Reif für die Insel (Gisa Pauly)

 

Rütten & Loening Verlag
April 2008, 152 Seiten, € 9,95
ISBN: 9783352007569

Genre: Belletristik


Klappentext

Sophia möchte nur noch eines: sich zurückziehen und ihre Ruhe haben. Ihre Ehe ist gescheitert, ihr Mann hat sie mit einer Jüngeren betrogen. Da entdeckt sie in den Dünen von Sylt den Mann wieder, den sie vor vielen Jahren einmal geliebt hat - und der unter rätselhaften Umständen verschwand.


Rezension

Man trifft sich im Leben immer zweimal – das scheint hier das vorherrschende Motto zu sein. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht eines Mannes und einer Frau erzählt. Von ihr erfährt man anfangs nur, dass sie unter ihrer Scheidung leidet und darunter, dass ihr Mann sie für eine Jüngere sitzengelassen hat, aber keinen Namen. Er, Paul, hat auch eine Scheidung hinter sich und es zieht ihn nach Sylt, wo er als Jugendlicher ein peinliches Erlebnis hatte, was in einem dramatischen Zwischenfall endete. In Rückblicken erfährt der Leser, was sich in einer Jugendgruppe in den 60er Jahren abgespielt hat, die ein paar Tage auf Sylt verbringen wollten. Paul war schon immer ein Tollpatsch, der ständig in peinliche Situationen gerät und schwer in Sophia verliebt ist. Als er ihr mit einem Gedicht seine Gefühle gestehen will, kommt es zur Katastrophe.

Anfangs zieht sich die Geschichte etwas hin, und man hat  Schwierigkeiten hineinzufinden, aber bald wird klar, wer die beiden Personen eigentlich sind und von da an ist man im Buch gefangen. Eindringlich und verständlich schildert Paul seine früheren Gefühle – wer  sich noch an seine Pubertät erinnern kann, der kann sich sehr gut in Paul hineinversetzen: das unpassende Wachstum, die Pickel und die Auswirkungen erotischer Gedanken, die man einfach nicht steuern kann. Auch weiß man noch genau, wie grausam Jugendliche doch sein können, wenn sie sich über andere lustig machen. Viele haben als Erwachsene die Demütigungen lange nicht überwunden. Paul auch nicht, und so kommt alles schnell wieder hoch, als er seiner Jugendliebe wieder gegenüber steht.

In diesem Buch ist aber auch noch viel mehr enthalten, eigentlich erstaunlich bei der geringen Seitenzahl. Eindringlich wird geschildert, wie sie sich nach der Scheidung fühlt, plötzlich nicht mehr Rücksicht auf ihren Mann nehmen muss und endlich so leben kann, wie sie möchte. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, sondern eher Schritt für Schritt und für jeden einzelnen freut sich der Leser mit. Auch Pauls Gefühlswelt kann man sehr gut nachvollziehen, seine ständige Tollpatschigkeit gipfelt immer noch in witzigen, abstrusen Situationen.

Es geht auch um Vertrauen, dass man nicht sofort sitzengelassen wird, wenn der Andere mal nicht erscheint. Ein Unfall oder unvorhergesehene Ereignisse passieren schnell.

Das Buch ist ein nettes kleines Hardcover, wie eines dieser kleinen Geschenkbände - es liegt einfach gut in der Hand, allerdings ist die Schrift recht klein geraten. Deshalb sollte man sich nicht von der geringen Größe abschrecken lassen, es steht eine Menge drin. Leider ist das Ende ziemlich abrupt, der  Leser kann sich zwar vorstellen, wie es denn weitergeht, aber man hätte es dann doch gerne gelesen.


Fazit

Eine eindringliche, kleine Geschichte über den zweiten Frühling und das Wiedersehen einer Jugendliebe.


Pro & Contra

+ ältere Charaktere
+ berührender Erzählstil
+ tolle Inselatmosphäre
+ für jeden nachzuvollziehende Probleme

- Ende zu abrupt
- zu kurz

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3/5