Arzak - Der Raumvermesser (Moebius)

Verlag: Ehapa Comic Collection (Oktober 2012)
Gebundene Ausgabe: 80 Seiten; 25 €
ISBN-13: 978-3770436873

Genre: Science Fiction


Rezension

Arzak – Wer sich auch nur ein bisschen im Bereich der Comics auskennt, weiß, was sich hier hinter verbirgt. Zusammenhängend damit kommt dann auch sofort der Name Moebius in den Sinn, das Alter Ego jenes Mannes, der als Zeichner zu den einflussreichsten Männern seiner Generation gehörte und immer noch gehört. Selbst über den Tod hinaus.

"Ich muss euch leider verlassen, Band 2 ruft. Arzak will leben!"

Leider verstarb Moebius, dessen bürgerlicher Name Jean Giraud ist, am 10. März diesen Jahres und damit hat die Comicwelt auf einen Schlag zwei brillante Künstler verloren. Als Gir zeichnete er in seiner unnachahmlichen Art klassische, frankobelgische Comics. Dies waren meist Abenteuercomics,  von denen der berühmteste Leutnant Blueberry ist, der später noch diverse, teilweise auch von ihm gezeichnete, Ableger bekam. Als Moebius hingegen schuf er Comics, die der Fantastik zuzuordnen sind. Hier experimentierte er mit Zeichenstil und Erzähltechniken. Er folgte dabei wenigen Konventionen und ließ sich häufig von seinem Gefühl leiten. Zusammen mit Alejandro Jodorowski entstand so unter anderem die Reihe um John Difool, einem Privatdetektiv, der in der Zukunft in ein Abenteuer rund um den Incal hineingezogen wird. Die Serie gilt mittlerweile als Klassiker. Aber nicht alleine. Die hermetische Garage, Major Gruber und andere sind ebensolche und werden immer wieder neu aufgelegt. Einer der bedeutendsten ist aber Arzach. In  ihm trat ein Mann mit komischen Kegelhut und einem an einen Pteranodon erinnernden Flugtier zum ersten Mal auf. Die Geschichte kam ohne Worte aus, Moebius ließ die Bilder allein für sich sprechen. Aber das war nicht das einzig ungewöhnliche an Arzach. Moebius arbeitete ohne Skript, ohne Vorgaben, er hatte noch nicht mal eine Vorstellung wie seine Geschichte verlaufen sollte. Er arbeitete Bild für Bild, zeichnete was ihm in den Sinn kam und so entwickelte sich Arzach erst am Zeichentisch in einem Augenblick. Die Leser waren, ob der innovativen Art des daraus entstandenen Comics begeistert, aber eine Frage blieb immer.
Wer ist Arzach? Woher kommt er?
2008 machte sich Moebius an die Arbeit, diese Fragen zu beantworten. Die Zeit war reif dafür. Die Figur verlangte nach einem neuen Auftritt in einer größeren Geschichte und Moebius hatte endlich die richtige Idee. 2010 erschien dann schließlich Arzak – Der Raumvermesser. (Die Schreibweise des Namens änderte Moebius im Laufe der Jahre immer mal wieder.)

Weit in der Zukunft hat die Menschheit das Weltall erobert, so manches Volk wurde dabei versklavt oder seines Besitzes beraubt. Eins dieser Völker sind die Wergs. Wergs werden für ein Kopfgeld getötet und enthauptet und ihre heiligen Städten geschändet, in dem ihre heiligen Symbole entwendet werden. So bildet sich im Untergrund eine Armee von Wergs. Aber es regt sich Widerstand. Auf ihrer Welt Tassili sind sie nicht mehr gewillt die vorherrschende Ungerechtigkeit einfach so hinzunehmen. Und damit kommen die Ereignisse auf zwei Handlungsebenen ins Rollen.
Zum einen ist da der Raumvermesser, eine Art Gesetzeshüter, der für Recht und Ordnung sorgen und gleichzeitig den Planeten vermessen soll. Er ist jener rätselhafte Mann, der auch schon in Arzach der Hauptcharakter war. Bei seinem Rundflug auf seinem Pterodelphus, entdeckt er ein grausiges Verbrechen. Jemand hat unschuldige Wergs abgeschlachtet, ihre Köpfe gesammelt und eine ihrer heiligen Stätten des Profits wegen entweiht. Einen Teil der Schuldigen kann er sofort zur Rechenschaft ziehen, allerdings gelingt einem auch die Flucht. Daraufhin beschließt er in die kleine Stadt Redmond zurückzukehren, um den Transferturm aufzusuchen. Nur dort kann er mit seinen Vorgesetzten in Verbindung treten und vielleicht mehr herausfinden. Dies gestaltet sich aber als äußerst schwierig. Die Besatzung des Turmes widersetzt sich den Vorschriften und will ihn nicht einlassen. So muss der Raumvermesser erst einmal Geduld beweisen.
Gleichzeitig versucht eine Piratenbande der Wergs Lady Charmayne und ihren Sohn zu entführen. Das schlägt zwar fehl, hat aber ungeahnte Folgen für die Prinzessin. Durch eine tollkühne Tat kann der Kommandant des Schiffes für ein Entkommen sorgen, aber ihr Weg führt sie ebenfalls nach Tassili.

