Die Ritter der vierzig Inseln (Sergej Lukianenko)

Heyne (Februar 2009)
Originaltitel: Rycari Soroka Ostrovov
Aus dem Russischen von Matthias Dondl
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 400 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
€ 16,95 [D] | € 17,50 [A]| CHF 30,90
ISBN: 978-3-453-26627-8

Genre: Fantasy

 


Inhalt

 

 

Eigentlich hat Dima geglaubt, er würde eine ganz normale Jugend in einer russischen Kleinstadt verleben. Jedenfalls bis zu dem Tag, als ihn ein Fotograf im Park um ein Bild bittet. Dima stellt sich in Positur, der Fotoapparat klickt – und plötzlich findet sich der Junge in einer völlig anderen Welt wieder: einem magischen Archipel aus vierzig kleinen Inseln, umgeben von einem endlosen Meer.

Auf jeder dieser Inseln steht eine Burg mit Wachturm, von der sich Brücken zu den jeweiligen Nachbarinseln spannen. Und jede dieser Inseln beherbergt etwa ein Dutzend anderer Jugendlicher, die alle auf dieselbe Weise hierher geholt wurden wie Dima. Zwischen den Inselbewohnern findet ein „Spiel“ statt: Sie treffen sich auf den Verbindungsbrücken und bekämpfen sich mit Schwertern – denn es heißt, nur derjenige, der alle Inseln erobert, darf zur Erde zurück.

Doch Dima will sich damit nicht abfinden. Er will wissen, wer diese phantastische Inselwelt erschaffen hat, und zu welchem Zweck. Das Abenteuer beginnt ...



Rezension

Vollmundig kündigt der Buchrücken „Die Ritter der vierzig Inseln“ als den an.
Tatsächlich aber ist dieser Roman um einiges älter als letztgenannter. Für Deutschland zwar neu, erschien das Buch schon 1992 in Russland und stammt daher noch aus den Anfangstagen von Sergej Lukianenko.

Beim Lesen der Inhaltsangabe dieses All-Age-Fantasyromans bekommt man den Eindruck, als ob sich der Autor nicht zwischen Fantasy und Science-Fiction entscheiden konnte. In der Tat, irgendwie steckt beides in diesem Buch. Normalerweise ist dies kein gutes Zeichen, aber bei Sergej Lukianenko passt es in diesem Fall sehr gut. Die Fantasyelemente, in Form der Burgen und Schwerter, und die Science-Fiction-Elemente, in Form der Fremdplanetarier und des Archipels, stehen hier Seite an Seite und tragen die Geschichte voran.
Ganz entscheidend dafür ist natürlich die Art der Darstellung. Lukianenko wählt hier, wie bei „Wächter der Nacht“, die Ich-Perspektive, wodurch man die Welt der Inseln zusammen mit Dima erforscht und einen guten Einblick in seine Gedanken und Gefühle bekommt. Durch seine Augen betrachtet man das Geschehen und sieht die anderen Charaktere, so wie sie sich geben, wodurch ein paar überraschende Enthüllungen auf den Leser warten
Leider verweigert Lukianenko eine vollkommen stimmige Erklärung, warum die Jugendlichen entführt wurden. Erst kurz vor Ende des Buches erfährt man die Beweggründe der Fremdplanetarier und dann auch nur sehr kurz gehalten und schemenhaft.

Das Hauptaugenmerk des Romans liegt dabei vielmehr auf einer zweiten Ebene, auf der Sergej Lukianenko der Frage nachgeht, wieso Kriege geführt werden, sich Gesellschaftsformen bilden und warum Menschen so handeln, wie sie es tun.
Dies zwar nicht in einer Tiefe, die so ein Thema eigentlich verlangt, aber dennoch soweit, um das Buch über einen „normalen“ Roman für Jugendliche hinauswachsen zu lassen.
Auf seine eigene kleine Art und Weise ist der Roman ein Spiegelbild unserer eigenen Gesellschaft und ihrer Mechanismen.

Der Stil des Buches ist, für Lukianenko typisch, relativ einfach gehalten. Nur selten gibt es ausführlichere Beschreibungen, die dann aber umso besser wirken und aus dem flüssig zu lesenden Text herausstechen.


Fazit

Fantasy trifft auf Science-Fiction und es funktioniert. „Die Ritter der vierzig Inseln“ ist ein gut zu lesendes Buch, dass neue Einfälle mit einer packenden Geschichte verbindet und darüber hinaus noch tiefer gehenden Inhalt bietet. Verbunden mit den interessanten und glaubwürdigen Charakteren deutet sich schon hier in einem von Lukianenkos Frühwerken an, was er mit „Wächter der Nacht“ einlöste. Nämlich, dass er es aufs trefflichste versteht verschiedene Genre miteinander zu verschmelzen und es glaubwürdig wirken zu lassen. Wie immer steht bei ihm ein Charakter im Mittelpunkt und wird gut dargestellt. Die Charakterzeichnung ist, wie bei ihm nicht anders gewohnt, auf einem hohen Niveau.


Pro & Contra

+ gelungene Charaktere
+ durchdachte Geschichte
+ bietet Stoff zum Nachdenken
+ gelungene Übersetzung, die auch Begriffe, in den Text eingebunden, erklärt

° Genre-Mix aus Fantasy und Science-Fiction
° manchmal schreitet die Handlung etwas zu schnell voran, besonders gegen Ende

- eine richtig schlüssige Erklärung für das Verhalten der Fremdplanetarier wird nicht gegeben
- hastig, überstürzt wirkendes Ende, dem es an Überzeugungskraft fehlt

Bewertung:

Handlung 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


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