Meeresblau (Britta Strauss)

Verlag: SiebenVerlag (Juni 2011)
Taschenbuch, 248 Seiten, 16,50 €
ISBN: 978-3941547360

Genre: Fantasy


Klappentext

"Nach dem Tod seiner Eltern kehrt der Meeresbiologe Christopher Jacobsen heim auf die Isle of Skye, um sich um seine jüngere Schwester zu kümmern. Nicht nur der tragische Verlust verändert das Leben der Geschwister schlagartig, denn seltsame Wandlungen gehen in Christopher vor und das Meer übt eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. Auf einer Tiefseeexpedition, die ihn zusammen mit einer Crew von Wissenschaftlern vor die Küste Chiles führt, gewinnt der tödliche Zauber seiner wahren Natur an Kraft. Hin- und hergerissen zwischen seinem Leben an Land, seiner Liebe zu der Tiefseeexpertin Maya und der Verlockung, in seiner wahren Gestalt in die undurchdringlichen Abgründe der Meere zu tauchen, muss er sich entscheiden, bevor es zu spät ist."


Rezension

Schon während seines letzten Tages an der Universität bemerkt Christopher, dass es ihn hinaus ans Meer zieht. Ein tragischer Unfall seiner Eltern bringt ihn nun auch dazu, seinen Job an der Universität aufzugeben und zurück nach Isle of Sky zu ziehen, um sich um seine Schwester zu kümmern. Dort nach Arbeit suchend, lernt er im biologischen Institut die Tiefseeexpertin Maya kennen. Neben seiner Liebe zu ihr, sowie der brüderlichen Fürsorge seiner Schwester gegenüber, merkt er jedoch, dass das Meer immer wieder und jedes Mal stärker nach ihm ruft. Zudem beginnt sein Körper sich auf sonderbare Weise zu verändern. Schlussendlich muss sich Christopher entscheiden, wohin seine Seele gehört: Zu seiner Geliebten Maya oder zu seiner Liebe, dem Meer.

"Denke daran, dass wir dazu bestimmt sind,
Seelen ins Meer zu locken.
Wer uns liebt, liebt den Tod,
Wer uns begehrt, begehrt seinen eigenen Untergang."

Christopher, Protagonist der Geschichte, ist ein überaus vielschichtiger Charakter. Einerseits klar gezeichnet, schafft die Autorin es, ihm Verzweiflung anhaften zu lassen, all seinen Gedanken und Handlungen eine Bedeutung beizumessen. Abgesehen von seiner außerordentlich sympathischen Erscheinung dem Leser gegenüber, wird der innere Konflikt, den Christopher während der Handlung mit sich selbst und seiner Sehnsucht zum Meer austrägt, atemberaubend inszeniert. Die innere Zerrissenheit, sowie seine Gedankengänge wirken unglaublich nah und authentisch, sodass man sich mit ihm in einer Zwickmühle der Gefühle und des Für und Wider wiederfindet. Auch Maya, neben Christopher ebenfalls Protagonistin der Geschichte, erfährt eine facettenreiche Zeichnung. Ihre Entwicklung innerhalb der handlungstragenden Ereignisse lässt sich durch viele unterschiedliche Blickwinkel beleuchten. Auch sie hat schwer mit Christophers inneren Konflikten zu kämpfen, denn ihre Angst um ihn und ihr Verständnis für seine Sehnsucht fordern auch von ihr einen seelischen Tribut. Beide Charaktere entwickeln sich mit fortschreitender Seitenzahl und wachsen zu nachdenklichen und faszinierenden Figuren heran, deren Geschichte ihre gegenwärtige Handlungsweise und Gedanken widerspiegelt.

"Er war wie die See in der Nacht. Man sah den Glanz der Oberfläche, aber die Tiefe darunter blieb den Augen verborgen. Wie konnte er seine Empfindungen mit Worten beschreiben, die nicht dafür geschaffen waren, dergleichen zu erfassen?"

Neben der großen Detailarbeit, die der Story, insbesondere der Beschreibung der Charaktere und des Meeres, innewohnt, glänzt auch die Handlung als solche. Klischees werden geschickt umgangen oder neu umwoben. Etwas vollkommen Neues entsteht und ermöglicht so unterschiedlichste Sichtweisen auf die Ereignisse. Zusätzlich greift die Autorin in der Geschichte auch sozialkritische Punkte auf. Die Ausbeute der Meere durch den Menschen ist nur einer davon. Erschreckend offen wird die Tragweite dessen zur Schau gestellt, was die Menschen aus diesem Lebensraum machen. Machtgier wird hier, in Form einiger Einzelhandlungen bedeutender Nebencharakter, ebenso kritisiert, wie die Sensationslüsternheit der Menschheit in allen Einzelheiten offen zur Schau gestellt. Im Kontrast zu dieser Kritik steht die Schreibweise der Autorin. Der feinfühlige und poetische Sprachstil trägt, im wahrsten Sinne des Wortes, den Leser wie die Wellen des Meeres durch den Roman und steht ihm als treuer Begleiter zur Seite. Durch eine kunstvolle Sprachgestaltung sticht der Roman deutlich aus dem Mainstream hervor und ist eine Wohltat für das Lesevergnügen. Gefühle, wie auf den Wogen des Meeres zu schweben und sich dem Meer und dessen Trieben ganz und gar hingeben zu können, sind allgegenwärtig. Der nahende Höhepunkt der Geschichte sorgt für zusätzliche Spannung, welche den Leser bannt. Auch die Erotik, welche an bestimmten Stellen den Roman durchzieht, lässt den Leser nach mehr lechzen und wunderschöne Bilder entstehen, die den Handlungsverlauf sinnvoll abrunden.

"Sterblicher Erdenwurm, was hast du mir zu sagen? Woher nimmst du dir das Recht, meine Wellen mit deinem Schiff zu zerschneiden und meine Kinder zu töten? In die Tiefe will ich's ziehen, hinab zum Meeresgrund. Nähren sollst du die Fische mit deinem Fleisch und Blut. Höre, Mensch, ich bin die See. Nie wirst du mich bezwingen."


Fazit

Britta Strauss schafft es, mit ihrem Roman eine unglaublich einfühlsame Geschichte zu erzählen, die auf der schmalen Gradlinie zwischen Melancholie, sowie Freude, Hoffnung und Liebe, den Leser in eine faszinierend poetische Geschichte entführt. Sozialkritische Themen werden angesprochen, welche zum Nachdenken anregen. Man wird mit einem Gefühl absoluter Vollkommenheit angesichts der Geschichte zurückgelassen und erinnert sich gerne an die Charaktere zurück. Für Liebhaber detailreicher Geschichten um das Thema Meer ein Muss!


Pro & Contra

+ sympathische Protagonisten
+ sozialkritische Themen werden angesprochen
+ Liebe zum Detail
+ innerer Konflikt des Protagonisten wunderbar beleuchtet
+ poetischer und einfühlsamer Sprachstil
+ wunderschönes Cover passend zur Thematik

o Streckenweise lange Beschreibungen

Bewertung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5


Alle Zitate entstammen dem Roman "Meeresblau".