Einen wilden Mix aus Western, Science Fiction und Mystik legt Moebius hier vor. Angefangen mit dem einsamen Reiter in der Wüste, als den Moebius Arzak hier inszeniert. Wie einst Clint Eastwood oder Charles Bronson, sorgt er im Alleingang für Gerechtigkeit. Anders als diese benutzt er allerdings keine Schusswaffen, sondern ein Schwert. Eine in dieser Science Fiction-Welt überholt wirkende Waffe, die er aber mit tödlicher Präzision zu führen weiß. Arzak ist hier der mächtige Held, der keiner sein will. Er erfüllt aus seiner Sicht seine Pflicht und tut das, was ihn die Moral vorschreibt, mehr nicht. Er ist ein moderner Mythos und als solcher tritt er auf, ganz in der Tradition der Antihelden der heutigen Zeit. Die anderen Figuren, denen er auf seiner Reise begegnet sind dagegen zunächst erst einmal hauptsächlich seine Stichwortgeber und bereiten ihm die Bühne auf der er agiert. Und diese ist groß. Eine ganze Welt ist der Schauplatz, mit Verbindungen ins Universum. Mit Ausnahme von Azaelle Zoom sind die anderen Charaktere also recht blass. Sie hingegen ist schon jetzt eine zwiespältige Person. Sie hat eigentlich eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, die sie aber nicht im mindestens erfüllen will. Allerdings dürfte sie diese nicht ohne Grund erhalten haben.

Die Geschichte an sich lässt sich noch nicht so leicht beurteilen. Wie Moebius selbst schreibt,sollte noch ein weiteres Album folgen. Allerdings verstarb er, bevor es erscheinen konnte. So hält der Leser den Auftaktband zu einer komplexen Geschichte in den Händen, die wohl nie ihren Abschluss finden wird. Doch der Anfang ist äußerst interessant. Moebius legt viele Handlungsstränge an, die wohl erst im Folgeband zusammengefügt worden wären, wie ist allerdings nicht ersichtlich, dazu war Moebius viel zu wenig vorhersehbar. Es lässt sich nur sagen, dass auf den Mann mit dem seltsamen Hut ein außergewöhnliches Abenteuer gewartet hätte, welches ihn an seine Grenzen geführt hätte.

Zu sagen, Moebius wäre ein genialer Zeichner gewesen, ist wie Eulen nach Athen tragen. Egal, ob man seinen Stil mag oder nicht, seine Kunstfertigkeit ist für jeden ersichtlich. Bei Arzak bewegt er sich zwischen dem Ur-Arzach und John Difool, seiner großen Science Fiction Serie, die er zusammen mit Alejandro Jodorowski geschrieben hat. Besonders wenn Moebius nah an seine Charaktere herangeht oder Panoramen zeichnet, werden seine Fähigkeiten ersichtlich.

Außer den 64 Seiten des Abenteuers befindet sich noch das Tagebuch des Raumvermessers in Arzak. Dieses besteht aus Skizzen und Zeichnungen um Arzak, Kommentaren von Moebius und einer Kurzbiographie des Künstlers. Dazu wurde Arzak auf hochwertigem Papier gedruckt und liegt im Überformat vor, welches die Zeichnungen so richtig zur Geltung kommen lässt


Fazit

Arzak ist ein würdiger Abschluss für Moebius` Werk. Auf gewisse Weise schließt sich der Kreis hiermit. Mit Arzach begann Moebius' Karriere und mit Arzak endet sie und somit gehört diese Ausgabe in jede gute Comicsammlung.


Pro & Contra

+ Bonusseiten, mit Zeichnungen, die Moebius Kunst noch einmal in Vollendung zeigen
+ spannende Geschichte
+ Arzak ist ein überaus interessanter Charakter

Bewertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4,5/5