Wachkoma (Jasmin P. Meranius)

Blue Screen Entertainment, 1. Neuauflage Oktober 2012
Wattiertes HC mit LB, 145 Seiten
Preis: 12,95 € (D)
ISBN: 978-3943529036

Genre: Erzählung / Belletristik


Klappentext:

Beata, eine Bilderbuchkarrierefrau mittleren Alters, wird aus der Bahn geworfen. Ein existenzielles Erlebnis zwingt sie zum Nachdenken. Das Abtauchen in eine Welt jenseits des Big Business verhilft ihr zu neuen Einsichten: Nicht das "Treten im Hamsterrad", sondern der verantwortungsvolle Umgang mit sich, aber auch mit den Gefühlen der Menschen um sie herum, soll zu ihrem Leitfaden werden.

Der Autorin ist es gelungen, existenzielle Fragen in eine spannende Geschichte zu packen, die dem Unterhaltungswert einer wunderbaren Erzählung gerecht wird.


Rezension:

Im Leben entfacht manchmal genau das große Leidenschaft in uns, was wir am meisten vernachlässigen. Vielleicht aber auch, weil wir gar nicht wissen, dass es unsere Leidenschaft ist.
(Seite 53)


Als Beata an ihrem Arbeitsplatz kurz vor einem wichtigen Meeting plötzlich umkippt und vollkommen ausgeruht in einem schmucken Hotelzimmer wieder aufwacht, gilt ihr erster Gedanke der Rückkehr an ihren Schreibtisch. Doch das Hotel ist nicht einfach irgendein Wellness-Etablissement, sondern ein ganz besonderer Ort, an dem die Menschen auf besondere Weise zur Ruhe kommen können. Verschiedene Therapieangebote sollen dabei helfen, seine innere Mitte zu finden und sich über die wichtigen Dinge im Leben klar zu werden. Zu Beginn ihres Aufenthalts kann Beata mit diesen Kursen nicht viel anfangen, empfindet sie eher als zeitraubende und unnütze Belästigung. Sie fordert ihre schnellstmögliche Entlassung, woraufhin ihr jedoch unmissverständlich klar gemacht wird, dass es in ihrer Hand liegt, wann sie „diesen Ort“ wieder verlassen wird. Also lässt sich die Karrierefrau auf den Zauber dieser Einrichtung ein, stellt sich den verschiedenen Aufgaben und kann sich mit der Zeit sogar für diese begeistern. Mit den Wochen lernt Beata nicht nur ganz unterschiedliche Menschen, sondern auch sich selbst auf eine neue Art kennen und begreift endlich, dass Arbeit nicht alles im Leben ist oder sein sollte. Die vielseitigen Menschen, die sie bei dieser Entdeckungsreise begleiten, geben ihr wertvolle und mitunter beängstigende Hinweise und Ratschläge mit auf den Weg, manche verweilen bereits lange in dieser Einrichtung, andere sind nur kurz da und bald darauf schon wieder verschwunden. Bis auch Beata dieses spezielle Hotel wieder verlassen darf, muss sie verstehen, warum sie überhaupt erst dorthin gekommen ist.

Verrückt werden viele im Leben und nur die wenigsten bemerken es überhaupt. Und noch viel weniger gehen dagegen an und verrücken sich wieder dahin, wo sie sein sollten.
(Seite 72)


Vergänglichkeit ist ein wichtiges Wort, das jeden Menschen sein Leben lang begleitet. Nichts ist ewig und alles hat seinen Preis – Jasmin P. Meranius schickt in ihrer Erzählung den Leser auf einen Weg, der voller Erkenntnisse und Weisheiten steckt. Wahrheiten, die direkt vor einem liegen, aber nie wirklich gesehen werden, nimmt die Autorin in Wachkoma auf und verpackt sie in einer kurzweiligen, aber nachhallenden Geschichte, die trotz ihrer bekannten und vorhersehbaren Thematik zu fesseln weiß. Manches Mal muss der Leser inne halten und sich fragen, ob oder wann er sich das letzte Mal mit den im Buch gestellten Fragen auseinander gesetzt hat. Inhaltlich passt das Büchlein, das in seiner optischen Aufmachung schnell als esoterischer „Quatsch“ abgetan werden könnte, wunderbar in die beginnende „dunkle Jahreszeit“, in der der Mensch ohnehin zu Grübeleien neigt. Und den leicht esoterischen Hauch hat Wachkoma auch ganz sicher nicht zu Unrecht: Es ist ein Aufruf, mehr auf sich selbst Acht zu geben, denn wenn man selbst nicht gut auf sich aufpasst, tut es niemand. Wer nicht auf sich selbst achtet, verhält sich auch den Menschen um sich herum gegenüber nicht immer angemessen und stößt gerade den wichtigsten Personen oft unbewusst und ungewollt vor den Kopf. Meranius’ Erzählung rüttelt wach, ohne dass man sich dabei angemahnt fühlt – es ist ein gelungener Versuch, die Menschen an das zu erinnern, was wichtig im Leben ist.

Es ist sehr wichtig, stehen zu bleiben und abzuwarten, bis die Seele uns wieder eingeholt hat.
(Seite 74)


Wenn man nach dem Lesen gefragt wird, wie man die Erzählung fand, fällt es schwer, das Empfundene in Worte zu fassen. Man ist irgendwie berührt und enttäuscht – berührt von der schweren Leichtigkeit, enttäuscht von der unausweichlichen Vergänglichkeit, die auch diesem Buch inne ist. Und zugegebenermaßen hätte Wachkoma auch gerne ein paar Seiten weniger haben dürfen – die zum Ende hin eingebundene Erklärung und Auflösung nimmt dem Leser leider ein Stück weit die Möglichkeit, seiner ganz eigenen Interpretation nachzuhängen. Wer die Geschichte aufmerksam genug verfolgt und auf kleine Details geachtet hat, weiß auch ohne die letzten Szenen, worum es im Buch geht und worauf es im Leben ankommt. Hier hätte die Autorin gerne etwas mehr persönlichen Spielraum lassen dürfen – sowohl dem Leser als auch ihrer Geschichte.


Fazit:

Ein Buch, das auf Grund der Aktualität mit seiner Geschichte berührt und im Kopf des Lesers noch lange nachhallt. Wachkoma regt zum Innehalten und Durchatmen an, ohne dass Jasmin P. Meranius dabei mahnend den Zeigefinger hebt. Viele Botschaften werden hier übermittelt – die Wichtigste: Achte auf Dich selbst, denn diese Fürsorge kann Dir niemand abnehmen.


Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4/5