Plötzlich war ich im Schatten – Mein Leben als Illegale in Deutschland

 aslan e-ploetzlich war ich im schatten

Arena Verlag, 1. Auflage Oktober 2011
Taschenbuch, 176 Seiten;
9,99 €
ISBN-13: 978-3-401-06584-7 

Genre: autobiographischer Roman/ Jugenbuch


Klappentext

Mit zwölf Jahren verlässt Ela ganz allein ihre Heimat. Ihre Eltern und Geschwister warten bereits im Ausland auf sie. Dort sollen sie nun leben, denn Elas kurdischem Vater droht in der Türkei ein Gefängnisaufenthalt - zurückkehren ist unmöglich. Ela muss nach vorne schauen in ein fremdes Land, eine ungewisse Zukunft. Viele Jahre wartet sie auf eine Aufenthaltsgenehmigung, damit sie ihr Leben in diesem nun gar nicht mehr so fremden Land endlich beginnen kann. Mit einer unerschütterlichen Zuversicht und Kraft erzählt Ela vom Suchen und Finden ihrer neuen Heimat Deutschland.

In einer außergewöhnlichen Reihe erzählen junge Menschen ihr Leben, ungefiltert, authenthissch und direkt. Schicksale, die berühren und nachdenklich machen. Geschichten, die man so noch nicht gelesen hat.


Rezension

Ela ist zehn, als ihre Familie aus der Türkei flieht. Eltern, Bruder, Schwester – mit einem Mal tausende von Kilometern entfernt, während sie im Haus ihrer Großeltern zurück bleibt. Wo vorher Unbeschwertheit herrschte, trüben nun Wut und Unverständnis ihre Tage, und der Gedanke, nicht geliebt zu werden, lässt sie immer mehr verzweifeln. Als es endlich soweit ist, knapp anderthalb Jahre, und sie von ihrem Onkel nach Istanbul gebracht wird, ist es daher eher Unsicherheit als Freude, die sie begleitet. Noch denkt sie an eine Widerkehr, noch hat sie ihre Träume vom Architektur-Studium in Istanbul, noch ...

Deutschland ist kalt, Winterbeginn, die Menschen sind mürrisch und unfreundlich, der Vater wirkt eingesunken. Unglücklich. Auch der Rest der Familie, obwohl sehr vermisst, kommt Ela fremd vor, sie sich wie ein Außenseiter. Das Haus in einem kleinen Dorf ist mehr Gefängnis als Heimat, denn das Asylrecht verbietet ihnen sich mehr als 50 km davon zu entfernen. Nur die Schule gibt ihr Halt, deutsch wird ihre Leidenschaft. Dann kommt die Entscheidung vom Amt. Das Bleiberecht wird ihnen verweigert, die Abschiebung droht, eine weitere Flucht scheint der einzige Ausweg. Heimlich geht es über die Grenze in die Schweiz. Aber nur für eine Nacht, denn in Deutschland bemüht sich eine Organisation um Kirchenasyl für Kurden. Eine Kirche in Essen wird dann auch die Heimat der Familie über Wochen und Monate hinweg, bis sie weitervermittelt werden, immer am Rande der Abschiebung, die Angst im Nacken, mit der jedes der Familienmitglieder anders umgeht: Der Vater, geplagt von dem Trauma der Verfolgung, schwankt zwischen Aggression und Agonie, die Mutter leidet zuerst stumm, streitet sich aber bald immer öfter mit ihrem Mann. Beide sprechen kein deutsch, brauchen Ela für jeden Schritt zum Amt, zum Arzt und für das alltägliche Leben. Neben der Verantwortung für die Eltern, gibt es noch die jüngeren Geschwister, die gegen die auferlegten Grenzen rebellieren und eigentlich nur leben wollen.

Jeder Tag ist ein Kampf, die Träume von einst, traut sich Ela nicht einmal mehr nachts zu träumen.

Wie es der Titel vermuten lässt, ist der Stoff in Plötzlich war ich im Schatten – Mein Leben als Illegale in Deutschland keine leichte Kost. Der Leser wird vielmehr Zeuge, wie eine ehemals glückliche Familie zerbricht, an den Umständen, an den Tretmühlen der Ämter und vor allem an der Furcht vor der Abschiebung. Das „Was wäre wenn“ hängt jederzeit in der Luft, Koffer werden kaum noch ausgepackt, Zuhause mit dem Gefühl von Heimat und Geborgenheit gibt es nicht mehr. Es ist tragisch mit anzusehen, wie ein Kind all dies bewältigen muss und hilft, die Einwanderer einmal mit anderen Augen zu sehen.

Dennoch fällt es schwer, sich wirklich mit Ela zu identifizieren. Dies mag zum einen am Thema liegen, zum anderen aber auch einfach daran, dass die Geschichte auf 176 Seiten viel zu schnell erzählt wird. So wie die kurz gehaltenen Kapitel fliegen auch die Monate von Elas Leben am Leser vorüber. Innehalten, mitfühlen, fällt da schwer, denn kaum eingefunden, wird man plötzlich schon wieder fortgerissen. So, dass man sich wundert, wenn die Protagonistin nicht mehr 12, sondern bereits 14/15 ist.

Die Kürze ist es auch unter der die Charaktere leiden. Die Entwicklung der Eltern, blasser noch die Geschwister, alles zieht wie in einer Dokumentation vorüber. Wirklich nah ist nur Ela, die in Ich-Form von ihrem Leben erzählt. Vielleicht liegt darin aber auch das Authentische, denn letztendlich ist Plötzlich war ich im Schatten – Mein Leben als Illegale in Deutschland genau das, ein Erfahrungsbericht. Vor diesem Blickwinkel passen dann auch die ungekünstelte Sprache und der simple, lineare Aufbau der Geschichte.


Fazit

Plötzlich war ich im Schatten – Mein Leben als Illegale in Deutschland ist ein bewegender Bericht der Kurdin Ela Aslan darüber, wie sie mit zehn Jahren aus ihrer unbeschwerten Kindheit gerissen wird und viel zu früh lernen muss, Verantwortung für ihre Familie zu übernehmen. Es ist eine Geschichte über den Verlust der Kindheit, das Hadern hinter dem ausgestellten Mut, dem Kampf um eine Heimat. Wut auf die Eltern, die sie dazu zwangen, sind ebenso Thema wie die unerschütterliche Liebe, die die Familie über die Jahre in der Angst zusammenhält.

Für Interessierte sicherlich ein faszinierender Einblick in den täglichen Kampf der Einwanderer, der aufwühlt und zum Grübeln anregt. Als Leseerlebnis jedoch ungeeignet.


Pro & Contra

+ interessanter Einblick in das Leben von Einwanderern
 
 
o zeitloser schnökeloser Stil
 
- Nebencharakteren fehlt es an Tiefe

Bewertung: alt

Charaktere: 3/5
Handlung: 4/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5