyle war ein braves, lehrreiches Kind. Mit seinem Charme besticht er nun die ganze Schule und zeigt sich moralisch gesehen von seiner schlechtesten Seite. Ansehnlich wie er ist, sieht ihm das jedoch jeder nach; bis auf eine Frau. Eine, die ihm zeigen möchte, welche Gefühle sich vielleicht auch in ihm verbergen und was es bedeuten kann, schrecklich hässlich zu sein ...

Lindy hingegen hat gänzlich andere Probleme. Als Tochter eines armen Vaters, der Drogen über das Wohl seiner Tochter stellt, fällt es ihr schwer sich durch den Tag zu kämpfen. Das junge Mädchen arbeitet was sie kann, um sich eine tolle Ausbildung leisten zu können, die sie in der gleichen Schule wie Kyle genießt. Unsichtbar, wie sie für ihn und für andere ist, bemüht sie sich endlich unabhängig zu werden und für ihre Freiheit zu kämpfen. Ein Kampf mitunter auch gegen ihren Vater, der die Schülerin letztendlich in Kyles Fänge drängt.


Märchen sind im Trend. Ob jüngstAsh

(Aschenputtel) von Mailinda Lo oder Red Riding Hood(Rotkäppchen) von Sarah Blakley-Cartwright – sie alle erzählen alte, teilweise sehr bezaubernde Geschichten in neuem Gewand. So auch „Beastly“ von Alex Flinn, die in ihrer Version von „Die Schöne und das Biest“ scheinbar versucht die Werte des so bekannten Disney-Märchens in Einklang mit der Modernen zu bringen. Und so begleitet der geneigte Leser den Ich-Erzähler Kyle vorerst durch seinen Alltag und durch ein sehr amüsant wirkendes Chat-Gespräch. Schnell wird hierbei der Charakter des jungen Mannes an den Leser gebracht und sein Problem. Denn Kyle tappt Schritt für Schritt seinem Verderben entgegen und er fühlt genau, dass es jemand auf ihn abgesehen hat. Eine Hexe in diesem Fall. Sie verwandelt den Sechzehnjährigen bald darauf in eine fürchterliche Bestie und liefert den Jungen damit sich selbst und einer für ihn völlig neuen Realität aus. Zwei Jahre hat Kyle von nun an Zeit, zu lieben (was an sich für ihn schon unmöglich scheint) und geliebt zu werden. Letzteres scheint vollkommen aussichtslos und Alex Flinn nimmt sich von da an für sehr vieles, sehr viel Zeit. Vermutet man zu Beginn noch, eine laue Liebesgeschichte serviert zu bekommen, so überrascht die Handlung mit Genügsamkeit und Ausdauer. Eine, die auch der Leser beweisen muss. Denn Kyle und sein Innerstes stehen im Zentrum und damit auch seine Veränderungen, seine Weltanschauung und seine immer mehr brechenden Welt. Von Freunden gemieden und von seinem Vater verstoßen lebt er schlussendlich allein mit seinem blinden Lehrer und einem Hausmädchen abseits der Gesellschaft New Yorks. Nachts streift er durch die Straßen; am Tag verkriecht er sich. Bis er einen magischen Spiegel erhält und sich in seiner Langweile an ein Mädchen erinnert. Eines, dem er vor mehreren Monaten eine weiße Rose geschenkt hat und das nun (wie er bald feststellen muss) in Gefahr zu schweben scheint.

