Der italienische Geliebte (Judith Lennox)

Verlag Pendo, Januar 2011
Originaltitel: Catching the Tide, übersetzt von Mechthild Sandberg
HC, 553 Seiten, € 19,95
ISBN 978- 3866122451

Genre: Belletristik


Klappentext

Italien, in den frühen 1930ern: In der Villa Millefiore bei Fiesole erleben die englischen Schwestern Tessa und Freddie Nicolson eine ungetrübte Jugend. Nach dem unsteten Künstlerdasein und dem frühen Tod des Vaters hat die Mutter mit ihren beiden Töchtern hier eine Heimat gefunden – und in der gut situierten Familie Zanetti enge Freunde. Als die 17-jährige Tessa sich zum ersten Mal verliebt und eine leidenschaftliche Beziehung mit Guido Zanetti eingeht, werden die Mädchen nach England ins Internat geschickt. Jahre vergehen, in denen die beiden Frauen ihren Weg machen: Freddie fasst als Redakteurin bei einer Zeitschrift in London Fuß, die anziehend schöne Tessa kann sich als Mannequin ein ausgelasseneres Leben leisten. Anders als ihre Schwester weiß Tessa, dass sie eines Tages nach Italien zurückkehren will. Sie scheut sich jahrelang vor einer festen Bindung und droht darüber alles zu verlieren, was sie liebt. Als Italien sich im Zweiten Weltkrieg Deutschland anschließt, wird Tessas lange erträumte Rückkehr zu einem gefährlichen Unterfangen. Und auch Freddie begräbt ihre Sehnsüchte viel zu lang…


Die Autorin

Die Bestsellerautorin Judith Lennox, 1953 in Salisbury geboren, wuchs in Hampshire auf. Mit ihren mittlerweile 15 Büchern hat sie auf Deutsch über zwei Millionen Leserinnen gewonnen. Immer wieder beschäftigt sie sich darin mit den Kriegsjahren und den Herausforderungen, die diese an ihre Figuren stellen. Für Der italienische Geliebte recherchierte sie ausgiebig an den Schauplätzen ihres Romans, unter anderem in Florenz und der Toskana. Judith Lennox liebt Gärtnern und ausgedehnte Wanderungen, alte Häuser und historische Stätten. Sie lebt mit ihrem Mann in Cambridge; die beiden sind Eltern dreier erwachsener Söhne.


Rezension

Nichts Neues von der Front. Wieder einmal hat Judith Lennox einen fulminanten Roman geschrieben, der hauptsächlich während des Zweiten Weltkrieges spielt. Aus der Sicht von drei Frauen erzählt sie aber diesmal noch zusätzlich, was sich in Italien während des Faschismus und der Zeit unter Mussolini abspielt. Es sind die Schwestern Tessa und Freddie, sowie Rebecca, eine Frau, die sich von ihrem erfolgreichen Schriftstellerehemann trennt, nachdem er sie betrogen hat. In gewohnten Perspektivwechseln geben diese drei Frauen einen ausgiebigen Überblick über die Ereignisse in England und Italien, in der zwar die Gräueltaten nicht detailliert beschrieben werden, aber genug erwähnt wird, um sich die Nöte bildhaft vorzustellen.

Tessa stellt sehr schnell fest, dass das Internat nichts für sich ist. Sie startet in London eine erfolgreiche Karriere als Mannequin und Model. Sparen liegt ihr nicht, sie verdient genug für eine schöne Wohnung und ein ausschweifendes Leben. Geprägt durch die Beziehung ihrer Eltern will sie sich nie binden, mit Guido hätte sie vielleicht eine Ausnahme gemacht, aber der lässt nichts mehr von sich hören, seitdem sie wieder in England weilt. Bis sie Milo Rycroft trifft, einen erfolgreichen Schriftsteller und mit einer äußerst eifersüchtigen Frau verheiratet. Für ihn stellt sie ihr ganzes Leben auf den Kopf, bis sie durch einen schweren Schicksalsschlag wieder nach Italien findet, ihre wahre Herzensheimat. Den Krieg erlebt sie in der Villa der Zanettis im Chianti, erst spät trifft sie das volle Ausmaß der Katastrophe.

