Dein Wille geschehe (Michael Robotham)

Goldmann (Oktober 2010)
Taschenbuch, 592 Seiten
ISBN: 978-3442474585
€ 9,99 [D]

Genre: Psychthriller


Klappentext

Dein Wille geschehe
Mein Tod komme

Es gibt einen Moment, in dem alle Hoffnung vergeht, aller Stolz schwindet, alle Erwartung, aller Glaube, alles Sehnen. Dieser Moment gehört mir. Dann höre ich den Klang einer zerbrechenden Seele.
Es ist kein lautes Knacken wie von splitternden Knochen, wenn ein Rückgrat bricht oder ein Schädel birst. Auch nicht weich und feucht wie ein gebrochenes Herz. Es ist ein Klang, bei dem man sich fragt, wie viel Schmerz ein Mensch ertragen kann; ein Laut, der das Gedächtnis zerschmettert und die Vergangenheit in die Gegenwart sickern lässt; ein Ton, so hoch, dass nur die Hunde der Hölle ihn hören können.


Rezension

Joe O’Laughlin hat in seinem Leben als Psychologe schon viel gesehen und erlebt und das Einzige, was er möchte ist wegzukommen. Weg von London, weg vom Stress und weg von seinem Job. Leider kann er nicht vor Mr. Parkinson flüchten, der ihm Tag ein Tag aus das Leben erschwert. Mit seiner Frau und seinen Kindern zieht er nach Bristol und nimmt einen Halbtagsjob als Dozent an einer Universität an. Doch schneller als er sich versehen kann, schlittert er in seinen nächsten Fall. Eine Frau steht auf einer Brücke, nackt unter ihrem Regenmantel und dem Wort „Hure“ auf den Bauch geschmiert. Sie spricht etwas in ihr Handy und springt dann in die Tiefe. Für die Polizei ein klarer Fall von Selbstmord, aber Joe fühlt, dass es keiner war. Die Frau legte keines der Symptome zu Tage, wie es Suizidopfer sonst tun. Aber wer steckt dann dahinter? Wer bringt einen Menschen dazu, in den Tod zu stürzen?

Dein Wille geschehe“ (der Originaltitel „Shatter“ mal wieder besser) knüpft zeitlich an seine Vorgängerbände „Adrenalin“ und „Amnesie“ an, setzt diese aber nicht zwingend voraus. In kurzen Nebensätzen erfährt man genug, um ein Gefühl dafür zu kriegen, was Joe O’Laughlin alles widerfahren ist und was ihn mit seinem Freund Ruiz verbindet.
Bereits die Art Vorwort gleich zu Beginn schafft es, eine Atmosphäre heraufzubeschwören, was manch einem ganzen Roman nicht gelingt. Es ist ein Vorgeschmack für einen Psychothriller der ersten Güte und beweist, dass physische Brutalität und grausame Verstümmelung nicht nötig sind, um einen das Schrecken zu lehren. Die ersten 400 Seiten sind, ohne nur im Geringsten langweilig zu sein, ruhig erzählt. Der Psychologe hilft der Polizei mit Einschätzungen seinerseits und mischt sich, mehr als er sollte, in deren Angelegenheiten ein. Denn er ist davon überzeugt, dass der Sturz von der Brücke inszeniert war und ein echter Profi am Werk gewesen sein muss, wenn er einen Menschen so manipulieren konnte. Gleichzeitig muss er sich mit seinen eigenen Problemen herumschlagen. Seine Frau ist ununterbrochen in der Weltgeschichte unterwegs mit ihrem Chef, dem Joe, ohne ihn zu kennen, nicht über den Weg traut. Das dumpfe Gefühl, die Liebe seines Lebens könnte ihn betrügen, quält ihn noch mehr, als seine Krankheit. Bis dahin ist das Buch gut. Spannend, durchdacht und sehr angenehm zu lesen. Mit einem Schlag tut sich aber ein Abgrund unter den Füßen auf und der Leser stürzt mit Joe in die Hölle. Selten war ein Finale so spannend und pumpt so viel Adrenalin durch den Körper. Alpträume sind da vorprogrammiert.

Michael Robotham beweist grandios, dass es immer genug Zeit für die Charaktere gibt und die Story darunter nicht leiden muss. Selbst im dritten Band entwickelt sich Joe und mit ihm seine Frau nachvollziehbar weiter. Seine Erlebnisse und seine Krankheit wirken sich auf beide aus. Er entwickelt langsam eine Paranoia, was das Verhalten seine Frau angeht, und stürzt sich in einen Ermittlungsfall, was er eigentlich nicht mehr wollte, und seine Frau scheint, sich zu distanzieren und ihr eigenes Päckchen zu tragen. Ruiz, ein ehemaliger Ermittler in Rente, steht nicht im Mittelpunkt und dient dazu, das zu tun, was Joe nicht kann. Er ist pragmatischer, brutaler und witziger als sein Freund und bildet mit ihm eine klasse Kombination. Der wahre Star ist aber Joes Widersacher. Überraschenderweise wird recht schnell klar, wer es ist. Was der Autor aber freiwillig preisgibt und nicht die Folge eines durchschaubaren Plots ist. Noch überraschender ist aber die Tatsache, dass es die Sache erst interessant macht. Es gibt keinerlei Beweise, um den Verdächtigen zu überführen, und keinerlei Spuren, um ich ihn ausfindig zu machen und so den nächsten Schlag zu verhindern. Joe muss sich mit einem Perfektionisten anlegen, einer Person die genial grausam ist und dennoch irgendwie menschlich bleibt, weil sie von pathologisch intensiven aber dennoch nachvollziehbaren Gründen getrieben wird.


Fazit

Dein Wille geschehe“ ist der perfekte Mix aus der Realitätsnähe eines Stieg Larssons und dem schnellen Schreibstil eines Jeffery Deavers. Unbedingt lesen.


Pro und Kontra

+ echter Pageturner
+ besonders die letzten 100 Seiten sorgen für Adrenalinstöße
+ geniales Katz-und-Maus Spiel
+ herausragender Gegner
+ starke Charaktere
Beurteilung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5