Erbin der Nacht (Tanya Carpenter)

Sieben Verlag (Mai 2011)
Broschiert, 340 Seizen, 19,50 EUR
ISBN: 978-3-941547-15-5

Genre: Dark Fantasy


Klappentext

Der Paranormale Untergrund ist noch nicht zerschlagen, und mit dem Gestaltwandler Cyron Gowl hat Melissa noch eine Rechnung offen. Da mischt sich der Orden der Lux Sangui mit seinen Dämonen-Jägern in die Geschehnisse ein, in Gestalt des charismatischen Blue, der alles daran setzt, sowohl Melissa als auch Armand auf seine Seite zu ziehen. Zur gleichen Zeit macht ein Killer Jagd auf Vampire und ist im Besitz einer Waffe, die auch die Unsterblichen töten kann. Ihre unterschiedlichen Vermutungen über seine Identität stellen die Liebe zwischen Mel und Armand erneut auf eine harte Probe. Melissas Weg führt in die Unterwelt, denn nur dort kann sie erfahren, wie das Unheil abzuwenden ist. Aber Blue ist der Einzige, der sie dorthin bringen kann, denn auch er verbirgt ein Geheimnis.


Rezension

Melissa und Armand sind sich durch die dramatischen Ereignisse in „Unschuldsblut“ näher als je zuvor. Doch den beiden ist der Genuss ihrer Zweisamkeit einfach nicht vergönnt. Unbekannte verüben Anschläge auf Vampire und andere PSI-Wesen und zu allem Übel soll Mel dafür verantwortlich gemacht werden. Doch der skrupellose Killer ist nicht das größte Problem der jungen Vampirin – auch ihre Königin Kaliste hat sich auf die Jagd begeben und zwar nach ihrem Bruder Tizian. Mel steht nun kurz davor, ihre Aufgabe als Schicksalskriegerin zu erfüllen und gegen Kaliste anzutreten. Allerdings fühlt sie sich dieser Schlacht noch immer nicht gewachsen und erwartet eine Niederlage. Währenddessen hat Dracon seinen und Mels dunklen Sohn Warren vor dem sicheren Sonnentod gerettet. Und der geheimnisvolle Dämonenjäger Blue sorgt für mächtigen Wirbel auf allen Seiten – können Mel und Armand ihm trauen?

Bei „Erbin der Nacht“ fällt es wahrlich schwer, den Inhalt knapp zusammenzufassen. Inzwischen haben sich diverse Handlungsstränge ergeben, die Tanya Carpenter auch konsequent weiterverfolgt. So kommt man in den Genuss von Lord Luciens ganz eigenen Plänen, von Dracons Wandel und von neuen Kontakten zum Paranormalen Untergrund. Für Neueinsteiger ist der fünfte Band der „Ruf des Blutes“-Serie überhaupt nicht geeignet, denn bei so vielen Personen und ebenso vielen Absichten verliert man schnell den Überblick. Wer die Serie bisher jedoch interessiert verfolgt hat, wird dieses Mal seine wahre Freude an den häufigen Perspektivenwechseln haben. Zwar kommt es dadurch immer wieder zu Unterbrechungen des Leseflusses, doch werden gleichzeitig verschiedenste Einblicke in die Gedanken der jeweiligen Charaktere gewährt. Nach fünf Bänden macht es einfach umso mehr Spaß, Lucien, Dracon, Steven und viele andere auf diese Wiese noch besser kennenzulernen. Doch auch Mel und Armand kommen nicht zu kurz, auch wenn sie zwischenzeitlich kaum in Erscheinung treten. Am Ende erhalten sie den Raum, den sie brauchen und nachdem man die verschiedensten Plänen der einzelnen Charaktere verfolgt hat, ist es ungleich spannender, wie die Autorin ihre Handlungsfäden wieder zusammenführt.

Und das gelingt ihr im Großen und Ganzen recht gut. Wie bereits angesprochen, ist es hier unbedingt notwendig, dass man die vier Vorgängerbände gelesen hat. Sonst hat man einfach keine Chance, mit der schnell voranschreitenden Story mitzuhalten. Auch für Fans der Reihe wird es am Ende etwas turbulent, denn Tanya Carpenter löst die einzelnen Handlungsstränge zwar in sich logisch auf, scheint aber Platzprobleme bekommen zu haben. Das Ende ist unheimlich spannend, wirkt aber überstürzt und bei den dramatischen Szenen bleibt die Atmosphäre leider etwas auf der Strecke. Viele Szenen, die man gerne gelesen hätte, werden nur in kurzen Rückblicken angedeutet und können ihr Potential nicht zeigen. Bei der sorgsamen Vorbereitung hätte das Ende ruhig etwas länger ausfallen dürfen, auch wenn man als Leser danach giert, zu erfahren, wie Mel ihren Kopf aus der Schlinge zieht und ob sie tatsächlich eine echte Chance gegen ihre Königin hat. Denn Kaliste ist ein übermächtiger Gegner, der nicht nur Melissas Leben bedroht. Auch ihre Freunde schweben in akuter Gefahr und während sich die Angriffe auf PSI-Wesen mehren, zerrinnt Mel die Zeit zwischen den Fingern.