Freddie hingegen fühlt sich in London sehr wohl. Als junge, alleinstehende Frau wird sie oft versetzt und schließlich als Mechanikerin ausgebildet, dem Land fehlen schließlich die Männer. Unstetig in der Liebe trifft sie eine falsche Entscheidung, die sie fast ihre Existenz kostet. Die dritte Frau im Bunde ist Rebecca, die Frau von Milo, die ihn durch ihre ständige Eifersucht, ihren Verfolgungswahn und ihr Misstrauen in die Arme anderer Frauen treibt. Es dauert lange, bis sie erkennt, dass nicht nur einer am Scheitern einer Ehe Schuld hat, ihr weiterer Lebensweg ist sehr abenteuerlich und man kann auf manche Überraschungen gefasst sein.

Es liegt an der unglaublich packenden Schreibweise, dass man das Buch trotz der bekannten Strukturen nicht aus der Hand legen kann. Zumal es diesmal auch einige unvorhergesehene Wendungen gibt. Der Plot bleibt der gleiche wie immer, Familien und deren Abgründe, zwischenmenschliche Beziehungen - irgendwie war man allerdings doch nicht mittendrin, sondern eher wie ein Außenstehender. Vieles wird in einem belanglosen Ton erzählt, Gefühle werden vor der Tür gelassen. Unbedenklich gehen die Frauen mit Männern um, die Liste der Liebhaber ist lang, man hat aber auch nie den Eindruck, dass die Männer den drei Frauen viel bedeuten. Es ist ein langer Weg, bis sie ihr Glück finden, viel zu lang, denn das Leben ist zu kurz, um zu zaudern. Trotzdem schafft es Lennox wieder einmal, den Leser zu fesseln und den Frauen ein unvergleichliches Leben anzudichten, obwohl man bei so mancher Handlung und Entscheidung nur den Kopf schütteln kann. Alle drei werden ebenbürtig in der Geschichte, die Schrecken des Krieges erlebt jede auf eine andere Art und Weise.

Gute Unterhaltung sicherlich, aber mittlerweile stumpft der Plot doch ganz schön ab. In dieser Epoche ist sie auf jeden Fall eine Meisterin in Familiengeschichten, trotz der mittlerweile wohlbekannten Zeit und der Handlung schafft Judith Lennox es doch immer wieder, etwas Neues einzuflechten. Diesmal sind es die Erlebnisse der Italiener während des Krieges, ein Land, vom Faschismus geprägt und zerrissen in seiner Zugehörigkeit. Aber in das Zwischenmenschliche ist man lange nicht mehr so involviert wie früheren Romanen, die Erlebnisse berühren nicht mehr so. Gekonnt immer noch der Perspektivwechsel, dadurch wird es nie langweilig, weil immer jemand anderer die Führung und die Sichtweise übernimmt.


Fazit

Für Fans von Judith Lennox bekannte Kost, stimmungsvoll und spannend in Szene gesetzt. Für alle anderen ein Zeitdokument über eine der grausamsten Epoche unserer Zeit, die auf keinen Fall vergessen werden sollte, aber auch nicht über Gebühr aufgewärmt werden soll. Eingebettet in sympathischen Charakteren und Familiendynamik bekommt man einen guten Überblick über die Grausamkeiten des Krieges, der allerdings auch nicht allzu sehr ins Detail geht. Zwischenmenschliche Beziehungen sind der Autorin immer wichtiger, auch hier lebt und leidet man mit den Protagonisten über mehrere Jahre hinweg. Eindrucksvoll beweist die Autorin die Vergänglichkeit des Lebens, man sollte nicht aus Bequemlichkeit an Altbekanntem festhalten, wie schnell ist der geeignete Zeitpunkt für Kinder und ein ausgefülltes Leben vorbei.


Pro und Contra

+ Familiengeschichte
+ Freundschaft
+ historisch belegte Ereignisse
+ wechselnde Erzählperspektive
+ tiefgründige Charaktere

- bekannte Themen
- bekannte Ereignisse aus anderen Büchern
- inhaltlich nichts Neues von Judith Lennox
- Charaktere berühren nicht

Wertung

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5


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