Fear (Scott Frost)

Knaur Taschenbuch (April 2009)
416 Seiten, 8,95 EUR
ISBN: 978-3-426-63549-0

Genre: Psychothriller


Klappentext

Selten war Kommissarin Alex DeLillo so verwirrt und voller Schmerz: Am Ufer des L.A. River ist eine Leiche gefunden worden, und der Tote soll ihr Halbbruder gewesen sein – von dem sie zeitlebens nichts wusste! Sie beginnt zu ermitteln, obwohl die Polizei von Los Angeles es nicht gerne sieht. Und bald schon bestätigt das Auftauchen von weiteren Leichen am Flussufer den grausigen Verdacht: Jemand mordet wie der »Riverkiller«, der vor zwanzig Jahren drei junge Frauen tötete und nie gefasst wurde. Immer tiefer taucht Alex in den Fall ein und begibt sich damit in Lebensgefahr. Denn der Hauptverdächtige damals war ein Mann, den sie für tot hielt. Ohne den es sie und ihren Bruder jedoch nicht gäbe: ihr eigener Vater. Und der scheint sich bester Gesundheit zu erfreuen …


Rezension

Alex DeLillo und ihre Tochter sind noch immer von den Ereignissen aus „Risk“ traumatisiert – vor allem am Anfang baut Scott Frost Erinnerungen ein, die Leser, die den Vorgänger nicht gelesen haben, auf den Stand der Dinge bringen. Die Tochter studiert inzwischen unter dem Mädchenamen der Mutter. Manning. Von einem Mann mit genau diesem Nachnamen bekommt Alex ein Fax – nur leider kommt es nie vollständig an. Kurz danach ist der Mann tot und wie sich schnell herausstellt, handelt es sich dabei um ihren Halbbruder, den sie nie gekannt hat. Alex beginnt in eigener Sache zu ermitteln und dringt dabei immer tiefer in eine Welt aus Gewalt und Korruption vor – und in ihre Vergangenheit. Der Autor koppelt hier Ermittelungsarbeit mit der Suche nach dem eigenen Ich. Beide Wege führen zu erschreckenden Erkenntnissen.

Scott Frost hat seine literarische Karriere mit Drehbüchern begonnen, unter anderem für die TV-Serien „Akte X“ und „Twin Peaks“. Diesen Background merkt man seinem Roman deutlich an. Die Story hat das Flair eines Hollywoodstreifens. Viele Szenen sind mehr als filmreif – der Autor versteht es, eine passende Atmosphäre zu erzeugen. Die Waldbrände, die in die Randbezirke von Los Angeles vordringen und auch die Häuser von Alex’ Nachbarn zerstören, tragen viel zum Setting bei. In diesem Roman ist es schwül und dreckig. Und auf eine eher subtile Art brutal.
Eine kleine Lovestory wirkt dieser Härte etwas entgegen, wobei diese auf Wunsch der Charaktere hin dezent im Hintergrund gehalten wird. Alex will sich auf ihre Ermittlungsarbeit konzentrieren – sie scheint auch noch nicht bereit für eine neue Beziehung. Und ihr Partner Dylan übt sich in Zurückhaltung.

Alex kommt insgesamt ziemlich tough daher. Sie ist eine starke Frau, die sich jedoch auch mit ihren Ängsten auseinandersetzt. Wenn es um ihre Tochter geht, bricht die Mutter aus ihr heraus. Ihre dunkle Vergangenheit wird dabei gekonnt mit der Geschichte verwoben. Dylan hingegen ist der typische „Softie“ unter den Polizisten. Sensibel und mit melancholischem Charme. Er hat seine große Liebe verloren, wodurch sich sein Leben für immer verändert hat. Beide Charaktere haben viele Facetten, wobei die Nebencharaktere relativ stereotyp geraten sind. Da gibt es harte und abgebrühte Cops, verängstigte Beamte und Unschuldige, die zwischen die Fronten geraten. Eben Typen, die in einem amerikanischen Thriller nicht fehlen dürfen.

Davon hebt sich der psychisch kranke Junge, dessen Mutter mutmaßlich vom „Riverkiller“ ermordet wurde, deutlich ab. In seinem Zimmer finden sich bizarre Zeichnungen an der Wand, entstanden aus eigenen „Ermittlungsarbeiten“. Nachdem der junge Mann erfahren hat, wie seine Mutter zu Tode kam, begann er Zeitungsartikel zu sammeln und ist letztlich dem Wahnsinn verfallen. Im Laufe der Geschichte verwüstet er Alex’ Haus – besprüht die Räume mit Warnungen und angstvollen Worten. Seine Person trägt viel zur Atmosphäre des Romans bei – eigentlich ist er der einzige, der das „Psycho“ in der Genrebezeichnung rechtfertigt. Zwar gehen die Ereignisse in „Fear“ Alex ganz schön an die Substanz, doch für einen richtigen Psychothriller ist die Story dann doch nicht hart genug.

Der Stil des Romans ist nicht besonders außergewöhnlich, aber insgesamt gut und schnell zu lesen. Einige Längen in der ersten Hälfte ziehen den Roman unnötig in die Breite, allerdings lässt Scott Frost immer genug von seinem roten Faden durchblitzen, dass man gespannt weiter liest. Das passende Taschenbuchformat macht den Roman dabei zu einer guten Urlaubs- oder Bettlektüre.


Fazit

Los Angeles ist von Flammen umschlossen, während Alex DeLillo den Traum einer glücklichen Kindheit zerbrechen sieht. Die Geschichte des Flussmörders wird zu einem hollywoodreifen Thriller, der neben Gewalt und Korruption auch tiefe Einblicke in die Psyche der Protagonistin bietet. Spannend, unterhaltsam und mit überraschenden Wendungen.


Pro & Contra

+ schmutzig-schwüle Atmosphäre
+ sympathische Protagonistin
+ überraschende Wendungen

- stereotype Nebencharaktere
- einige Längen, die den Lesefluss bremsen

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5