Arkadien fällt (Kai Meyer)

Carlsen (September 2011)
Hardcover mit Schutzumschlag
Empfohlen ab 14 Jahren
448 Seiten, 19,90 EUR
ISBN: 978-3-551-58203-4

Genre: Phantastik


Klappentext

Zwei Liebende gegen die Götter …

Sie suchte nach den richtigen Worten, aber die gab es nicht. Sie konnte es nur so sagen, wie sie es fühlte, auf die Gefahr hin, dass es ungelenk klang oder albern. Was sie nicht sagte, war: Ich liebe dich. Das wusste er längst.
Stattdessen flüsterte sie: „Alles, was wichtig war, haben wir richtig gemacht. Vom ersten Augenblick an.“
Er nickte: „In jeder Minute.“


Rezension

„Arkadien fällt“ beginnt mit Fundlings Beerdigung, der nach langer Zeit im Koma gestorben ist. Die Umstände seines Todes sind allerdings recht mysteriös, doch Rosa und Alessandro bleibt keine Zeit, zu trauern. Ihre Familien sind es offenbar leid, von zwei Teenagern angeführt zu werden und locken die beiden in einen Hinterhalt. Bei einem Treffen mit der Richterin werden sie von Harpyien angegriffen, die die Richterin töten, um den Mord Rosa und Alessandro anzuhängen. Fortan sind die beiden auf der Flucht: Zurück zu ihren Familien können sie nicht, schließlich wollen diese sie loswerden. Hilfe bei der Polizei suchen können sie als vermeintliche Mörder der Richterin auch nicht. Trotzdem wollen sie nicht untätig bleiben: Fundlings Vater hat offenbar viel über Arkadien herausgefunden, was in Zusammenhang mit dem Hungrigen Mann steht. Und all die Dokumente, die Fundling gesammelt hat, befinden sich nun in Rosas und Alessandros Besitzt …

Der Abschluss der Arkadien-Trilogie ist mit Sicherheit der turbulenteste und dramatischste Teil, auch wenn Rosa und Alessandro auch zuvor schon oft übel mitgespielt wurde. Doch nun stellen sich ihre Familien offen gegen sie, um dem Hungrigen Mann ihre Treue zu zeigen, der inzwischen aus der Haft entlassen wurde. Die Flucht bringt in Rosa endgültig ihre Abstammung zum Vorschein und so reagiert sie der Ausnahmesituation entsprechend hart und extrem. Rosa hat es satt, ständig ausgenutzt und verraten zu werden. Da kommt es auch schon mal vor, dass sie einer Polizistin eine Tackernadel ins Bein schießt und sie offen bedroht. Gleichzeitig ist sie über ihre wachsende Skrupellosigkeit schockiert, was Alessandro nur bedingt nachvollziehen kann. Für ihn ist es normal, alles für seine Familie zu tun – insbesondere für Rosa. Wenn sie jemand verletzt, muss er mit seiner Rache rechnen, die kein Erbarmen kennt. Doch auch er ist kein gewissenloser Mörder, so wie Rosa es ihm unter den verheerenden Umständen zugetraut hätte.

Der Klappentext klingt sehr nach einer romantischen Liebesgeschichte, die sicherlich auch Teil der Arkadien-Trilogie ist. Allerdings hat sie wenig mit den recht kitschigen Jugendbüchern gemein, in der sich die Protagonisten seitenlang anschmachten. Die Beziehung zwischen Rosa und Alessandro ist von Ausnahmesituationen geprägt, die sie jedoch immer enger zusammenschweißen. Da sind keine großen Liebesbekundungen nötig – ein Blick wiegt schwerer als jedes Süßholzgeraspel. Der Leser kann sich zudem über viel gemeinsame Zeit freuen, auch wenn diese Flucht und zahlreiche Angriffe beinhaltet. Dabei hat man das Gefühl, dass Rosa und Alessandro gemeinsam alles schaffen könnten – doch die Realität holt die beiden schnell ein. Zu dieser gehört auch, dass Menschen sich in Tiere verwandeln oder auch in einer Verwandlung stecken bleiben können. Diese sogenannten Hybriden spielen nun in „Arkadien fällt“ eine besondere Rolle. Für die „richtigen“ Arkadier, die sich vollständig in Tiere und zurück in Menschen verwandeln können, sind die Hybriden jedoch lediglich Missgeburten.

Kai Meyer greift auch dieses Mal auf diverse Mafiaklischees zurück und einige Szenen lesen sich wie aus einem James Bond-Film entsprungen. Wie auch seine Vorgänger könnte man sich „Arkadien fällt“ sehr gut auf der Leinwand vorstellen. Dabei wirkt die Geschichte für erfahrene Leser fast schon zu professionell geschrieben: Der Autor timt jeden Höhepunkt perfekt, weiß genau, womit er seine Leser überraschen und begeistern kann. Trotzdem gelingt es Kai Meyer, über die Beziehung von Rosa und Alessandro aufrichtige Gefühle in die Geschichte zu bringen. Garniert wird das Ganze mit mythologischen Hintergründen, die in „Arkadien fällt“ stärker zu Tage treten als zuvor. Auch geht der Autor dieses Mal näher auf die „Löcher in der Menge“ ein, die bereits im ersten Band von Fundling erwähnt wurden und in denen göttliche Wesen sichtbar werden sollen. Ob und inwiefern die Götter in Rosas und Alessandros Schicksal eingreifen, soll hier nicht verraten werden. Sie bieten allerdings Raum zum Nachdenken, auch nachdem die meist eher weltlich geprägte Handlung abgeschlossen ist.

„Arkadien fällt“ ist von der ersten bis zur letzten Seite unheimlich spannend, wodurch man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Der Abschlussband einer Trilogie bietet ohnehin ein ganz besonderes Spannungsmoment und Kai Meyer gelingt es, frühere Nebencharaktere glaubhaft in den Mittelpunkt zu rücken. Wie erwartet treffen zudem die Handlungsstränge um das alte Arkadien und TABULA aufeinander – wobei der Autor auch hier eine große Überraschung parat hält. Trotz diverser Klischees wartet der Autor mit reichlich originellen Ideen auf, die der Geschichte eine besondere Atmosphäre verleihen. Die Arkadien-Trilogie ist schlichtweg gute phantastische Unterhaltungsliteratur – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dazu gibt es die komplette Trilogie als hochwertige Hardcoverausgabe mit Lesebänden zu einem fairen Preis – für alle, denen die Ausgabeform weniger wichtig ist, gibt es inzwischen eine günstige Taschenbuchausgabe von „Arkadien erwacht“. Auf die anderen muss man noch ein bisschen.


Fazit

„Arkadien fällt“ ist der krönende Abschluss einer unglaublich spannenden Trilogie, die den Leser kaum zu Atem kommen lässt. Gängige Mafiaklischees treffen auf originelle Ideen rund um den Mythos Arkadien, hinzukommen supersympathische Protagonisten, die auch mal moralische Bedenken aufkommen lassen. Ein cineastischer Lesespaß voll üppiger Effekte, dem es dennoch nicht an aufrichtigen Emotionen mangelt.


Pro & Contra

+ wahnsinnig spannend
+ sympathische Protagonisten mit Ecken und Kanten
+ viele Überraschungen im Handlungsverlauf
+ aufrichtige Emotionen
+ lockerer, kreativer Schreibstil
+ unheimlich atmosphärisch

o gängige Mafiaklischees

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


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