Das Licht hinter den Wolken (Oliver Plaschka)

Klett-Cotta (April 2013)
Hardcover mit Schutzumschlag
686 Seiten, 24,95 EUR
ISBN:  978-3-608-93916-3

Genre: Fantasy


Klappentext

Die Magie scheint die Welt verlassen zu haben. Ein neuer Kaiser sitzt auf dem Thron und jagt die letzten Überlebenden der alten Völker bis an die Grenzen der Welt. Auch die junge April und der Söldner Janner sind auf der Flucht und treffen dabei auf den uralten Zauberer Sarik ...


Rezension

Aprils Kindheit ist vom Verlust der Mutter und den Aggressionen ihres Vaters geprägt. Einzig die zweite Sonne, die nur sie sehen kann, und die Begegnung mit einem Zauberer geben ihr Hoffnung – und zeichnen ihren Weg auf schicksalshafte Weise vor. Als sie als junge Frau den Mut aufbringt, ihrem tristen Leben zu entkommen, erfährt sie erneut die Bitterkeit des Lebens. Doch der Fealv Janner kommt ihr zu Hilfe: Ein Söldner, der das unrechte Handeln seines Herrn in Frage stellt und damit ein Unglück heraufbeschwört. Als Janner in die Enge getrieben wird, kommt wiederum April ihm zur Hilfe – und obwohl die beiden aus Notwehr handeln, werden sie des Mordes bezichtigt und gejagt. Ihr Weg führt sie allerdings auch ohne die Verfolger durch verschiedenste Länder, denn Janner sucht nach seinem Vater. Und April hat eine Aufgabe zu erfüllen …

Die Geschichte um April und Janner ist eine typische Heldengeschichte, garniert mit Ecken und Kanten. Die beiden machen viele Fehler, tragen jedoch das Herz am rechten Fleck und haben ein Talent dazu, sich aus den ausweglosesten Situationen zu retten. Manchmal haben sie dabei mehr Glück als Verstand und manchmal kommt ihnen auch eine geniale Idee, die mehr oder weniger aufgeht. Ihr Leben ist rau wie das Land, das sie bereisen, doch nicht so hart wie Cassiopeias. Die Senatorentochter musste mit ansehen, wie ihr Vater das Gesicht seines Mörders annahm und hat sich geschworen, jenes magische Wesen zu finden, das ihrer Jugend ein jähes Ende setzte. Sie vermacht ihren geerbten Besitzt einer Kriegerschule, führt ein entbehrungsreiches Leben und stellt sich entschlossen den schweren Prüfungen auf dem Weg zu einer wahren Kriegerin.

Der Zauberer Sarik hingegen findet sich in einer Welt wieder, die ihm fremd ist. Für ein Verbrechen, an das er sich nicht erinnern kann, wurde er mit einem magischen Schlaf bestraft – und nun geweckt, da die Kräfte der anderen Mächtigen allmählich zerfallen sind. Seine Magie ist jedoch noch die gleiche wie vor Jahrhunderten, als er seine Strafe antrat. Er unterstützt April und Janner, schließt sich ihrer Reise jedoch nicht an. Er muss seinen eigenen Weg gehen und sein Gedächtnis wiederfinden. Dabei wirkt er eher jung und keinesfalls uralt, so wie der Klappentext ihn anpreist. Allerdings lebt er tatsächlich schon unvorstellbar lange. All das – Aprils und Janners Reise, Cassiopeias Weg zur Kriegerin und Sariks Suche nach der Wahrheit – steht mit dem Mythos um einen zwei Mal geborenen Gott in Verbindung. Dieser zerbrach sich selbst in viele Teile, die in die ganze Welt zerstreut wurden und danach streben, sich wieder zu einen.

