Küsse aus dem Zwischenreich (Alexandra Eishold, Bettina Ferbus, Sabine Frambach)

TextLustVerlag (April 2012)
Kaffeepausengeschichten, Band 2 (Paranormal Romance)
Cover-und Innengrafik: Crossvalley Smith
Coverlayout: Atelier Bonzai
60 Seiten, Paperback, 4,95 EUR
ISBN 978-3-943295-17-7

Genre: Paranormal Romance


Klappentext

Die Liebe ist die größte Macht im Universum. Sie vermag es, wahre Wunder zu vollbringen und uns tief in unserem Innersten zu berühren. Aber ist sie auch stark genug, die Grenze zwischen den Dimensionen zu überwinden? Drei mögliche Antworten auf diese Frage entführen den Leser in das geheimnisvolle Reich der Zwischenwelt.

Die Autoren und ihre Geschichten:
Alexandra Eishold — Die Reise zum Weltenbaum
Bettina Ferbus — Sukkubus
Sabine Frambach — Die weiße Blume

Jede Geschichte mit Tipps für einen besonderen Lesegenuss.


Rezension

Bettina Ferbus — Sukkubus:
Simon ist ein etwas unbeholfener Zauberlehrling, der durch ein Ritual – und terminlichen Zufall – an den Sukkubus Cassie gerät. Die Dämonin, die von sexueller Energie lebt, hat keine Skrupel, den Lehrling zu verführen. Bevor der Meister zurück kommt, zerstört Simon das Pentagramm, womit Cassie gerufen worden war, um ihr nicht sehr rosiges Schicksal zu verändern. Doch damit verändert Simon nicht nur Cassies Zukunft.

Simon ist der zweifelhafte Held der Geschichte, der von seinem Meister schon mehr als ein Mal einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen hatte – das soll ja bekanntlich das Denkvermögen erhöhen. Simon scheint relativ unbegabt zu sein, was Magie angeht, und auch ein bisschen naiv. So empfindet er für den Sukkubus Cassie Mitleid, als sie ihm erzählte, was Simons Meister mit ihr vorhat. Cassie hingegen ist nicht die Art Dämon, die man hassen kann – selbst wenn man will. Sie fügt sich in ihr Schicksal und scheint nicht viel von Menschen zu halten, bis Simon sie rettet und ihr beweist, dass nicht alle Magier moralische Schweine sind.

Der Stil, den Frau Ferbus wählt, ist klar, präzise und ohne Schnörkel. Handwerklich ist die Kurzgeschichte sehr schön umgesetzt. Was hier fehlt, ist leider etwas Herz und ein Spannungsbogen – was hier der gleiche Kritikpunkt ist. Denn Frau Ferbus geht nicht sehr stark auf Simons Gefühle ein und schürt dadurch auch nur wenig Sympathie für den arglosen Lehrling. So schwingt auch die intime Stimmung, die vermittelt werde sollte, nicht wirklich mit. Man spürt, dass da etwas mehr Gefühl sein soll, doch es ist schwer Simons Gefühle herauszulesen oder ihm später abzukaufen. Hier hätte Frau Ferbus vielleicht etwas mehr vom Meister und seinem klingelnden Handy streichen, und bei dem Aufeinandertreffen des Sukkubus und Simon hinzufügen können. Insgesamt ist „Sukkubus“ von Bettina Ferbus eine handwerklich gekonnt aufgezogene Geschichte, der es jedoch an Herz fehlt.

Alexandra Eishold — Die Reise zum Weltenbaum:
Die Freunde Magnus und Cedric steigen aufgrund eines Schneesturms in das verlassene Schloss des Graf Edelbart von Falkenstein ein, in dem ein gigantischer silberner Spiegel steht.
Während Magnus sich in die Bibliothek zurückgezogen hat und erst zu spät merkt, dass sein Freund verschwunden ist, wird Cedric von einer weißen Frau in die Welt hinter dem Spiegel gezogen, wo eine riesige Esche steht. Der Weltenbaum Yggdrasil. Cedric und Magnus sind die Helden dieser Geschichte. Während Cedric an Prince Charming erinnert, hat Magnus eine nett zynische Note, womit er alles kommentiert, was sein Freund in der Welt hinter dem Spiegel treibt.

