Genre: Fantasy
Klappentext
Lorkin, der Sohn der schwarzen Magierin Sonea, wurde in Sachaka
entführt. Seine Häscher hoffen, von ihm die Kunst der Heilung durch
Magie zu erlernen, die in Sachaka unbekannt ist. Lorkin weiß jedoch,
dass diese Fähigkeit im Falle eines Krieges einen enormen Vorteil
birgt. Er ist fest entschlossen, das Geheimnis zu wahren. Aber dann
lernt er Tyvara kennen – und verliebt sich in sie …
Währenddessen verfolgt seine Mutter Sonea in ihrer Heimat Kyralia einen
abtrünnigen Magier, der seine Dienste an die Diebesgilde verkauft hat.
Doch ein Mord, begangen mit schwarzer Magie, lenkt sie von ihrer
Aufgabe ab. Denn es gibt nur zwei Magier, die dazu fähig sind: der
Schwarze Magier Kallen, der ein wasserdichtes Alibi hat – und Sonea
selbst! Sonea muss alles daran setzen, das Vertrauen der Magiergilde
zurückzuerlangen. Denn ohne sie ist Kyralia einem Angriff der Schwarzen
Magier von Sachaka hilflos ausgeliefert …
Rezension
Wie schon im ersten Band der Trilogie treibt Canavan auch in diesem
zweiten Band die Handlung an vielen unterschiedlichen Fronten voran.
Dabei werden bekannte Charaktere von neuen unterstützt, sodass die
Charaktervielfalt sogar noch verstärkt wird.
Wie es für den Vorgänger allerdings schon typisch war, bremsen auch
diesmal die vielen unterschiedlichen Handlungsstränge die
Gesamthandlung gehörig aus, der so entstehende schleppende Eindruck
hätte vielleicht etwas abgemildert werden können, indem Canavan die
Kapitel - und somit die zusammenhängende Erzählzeit der
unterschiedlichen Charaktere – etwas länger gemacht hätte.
Das wohl größte Problem ist aber weiterhin, dass die Gesamthandlung
ziellos vor sich hin mäandert - eine Schwäche, die im ersten Moment
nicht einmal offensichtlich ist, denn trotzdem sind die Teilhandlungen
interessant, mitunter spannend und vor allem gut beschrieben. Mit
vielen erfreulichen Details weiß Canavan dem Leser ein vielseitiges
Bild ihrer Welt zu bieten. Dazu gehören nicht nur Beschreibungen des
Settings, sondern auch Elemente, die man so noch nicht oft in der
Fantasy vorfindet. Ein Beispiel hierfür ist die Geschichtsforschung,
die Dannyl in Sachaka betreibt: Denn die Geschichte von Canavans Welt
ist keinesfalls bekannt, sondern muss mühevoll anhand von Quellen
rekonstruiert werden – eine schöne Idee in einem Genre, wo die
Hintergründe der jeweiligen Welten stets wie selbstverständlich
präsentiert werden – wenn überhaupt.
Wohin das alles indes führen mag, bleibt größtenteils unersichtlich.
Und so fällt auch „Die Heilerin“ dem verbreiteten Problem zweiter Teile
von Trilogien zum Opfer; dem Problem eines „Durchhängers“, wo die
Handlung eigentlich auf einen zwischenzeitlichen Höhepunkt zustreben
sollte. Einen durchgehenden, ununterbrochenen Spannungsbogen sucht man
leider vergebens. Was noch erschwerend hinzukommt, ist eine gewisse
Vorhersehbarkeit, die so sicherlich nicht nötig gewesen wäre.
Immerhin – keinen der Point-of-Views kann man als wirklich langweilig
bezeichnen, denn so unterschiedlich und vielfältig die vorkommenden
Charaktere sind, so verschieden sind auch deren Handlungsstränge. Sei
es Sonea, die sich mit der Innenpolitik der Gilde herumschlägt oder
seien es Dannyl und Lorkin, die in Sachaka jede Menge erleben. Und dann
ist da noch ein komplett neuer POV-Charakter: Lilia, eine junge
Magieschülerin, die sich mit der geheimnisvollen Naki anfreundet und
mit ihr gemeinsam dem Geheimnis der schwarzen Magie bedrohlich nahe
kommt.
Die Tatsache, dass ein komplett neuer Charakter sozusagen eigens „auf
die schwarze Magie angesetzt“ wird – denn diese ist immerhin ein nicht
unbedeutendes Handlungselement – ist zwar durchaus erfreulich; wie
diese dann aber letztendlich dargestellt wird, kann eigentlich nur als
herbe Enttäuschung betrachtet werden. Denn auch, wenn das Konzept schon
aus anderen von Canavans Büchern bekannt ist – so unspektakulär, wie
Lilia die ach-so-schreckliche schwarze Magie erlernt, geht deren
„Zauber“ nahezu komplett verloren und man fragt sich, warum sie in
Kyralia überhaupt so geächtet ist.
Mit Lilia begegnet man einem weiteren recht typischen Vertreter von
Canavans Charakteren: Gut beschrieben und nachvollziehbar, jedoch mit
der deutlichen Tendenz, sich sehr viele Gedanken zu machen. Dabei wird
man den Verdacht nicht los, dass das Buch etwas kürzer ausgefallen wäre
ohne all die Selbstzweifel und Überlegungen, die selbst kleinste
fallengelassene Bemerkungen anderer Charaktere auslösen. Das schon
bekannte Stilmittel des inneren Monologs wirkt hier doch an mancher
Stelle etwas überstrapaziert.
Fazit
Zwar liest sich auch der zweite Band von Canavans neuer Trilogie
angenehm und wieder kann dieser mit sehr vielseitigen Charakteren,
Handlungssträngen und Schauplätzen aufwarten. Leider bringt aber auch
dieser zweite Teil noch immer keine Klarheit darüber, worauf Canavan
denn nun hinaus will.
Pro & Kontra
+ vielseitige Charaktere, POVs und dadurch Handlungsstränge
+ schöne Details
+ trotz ziellos wirkender Handlung spannend
o Gedanken der Charaktere sowie deren innere Monologe wirken manchmal übertrieben und dadurch nicht immer authentisch
- noch immer nicht erkennbar, worauf die Handlung hinaus läuft
- Lilias Begegnung mit der schwarzen Magie wirkt konstruiert
- teils vorhersehbar
Wertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4,5/5