Nach nun mehr fünf Bänden hat Melissa eine deutlich spürbare Entwicklung durchgemacht, auch wenn ihr selbst das erst durch Schlüsselereignisse in „Erbin der Nacht“ richtig bewusst wird. Sie ist immer noch ein Hitzkopf, der sich gerne in Schwierigkeiten bringt, doch ist sie ebenso eine wesentlich selbstbewusstere Vampirin geworden. Ihre Menschlichkeit hat sie immer noch nicht vollkommen abgelegt, doch die Jahre als Jägerin der Nacht haben ihre Spuren hinterlassen. Auch Armand hat sich sehr verändert, vor allem nach seinem Martyrium aus „Unschuldsblut“. Er steht in punkto gefährliche Ausstrahlung seinem Lord Lucien in nichts mehr nach, nur dass Armand kein so berechnender und intriganter Schuft ist. Doch gerade das macht Lucien auch sehr interessant – er verfolgt konsequent seine Ziele und setzt seine Wünsche mit aller Gewalt sowie seinem unwiderstehlichen Charme durch. Auch Dracon ist dem Leser inzwischen ans Herz gewachsen, auch wenn seine üblen Taten aus den ersten beiden Bänden noch nachwirken. Er hat sich von allen in dieser Reihe am meisten verändert und manchmal zweifelt man, ob man ihm diese Wandlung auch abkaufen soll. Auch die Nebencharaktere überzeugen mit ihren ganz eigenen Geschichten, wobei manch neuer Charakter noch etwas stereotyp wirkt, da zwischen den vielen Handlungssträngen nicht genug Raum für Facetten bleibt.

Wie in den Vorgängerromanen spielt auch in „Erbin der Nacht“ die Mythologie eine zentrale Rolle. Tanya Carpenter bringt in jedem ihrer Romane neue Wesen und Legenden ein, die auch nach fünf Büchern noch die Neugierde des Lesers schüren. Zwar muss man sich an modern klingende, englische Begriffe und Abkürzungen wie PU für Paranormalen Untergrund erst gewöhnen, doch wer sich nicht daran stört, kann sich über wahrhaft finstere Dark Fantasy mit einem guten Schuss Erotik freuen. Es sei aber gesagt: Tanya Carpenter sinnliche Vampire lassen sich auch gerne auf homoerotische Abenteuer ein, die die Autorin ebenso anregend und mitreißend schildert wie die Nächte zwischen Mann und Frau. Wobei es hier vornehmlich zum elektrisierenden Kontakt zwischen zwei Männern kommt, womit vor allem die weibliche Leserschaft bedient wird. Anders als in vielen Vampirromanen unserer Zeit geht es bei Tanya Carpenter allerdings recht heftig zu. Sowohl beim Akt der Liebenden als auch bei Kämpfen fließt jede Menge Blut. Da die Wesen der Nacht über starke Selbstheilungskräfte verfügen, sind splitternde Knochen und zerrissene Organe keine Seltenheit – man sollte als gewappnet sein für die actiongeladene Story.

Ein kleiner Wehrmutstropfen ist wieder einmal das Format beziehungsweise das des Vorgängerbandes. Bei „Unschulsblut“ hatte man sich für ein günstigeres und vor allem kleineres Taschenbuchformat entschieden, „Erbin der Nacht“ kommt wieder als großformatige und stabilere Ausgabe daher uns passt optisch wieder perfekt zu den ersten drei Bänden. Der Preis ist dabei für ein Softcover relativ hoch, es sei aber gesagt, dass durch das große Format auf den 340 Seiten wesentlich mehr Inhalt vorhanden ist, als in einem normalen Taschenbuch oder Paperback. Dies merkt man beim Lesen vor allem daran, dass man in einer Stunde nicht gewohnte Seitenzahl schafft, sondern deutlich weniger.


Fazit

„Erbin der Nacht“ bietet neben einer spannenden Story feurige Erotik und finstere Vampire, die sowohl unvorstellbare Lust wie auch den sicheren Untergang bedeuten. Tanya Carpenter scheint ihren Stil gefunden zu haben und erlaubt durch häufige Perspektivenwechsel Einsicht in die persönlichen Hoffnungen und Absichten der unterschiedlichsten Charaktere. Eine gelungene Fortsetzung der „Ruf des Blutes“-Reihe und damit für jeden Fan ein Muss!


Pro & Contra

+ Mels Entwicklung als Vampirin
+ Blue sorgt für jede Menge Wirbel
+ häufige Perspektivenwechsel
+ spannende Storyline
+ prickelnde Erotik
+ wahrlich finstere Dark Fantasy

o erhöhter Anteil homoerotischer Szenen

- überstürztes Ende
- neue Nebencharaktere sind etwas stereotyp

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 2,5/5


Rezension zu "Tochter der Dunkelheit" (Ruf des Blutes, Band 1)

Rezension zu "Engelstränen" (Ruf des Blutes, Band 2)

Rezension zu "Dämonenring" (Ruf des Blutes, Band 3)

Rezension zu "Unschuldsblut" (Ruf des Blutes, Band 4)

Interview mit Tanya Carpenter (November 2010)

Tags: Vampire, Tanya Carpenter