Frau Eishold entführt den Leser in ihrer Kurzgeschichte nicht nur zur Weltenesche Yggdrasil, sondern auch in Alices Wunderland. Nur dass es hier keinen Hutmacher, Märzhasen und eine Grinsekatze gibt, sondern schubsende Uhus und schlecht gelaunte Zwerge. Es ist eine bunte Welt, die ab und zu so überzogen wirkt – wie die Liebe zwischen Cedric und Marie-Chantalle; und seine Prince-Charming-Fähigkeiten, wie immer das genau Richtige zu tun -, dass der Leser unwillkürlich grinsen muss. Magnus hingegen, der das ganze Schauspiel hinter dem Spiegel ansehen muss, kommentiert alles auf eine sehr zynische Weise, sodass dieser „Alice im Wunderland“ Eindruck noch verstärkt wird – denn Magnus scheint (nicht nur als Charakter) um einiges realistischer und klüger zu sein als Cedric. Der wechselnde Stil zwischen den Helden Cedric und Magnus erscheint wie ein Wechsel zwischen Realität und ‚kunterbuntes Land der Verrücktheiten‘ und unterstreicht den Leseeindruck.

Frau Eishold entführt den Leser in eine verrückte Welt hinter dem Spiegel, wirft jedoch mit ihrem realistischen Kommentator auf der ‚anderen Seite’ einen Anker, damit sich der Leser nicht in dieser wunderlichen Welt verliert.

Sabine Frambach — Die weiße Blume:
Der Frühling naht! Während Wikker der Schneetroll durch den letzten Schnee des Jahres stampft, um seine Nase in den Wind zu halten, begegnet er der Nymphe des Frühlings. Wikker kann sie nicht vergessen und bekommt von einem alten Schneetroll schließlich eine Uhr geschenkt, mit der er die Zeit für länger als einen Augenblick anhalten kann, um die Nymphe wiederzusehen.

Wikker, der herzensgute Troll, verliebt sich in die Frühlingsnymphe Naya, und möchte alles tun, um seine Liebste nur ein einziges Mal wiederzusehen und ihr zu sagen, dass sie wunderschön ist und selbst seine schwarzen Augen zum Leuchten bringen kann.
Naya, während des Winters in einem tiefen Schlaf unter der Meeresoberfläche, träumt nur noch von dem starken Schneetroll, der so anders ist als all seine Artverwandten.
Die Geschichte um Wikker, Naya und das weiße Blümchen (eine wirklich wunderschöne Auflösung, die das Herz wärmt) ist sehr poetisch verfasst. Frau Frambach zeichnet mit zarten Pinselstrichen eine traurige Liebesgeschichte, wie es Christian Anders nicht besser können würde.

„Die weiße Blume“ ist die strahlende Perle dieser Kurzgeschichtensammlung. Frau Frambach schafft es mit wenig Dramatik und wunderschönen Mitteln eine starke Geschichte auf wenigen Seiten aufzubauen, die tragisch wie „Die kleine Meerjungfrau“ ist, ohne kitschig zu werden. Diese Kurzgeschichte ist ein Muss für Leser von Fabienne Siegmund.


Fazit

Der zweite Band der Kaffeepausengeschichten „Küsse aus dem Zwischenreich“ wartet mit drei unterschiedlichen Kurzgeschichten auf, die alle die Liebe als Kernthema haben. Liebe zwischen Mensch und Dämon, Mensch und Spiegelfräulein und schließlich – die Perle des Bands – Liebe zwischen Winter (Schneetroll) und Frühling (Nymphe). Ein wahrer Leseschmaus für zwischendurch!


Pro & Kontra

+ grundverschiedene Geschichten
+ handwerklich sichere Schreibstile
+ angenehme Sprache

- manche Charaktere wurden nicht sehr liebevoll skizziert

Bewertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Sprache: 3,5/5
Preis/Leistung: 5/5


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Zum Kolumne-Beitrag in "Alishas Lit-Talk": Kaffeepausengeschichten