Kyle, der seine Chance beinahe schon wittern kann, entschließt sich von diesem Moment an dazu, das Mädchen bei sich einzusperren. Es zu entführen. Fest entschlossen (was den Leser freilich sehr zu unterhalten versteht) sie zu lieben und sehr hoffentlich auch geliebt zu werden pocht er auf ihre Zuneigung und ab diesem Moment, also ab der Hälfte des Buches, wird die Geschichte von Kyle nicht mehr nur dramatisch oder nachdenklich, sondern höchst amüsant. Alex Flinn zeigt große Freude daran ihren Protagonisten gegen eine Wand laufen zu lassen, der sich zu diesem Zeitpunkt jedoch schon ein wenig verändert hat. Kyle (und das ist das schöne daran, auch im Vergleich zum Film) hat Lindy nicht unbedingt gebraucht, um sein Schicksal etwas leichter zu nehmen. Stattdessen entwickelte er verschiedene Formen von Gefühlen und Einsichten und züchtet in einem selbst gebauten Glashaus Rosen heran. Bemüht dem Mädchen Zeit zu geben, die er nicht hat. Was dann folgt, sind wunderbare einhundertfünfzig Seiten höchst erfreulicher Unterhaltung. Endlich hält man mit „Beastly“ ein Buch in den Händen, das sich die Bezeichnung Jugendbuch verdient und damit auch Werte in den Vordergrund stellt. Kleinigkeiten ins Zentrum der Geschichte rückt, über die es sich nachzudenken lohnt und die sicherlich ebenso verträumte Erwachsene zu erfüllen verstehen. Gewalt wird nur bedingt Thema und ist auch nicht notwendig um zu vermitteln, was schlussendlich gesagt werden will: Wahre Schönheit kommt von Innen!

Und nun ein paar Worte zum aktuellen Kinofilm: Lindy und Kyle sind mit Vanessa Hudgens und Alex Pettyfer gut besetzt. Beide spielen ihre Rollen annehmbar und erfüllen mit diesem Film in jedem Fall die Erwartungen des jugendlichen Besuchers, der eine solche Geschichte, so dargestellt, eben nicht lächerlich sondern nur rührend finden kann. Und so gesehen funktioniert die Verfilmung, für sich genommen, recht passabel, weicht jedoch in vielen Dingen von der Romanvorlage ab, die einfach um Längen vielschichtiger ist. Kyle wird in diesem Fall nicht als Biest dargestellt. Er ist schlicht ein Mann übersäht mit Narben und hässlichen Tattoos. Seine Liebe zu Lindy ist eine Notwendigkeit um sich zu verändern, was natürlich romantisch klingt, jedoch dem Buch einfach nicht gerecht werden kann. Ein bisschen spannend, verdreht was den Inhalt betrifft und schlussendlich natürlich auch herzlich gedreht lohnt sich ein Kinobesuch nur dann, wenn man sich schon von Beginn an bewusst ist, was es zu sehen geben wird: Ein Märchen für Jugendliche und Junggebliebene, die nicht kritisch hinterfragen, sondern unterhalten werden wollen.

Ich liebe dich, dachte ich. Aber ich sprach es nicht aus. Es war nicht so, dass ich befürchtete, sie würde mich auslachen. Dafür war sie viel zu gütig. Viel mehr Angst hatte ich davor, dass sie es nicht erwidern würde. Ich dachte an das Poster, das im Zimmer eines Mädchens hing, das ich mal gekannt hatte. Ein Schmetterling war darauf abgebildet, zusammen mit den Worten: Wenn du etwas liebst, dann lass es los. Versteht sich von selbst, dass ich das damals superbescheuert fand ...

(Seite 246)


Fazit

Beastly von Alex Flinn ist ein wunderbares Jugendbuch ohne Erotik und Gewalt und hat damit so manch ähnlichen Roman viel voraus. Denn die Autorin verlässt sich nicht auf großartige (oder billige) Spannungseffekte sondern allein auf Emotion. Witz, Charme und ein bisschen Banalität begleiten den Leser durch die Handlung, die nicht überraschen kann, jedoch einfach nur liebenswürdig und schlicht gestaltet ist. Von Herzen: Vier Sterne und für so einen gelungenen Jugendroman noch ein halber dazu!


Pro und Kontra

+ atmosphärisch dicht
+ psychologisch wertvoll
+ die Handlung lässt sich angenehm Zeit
+ amüsant und dramatisch zugleich
+ toll gestaltete Charaktere
+ Romantik nicht gänzlich im Vordergrund
+ spannend schnell zu lesen
+ angenehmer Stil


- ab und an ein bisschen überzogen
- in die Länge gezogenes Ende

Bewertung:

Handlung: 4 / 5
Charaktere: 4,5 / 5
Lesespaß: 5 / 5
Preis/Leistung: 4,5 / 5