Oliver Plaschka nimmt sich Zeit, seine Charaktere und ihre Beweggründe vorzustellen. Die ersten einhundert Seiten widmen sich Aprils Kindheit und jenen Ereignissen, die jeweils Auslöser für die beschwerliche Reise der Protagonisten waren. Nach einem stimmungsvollen Einstieg wird es dadurch etwas zäh, da die Charaktere wechseln und insbesondere die erste Begegnung mit Sarik recht kryptisch ausfällt. Man muss sich erst einmal in dieser neuen Fantasywelt zurechtfinden, die Namen der Länder und ihre Bewohner kennenlernen, ehe man die verschiedenen Wege nachvollziehen kann. Auch im weiteren Verlauf schleichen sich kleine Längen ein, denn der Autor streut hier und da noch eine Legende ein oder erzählt die Lebensgeschichten diverser Nebencharaktere. Letztlich hängt jede dieser kleinen Geschichten mit der großen Rahmenhandlung zusammen und auch wenn die Spannung durch eine weitere Legende unterbrochen wird, liest man diese meist gerne – denn Oliver Plaschka erzählt diese mit viel Hingabe und verleiht seiner Welt damit eine besondere Tiefe.

Wie zwei riesige Ringe hängen die Landmassen zusammen, die verschiedenste – auch nicht-menschliche – Völker beherbergen. Jede Stadt hat ihren eigenen Charme und das Setting wechselt zwischen mittelalterlichen Dörfern und Städten, die sowohl an die römische Antike als auch an die Renaissance erinnern. Eine vom Autor erstellte Karte hilft zudem, sich in dieser fremdartigen Welt zurechtzufinden und einzuordnen, wo die Charaktere sich gerade befinden. Die Atmosphäre ist dabei stets dicht, ganz gleich, ob man mit April und Janner durch Wälder streift, in Janners Erinnerung überfüllte Hafenstädte besucht oder mit Cassiopeia die Übelkeit auf einem Segelschiff erträgt.

Die Welt in „Das Licht hinter den Wolken“ ist facettenreich und wird vom Autor so lebendig beschrieben,  dass man auch über den etwas unglücklich gewählten Erzählrhythmus hinwegsehen kann. Denn nach mehreren Kapiteln mit April und Janner folgen mehrere Kapitel mit Cassiopeia aufeinander, dazwischen begleitet man den Magier Sarik dutzende Seiten lang. Einerseits ist es schön, schon im nächsten Kapitel zu sehen, wie es mit den jeweiligen Protagonisten weitergeht, doch zu den anderen verliert man während dieser langen Zeit ein wenig den Kontakt. Und man wird leicht ungeduldig, wenn man über einhundert Seiten darauf warten muss, zu erfahren, wie es mit April und Janner weitergeht. Die beiden sind nämlich echte Sympathieträger und bereiten dem Leser humorvolle Lesestunden.

Das Hardcover ist von hervorragender Qualität, wie man es von Klett-Cotta gewohnt ist. Der Schutzumschlag wartet mit rötlich glänzendem Prägedruck auf und ein Lesebändchen rundet die schöne Gestaltung ab. Allerdings ist der Preis auch – wie ebenfalls gewohnt – relativ saftig. Wer nicht so viel ausgeben kann oder will, kann auf eine Taschenbuchausgabe hoffen. Wer schöne Bücher mit tollen Geschichten sammelt und dabei auch gerne tiefer in die Tasche greift, kann das auch hier bedenkenlos tun.


Fazit

„Das Licht hinter den Wolken“ ist hochatmosphärische Fantasy,  die sowohl klassische Elemente als auch frische Ideen bietet. Drei  derbe Helden und ein Zauberer suchen ihren Weg durch schlechte Zeiten und stellen sich der Wahrheit eines uralten Mythos. Oliver Plaschka hat dabei eine komplexe Welt geschaffen, die den Charme verschiedener Zeiten vereint und in der die Phantasie des Lesers lebendig wird. Die schiere Detailfülle führt allerdings auch zu kleinen Längen. Dennoch bleibt „Das Licht hinter den Wolken“ ein gelungener Fantasyroman voller Magie, der mit seinen fremdartigen Ländern und ihren Legenden, aber vor allem mit seinen sympathischen Protagonisten verzaubert.


Pro & Contra

+ komplexe Welt mit spannender Mythologie
+ verschiedenste Völker und ihre Geschichten
+ mutige Protagonisten mit Ecken und Kanten
+ starke Heldinnen
+ herrlich atmosphärisch
+ wunderbarer Schreibstil
+ sehr schöne Hardcoverausgabe
 
- immer wieder kleine Längen
- ungeschickte Blockbildung

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3/5
 

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