Codex Angélique – Kompendium der Engel (Thierry Gloris, Mikael Bourgouin)

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Verlag: Ehapa Comic Collection
Hardcover, 144 Seiten, 39,95 Euro
ISBN – 13: 978-3770433391

Genre: Mystery/ Fantasy/ Horror


Klappentext

Frankreich…während der Belle Epoque:
Absinth mit Opium ist eine teuflische Mischung, doch der junge Student Thomas sucht Vergessen um jeden Preis. Denn sein nahezu wahnsinniger Onkel versucht seit 20 Jahren, Thomas‘ Mutter wieder zum Leben zu erwecken, aber die Experimente schlagen alle fehl. Bis Thomas ein lange verschollen geglaubtes Buch in die Hände fällt: der Codex Angélique! Eine Anleitung, um die Grenzen der Existenz zu überschreiten und Toten wieder Leben einzuhauchen…
Ein grandioses Artwork von Mikael Bourgouin illustriert Thierry Gloris‘ Szenario, dem es gelingt Steampunk, Lovecraft und Blatty (Der Exorzist) zu verbinden!


Rezension

Wie der Klappentext bereits erwähnt spielt Codex Angélique zur Zeit der berühmten Belle Epoque. Die Gesellschaft steht mit sich und allen anderen Mächten im Konflikt, die Technik ist immer weiter auf dem Vormarsch und die Stellung der Kirche wird massiv in Frage gestellt. Bei all dem Zwist tun sich menschliche Abgründe auf, die meist im Untergrund Frankreichs oder in zahlreichen Bordellen zu finden sind. Die Menschen leben in einer Zeit des Umschwungs, in dem man nicht sicher sein kann, wem man vertrauen darf bzw. sollte.

Codex Angelique umfasst drei Bände: Izael, Lisa und Thomas. Jeder dieser Bände erzählt einen Teil der Geschichte ohne im Gesamtgeschehen isoliert zu bleiben. Alles hängt irgendwie miteinander zusammen, sodass der Leser immer gut folgen kann. Zu Beginn lernt man den jungen Studenten Thomas kennen. Dieser hat außerhalb der universitären Mauern jedoch kein normales Leben. Grund dafür ist seine Mutter, die sich nach ihrem Tod in einer Art Behälter, gebaut  von ihrem Bruder Ernest, befindet. Ernest versucht krampfhaft seine Schwester wiederzubeleben. Dabei greift er immer wieder auf okkulte Mittel zurück, doch es will einfach Nichts funktionieren. Thomas ist mit dieser Situation überfordert und sucht mit Hilfe von Opium das Vergessen. Nicht wissen, was sein Onkel mit seiner Mutter macht, wäre für ihn das Paradies. Eines Tages findet Thomas in einem Antiquariat ein Buch, welches Ernest schon lange Zeit sucht. Der Codex Angélique beinhaltet angeblich die Lösung Thomas‘ Mutter zurück in die Welt der Lebenden zu holen. Kaum ist der so lang ersehnte Schlüssel gefunden, taucht plötzlich ein mysteriöser Mönch auf, der eine seltsame Verbindung zu dem Buch zu haben scheint. Trotz der Warnungen des Fremden und dem Bestreben, Ernest an seinem Ritual zu hindern, findet das Experiment statt und im ersten Augenblick scheint es funktioniert zu haben. Doch der Schein trügt, denn mit diesem Ritual wurden viel dunklere und höhere Mächte beschworen. Parallel zu der Handlung, finden in Paris einige Serienmorde statt. Frauen werden bestialisch niedergemetzelt und zurückgelassen. Die beiden ermittelnden Polizisten sind ratlos und wissen nicht ein und nicht aus. Doch nach und nach scheint sich das Dunkle zu lüften und die Zusammenhänge werden immer deutlicher.

Codex Angélique ist inhaltlich und zeichnerisch ein Meisterwerk, das sich nicht so recht in eine Schublade stecken lässt. Dieses All in One dürfte Fans aus allen Comic Genres begeistern. Von Historik über Thriller mit Horror – Elementen nach Surrealismus und Esoterik ist alles vorhanden. Auf den ersten Blick vermag man zu sagen, die Geschichte sei wirr und ohne feste Basis, so wird man nach und nach merken, dass alles perfekt durchgeplant und beabsichtigt ist. Jedes Wort, jede Zeichnung und jedes Panel sind so aufeinander abgestimmt, dass sie dem Leser jedes Mal einen neuen Baustein für das gesamt Konstrukt liefern. Schon allein der Blick auf das Titelbild dürfte Einiges verraten, zumindest was Stimmung und Farbgebung betrifft. Düster, jedoch romantisch, technische, aber auch zutiefst historisch. Allem voran steht der poetische Charakter, der sich im Inhalt auf jeder Seite wiederspiegelt. Die erste fulminante Begegnung hat der Leser sofort zu Beginn, da sein Blick von dem wunderschönen Titelbild in die Abgründe des Parisers Untergrund geführt wird. Von nun an ist es relativ schwer den Comic aus der Hand zu legen. Sowohl Zeichner als auch Szenarist haben ihre Arbeitsschritte sehr gut aufeinander abgestimmt, so wird das Panel nämlich genau dann dunkler oder heller, wenn sich die Geschichte dementsprechend entwickelt.

Die Zeichnungen passen sich somit sehr gut an den Verlauf an. Bourgouin versteht sich ganz besonders gut mit Licht und Schatten. Die Lichteinwirkungen sind so enorm, dass das Gefühl wach wird, selbst mit Thomas in einem Raum zu stehen. Dieser Lichtwechsel passt sich nicht nur an Situationen, sondern auch an Orte an. Hier zeigt sich die intensive Recherche, die Gloris und Bourgouin getätigt haben, um das Frankreich der Belle Epoque so grandios umsetzen zu können. Gloris hat viel Arbeit und Nachforschungen betrieben, denn es gibt sehr viele historische Anspielungen auf bestimmte Ereignisse. Besonders gut herausgearbeitet ist auch der Konflikt zwischen sich verändernder Gesellschaft bzw. Wissenschaft und konservativ bleibender Kirche. Dem entsprechend werden übernatürliche Wesen, die in der Geschichte eine große Rolle spielen, eigens interpretiert und nicht mit klischeehaften Überzeugungen in die Handlung eingebunden. Neben Engeln und Leichen erhalten auch einige bekannte Größen eine tragende Rolle, wie beispielsweise Sigmund Freud. In diesem Zusammenhang spielt ein Kapitel in einem Irrenhaus. Erschreckend und anziehend zugleich, da die Impressionen tatsächlich aus alten Irrenhäusern stammen und man in etwa eine Vorstellung davon bekommt, wie solch eine Anstalt vor über 100 Jahren wohl betrieben wurde und ausgesehen hat.

Ehapa hat mit Codex Angelique – Kompendium der Engel ein wirklich ansehnliches Meisterwerk als All in One veröffentlicht, das vom Preis her wirklich gerechtfertigt ist. Wünschenswert wäre ein Bonusteil mit Interviews, Skizzen und zusätzlichen Informationen gewesen, der den Eindruck nochmal gefestigt und ergänzt hätte.


Fazit

Codex Angélique gehört in das Regal eines jeden Kunst – Ästheten. Das Kompendium der Engel zeigt, dass Comics mehr sind, als nur der weit verbreitete Funnystil.


Pro/ Contra

+ Zeichnungen
+ historische Anspielungen und Details
+ Lichteffekte
+ abgerundete Geschichte

-Fehlen eines Bonusteils

Bewertung: alt

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/ Leistung: 4,5/5


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