Dackelblick (Frauke Scheunemann)

Page & Turner, Februar 2010
Klappbroschur, 285 Seiten, € 14,95
ISBN 978- 3442203574

Genre: Belletristik


Klappentext

Liebe auf den Hund gekommen

Das Leben eines kleinen Hundes ist schön. Das findet zumindest Dackelwelpe Herkules, seitdem er bei Carolin lebt. Denn sein neues Frauchen ist eindeutig der tollste Mensch auf der Welt. Doch leider gibt es da auch noch Thomas, Carolins Lebensgefährten. Den kann Herkules von Anfang an nicht riechen, denn Thomas hat etwas gegen Hunde und behandelt Carolin schlecht. So beschließt Herkules, Thomas loszuwerden – und das gelingt ihm sogar. Dummerweise ist Carolin seitdem wie ausgewechselt und weint den ganzen Tag. Schnell ist klar: Carolin braucht einen neuen Mann! Und genau den will Herkules für sie suchen. Aber wie findet man den Richtigen, wenn man in Sachen Männer und Liebe ganz andere Vorstellungen hat als sein Frauchen?


Die Autorin

Frauke Scheunemann, geboren 1969 in Düsseldorf ist promovierte Juristin. Sie absolvierte ein Volontariat beim NDR und arbeitete anschließend als Journalistin und Pressesprecherin. Seit 2002 ist sie freie Autorin und schreibt zusammen mit ihrer Schwester Wiebke Lorenz unter dem Pseudonym „Anne Hertz“ sehr erfolgreich Romane. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in einem alten Pfarrhaus in Hamburg.


Rezension

Im Kopf eines Menschen muss es ein paar sehr unpraktische und überflüssige Windungen geben. Wahrscheinlich, weil sie ihn durch ihren aufrechten Gang viel zu hoch über der Erde tragen. Das ist ganz offensichtlich nicht gut für’s Gehirn. Seite 44

Carl-Leopold von Eschersbach stammt aus einem Fehltritt der gekürten Dackeldame Daphne mit einem Terrier. Da er für die Zucht nicht von Verwendung ist und auch nicht teuer verkauft werden kann, wird er ins Tierheim abgeschoben. Dort findet ihn Carolin, die sich auf Anhieb in den kleinen Dackelwelpen verliebt und ihn einfach mit zu sich nach Hause nimmt. Dabei hat sie aber nicht bedacht, dass ihr Freund Thomas gar nicht so glücklich über den Familienzuwachs ist. Ein Mensch, der keine Hunde mag? Der passt ja so gar nicht zu Carolin, findet Carl-Leopold, der nur noch liebevoll Herkules genannt wird. Zusammen mit dem Kater Herr Beck, der ein Stockwerk über ihm wohnt, schieben sie Carolin auf den richtigen Weg. Nun müssen sie aber auch noch den passenden Mann finden, Auswahl wäre doch glatt vorhanden. Zum einen gibt es den charmanten Geigenbauer Daniel, mit dem Carolin eine Werkstatt betreibt und der schon lange heimlich in sie verliebt ist. Als er sich endlich aufrafft, ihr seine Gefühle zu gestehen, tritt Jens, ein junger Schauspieler, auf den Plan. An ihm ist eigentlich alles perfekt, er sieht gut aus, fährt ein Cabrio und bringt Herkules immer Hundewurst mit. Irgendeinen Haken muss es doch geben, oder? Außerdem ist da auch noch Marc, ein junger Tierarzt, der sich eigentlich für Nina, Carolins beste Freundin interessiert. Was nun? Welcher Mann ist bloß der Richtige für Carolin? Das Leben kann ganz schön kompliziert für einen kleinen Dackel sein, wenn man die Menschen und ihre Handlungsweisen einfach nicht durchblicken kann. Warum können Menschen nicht so einfach gestrickt sein wie Hunde?

Fest steht, dass man dafür unglaublich lange auf ein Blatt mit einem seltsamen Muster gucken muss. Irgendetwas passiert dabei mit den Menschen. In ihrem Kopf, meine ich. Denn ab und zu fangen sie an zu lachen, wenn sie so ein Blatt betrachten – obwohl niemand etwas gesagt hat und auch sonst nichts passiert ist. Oder sie weinen sogar. Was macht das Papier also mit dem menschlichen Kopf? Erzeugt es da irgendeine Art Halluzination? Oder Traum? Seite 103

Die Gedanken eines kleinen Hundes und wie er die Menschen sieht sind interessant, witzig und enthalten oft viel Wahrheit. Herkules versteht anfangs vieles nicht, denn die Welt der Hunde ist längst nicht so von Fallstricken durchzogen wie die der Menschen. Herauszufinden, ob sie das auch so meinen, wie sie es gesagt haben, ist für Herkules ganz schön schwierig, Wie gut, dass ihm Herr Beck mit seinen Lebensweisheiten hilfreich zur Seite steht, denn ohne ihn wäre er ganz schön aufgeschmissen. Die gut gemeinten Methoden der beiden, einen neuen Freund für Carolin zu finden, sind witzig und nachvollziehbar aus der Sicht des Dackels. Die Autorin vergisst nie die Einschränkungen, denen ein Hund nun mal unterlegen ist – er kann halt nicht reden. Man verliert aber auch nie den Überblick, wann Herkules mit anderen Tieren redet oder er seinen Menschen etwas mitteilen möchte. Und so manches Mal hilft ihm sein tierischer Geruchssinn, der den Worten Lügen straft. Der interessanteste Nebencharakter ist außerdem noch Jens, der Schauspieler, Frauke Scheunemann versteht es brillant, ihn von seinem weißen Pferd zu holen.

Herr Beck zu Herkules: Was Menschen sagen und was sie dann tatsächlich denken und folglich auch machen, sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Völlig. Manchmal denke ich sogar, dass das Sprachvermögen an den Menschen komplett verschwendet ist, denn er nutzt es so gut wie nie für sinnvolle Dinge. Ehrlich, wenn die Menschen sich nicht miteinander unterhalten könnten, würde sich im Grunde genommen nichts ändern. Sie sagen ja doch nie die Wahrheit.

Eine interessante Sichtweise verleiht der Geschichte den besondern Touch. Ein unbedarfter, kleiner Hundewelpe, aus dessen Sicht alles ganz anders erscheint, als so mancher großer Mensch von sich denkt. Die Lebensweisheiten von Herrn Beck sind punktgenau, er durchschaut seine Menschen und schafft es, Verständnis bei Herkules zu wecken und ihm durch den Gefühlsdschungel zu bringen. Die übrigen Charaktere sind ausgewogen, die meisten gradlinig aber so einige sind nicht das, was sie zu sein scheinen. Das Ende ist überraschend, vielleicht hat man sich ein anderes Paar gewünscht, aber wer weiß, was in der Fortsetzung „Katzenjammer“ noch schlummert. Das Cover ist herzallerliebst, der Preis leider nicht, trotzdem ist das Buch eine kleine, feine Perle im Bücherschrank.


Fazit

Wurscht ist immer gut – so das Fazit des kleinen Herkules nach den ganzen Turbulenzen in seinem jungen Leben. Eine heitere Geschichte aus der Sicht eines kleinen Hundes, leicht und unbeschwert beschert es den Lesern eine völlig neue Sichtweise und zaubert ein beständiges Grinsen ins Gesicht.


Pro und Contra

+ witzige Situationen
+ ungewöhnliche Perspektive
+ liebenswerte Charaktere
+ das Leben, einfach gesehen

- zum Schluss hin etwas langatmiger

Wertung

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5