Schattenblüte - Die Wächter (Nora Melling)

Rowohlt Polaris, 1. Auflage März 2012
Klappenbroschur, 318 Seiten
14,95 € (D) | 15,50 € (A)
ISBN: 978-3-86252-010-7
Leseprobe

Genre: Jugend-Fantasy


Klappentext:

Ein uralter Kampf. Eine unsterbliche Liebe.

Silvester in Berlin. Noch einmal sind Luisa und Thursen zurückgekehrt in den Wald. Dorthin, wo ihre Liebe begann, als Thursen noch ein Werwolf war. Luisa möchte den Tod ihres Bruders hinter sich lassen, endlich wieder glücklich sein. Doch die Vergangenheit holt sie ein: Während überall ausgelassen gefeiert wird, stoßen sie auf eine übel zugerichtete Leiche. Thursen weiß sofort: Dafür ist einer der Wölfe aus seinem alten Rudel verantwortlich. Während er immer öfter im Wald verschwindet, bleibt Luisa allein zurück. Dann lernt sie Elias kennen. Ist ihre Liebe zu Thursen stark genug? Luisa ahnt nicht, dass Thursen und Elias ein schreckliches Geheimnis verbindet ...


Rezension:

Ratlos stehe ich auf dem Bahnsteig. Wohin soll ich jetzt? Ich kann noch nicht nach Hause, nicht so. Nicht, wenn ich zwar den Heimweg, aber den Weg nach morgen noch nicht weiß. Mein Versuch, ein normales Leben zu führen, ist wie Glas zerbrochen in scharfe, spitze Splitter. Splitter, an denen sich die Seele die Haut aufschneidet. Es tut so weh. Verfluchter Thursen!
(Seite 80)


Mit Luisas Hilfe konnte Thursen wieder ein normaler Mensch werden und lebt jetzt unter richtigem Namen Lars mit seinem Vater und seiner Schwester zusammen. Tief in ihm verborgen liegt jedoch immer noch das wilde Tier auf der Lauer und zwischendurch kehrt seine düstere Nachdenklichkeit zurück an die Oberfläche. Doch zusammen mit Luisa kämpft er darum, ein normales Leben führen und ihr gemeinsames Glück genießen zu können. So haben sie für die Silvesternacht etwas ganz besonderes geplant und begeben sich ein letztes Mal in den Wald, um dort endgültig mit der Vergangenheit abzuschließen. Auf dem Heimweg stolpern sie über eine Leiche, die eindeutig Wölfen zum Opfer gefallen ist. Obwohl Luisa ihn bittet, einfach nur die Polizei zu informieren, besteht er darauf, sich selbst um diese Angelegenheit zu kümmern - denn er ist sicher, dass sein altes Rudel mit dieser Sache zu tun hat.
Luisa fährt schließlich mit einem unguten Gefühl allein nach Hause … und wieder einmal ändert sich zwischen den beiden alles, denn Thursen hält sich plötzlich nicht mehr an Verabredungen und scheint immer mehr Geheimnisse zu haben. Als Luisa dann zufällig Elias kennenlernt, ist sie dankbar für die Ablenkung und die Aufmerksamkeit, die er ihr schenkt. Doch irgendwas stimmt mit diesem Jungen nicht, der mit seinen Freunden in einer Berliner Film-Villa lebt und Luisa jederzeit Unterschlupf anbietet. Luisa gerät immer tiefer in seinen Bann und merkt fast zu spät, dass die beiden Jungen ein uraltes Geheimnis miteinander verbindet. Ein Geheimnis, das tödlich ist.

Ich weiß, dass es wehtun wird. Trotzdem. Vielleicht muss man sich wieder und wieder Blasen laufen an der Seele, bis man endlich Hornhaut bekommt.
(Seite 118)


Mit zwiespältigen Gefühlen wurde dem zweite Band der Schattenblüte-Reihe entgegen gefiebert - einerseits konnte der Vorgänger nicht so richtig überzeugen, andererseits wollte man unbedingt wissen, wie die Geschichte sich weiterentwickelt. Denn das Grundpotential war definitiv vorhanden, wenn auch der Leser mit der Protagonistin nicht ganz warm werden wollte. Mit Die Wächter wagt sich Nora Melling in eine etwas andere Richtung - die Werwölfe per se spielen nur noch eine (wichtige) Nebenrolle, stattdessen kommt eine neue Gruppe von Personen hinzu, deren Rolle erst im Laufe der Geschichte wirklich klar wird. Das Grundthema wirkt ein wenig verschwommen, es dreht sich nicht mehr alles um Luisa und Thursen, denn beide sind nur ein kleiner Teil eines größeren Zusammenspiels. Diese Tatsache gibt dem Leser die Möglichkeit, sich nicht zu sehr auf die leider immer noch unreif und unausgeglichen wirkende Luisa zu konzentrieren, die in ihren Entscheidungen und Handlungen zeitweilig noch immer auf großes Unverständnis stößt. Trotz der bemerkbaren Bemühungen der Autorin fällt es dem Leser auch im zweiten Band nicht immer leicht, der Protagonistin Sympathie entgegen zu bringen.
Die neuen Charaktere bringen jedoch frischen Wind in die Story und schaffen es so, eine runde Sache daraus zu machen, sodass man über Luisas Schwachstellen hinwegsehen kann und sich gut unterhalten fühlt. Dass der verliebte Zauber zwischen Luisa und Thursen, der in Die Verborgenen noch unheimlich fesselnd sein konnte, in diesem Buch weitestgehend fehlt, weil Thursen Geheimnisse hat und Luisa von Zweifeln zerfressen wird, hilft dieser neuen Gruppe um Elias sicherlich. Und auch wenn das Ende bei so manchem Leser eine leise Enttäuschung hinterlassen dürfte, darf man auch gespannt sein, was Nora Melling aus dem gelegten Grundstein noch machen wird.

Was die Vorfreude auf den zweiten Roman im Nachgang deutlich schmälert, ist die Tatsache, dass er "nur" im Klappenbroschur-Format veröffentlicht wurde, während Band eins im wunderbar handlichen Flexcover-Stil das Regal ziert. Da auch die Größe des Buches verändert wurde, ist im Bücherregal nicht mehr klar zu erkennen, dass es sich um zwei Reihentitel handelt. Das ist insofern schade, als dass das kleine Erkennungszeichen - die blauschwarze Blüte - und die Schriftart die einzigen erkennbaren Gemeinsamkeiten sind. "Nichtkenner" könnten daher davon ausgehen, dass es sich um Einzelbände handelt, was dem Lesespaß wiederrum nicht unbedingt zugute kommen würde, da beide Titel aufeinander aufbauen. Hier hat der Verlag möglicherweise einen Fehler gemacht, den es bei folgenden Bänden zu überdenken gilt.


Fazit:

Der zweite Roman um Luisa und Thursen ist nicht nur optisch anders als sein Vorgänger - die Story ist düsterer, gewaltreicher und so gar nicht das, was man erwartet hätte. Denn in Schattenblüte - Die Wächter wirft Nora Melling das Setting aus Die Verborgenen fast komplett über den Haufen und bringt zahlreiche neue Komponenten in die Geschichte - aber es funktioniert. Trotz einiger Abstriche eine gelungene Fortsetzung.


Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5


Zur Rezension von "Schattenblüte – Die Verborgenen"
Zum Interview
(29.03.2011)