Rezensionen im August (2013)

Liebe LeserInnen,

während der Sommer sich schon viel zu sehr vom aufbäumenden Herbst unterbuttern lässt, blickt das Literatopia-Team auf einen durchwachsenen Monat zurück. Wie das Wetter hatte auch die Lese- und Rezensierlust ihre Höhen und Tiefen, woran natürlich die Urlaubszeit nicht ganz unschuldig war und ist. Trotzdem konnten wir auch im August wieder fast vierzig fundierten Buchbesprechungen für euch einstellen, von denen ihr heute nochmals eine kleine, besondere Auswahl präsentiert bekommt. Viel Spaß beim Lesen!



altBelletristik

Andrea Camilleri erzählt in “Ein Samstag unter Freunden“ knapp und ohne jeden Ballast eine Geschichte über sieben Freunde, die in der frühen Kindheit Tod, Missbrauch und Verlust erlebt haben, ihr Trauma verdrängen und die daraus resultierenden Verwüstungen in ihrem Innern geheimhalten. Sie funktionieren im Alltag, aber keiner ist normal, einige sind gefährlich. Camilleri jongliert gekonnt mit den vielen Motiven und Figuren und führt die Geschichte einem konsequenten Finale zu. Ein unkonventioneller, lesenswerter Roman.

“Gib mir deine Seele“ ist ein wunderbarer Einzelroman, der trotz ungewöhnlicher Thematik den einzigartigen Charme von Jeanine Krocks Werken versprüht. Constantin ist dabei ein starker Charakter, der nicht nur die verführerische Pauline, sondern auch den Leser durch diese düstere und anregende Geschichte führt. Kleine Längen trüben den Lesespaß ein wenig – zumindest für ungeduldige Leser. Auch die Phantastik dient nur als Rahmen für einen Roman, in dem die Liebe zur Musik sowie Lust und Vertrauen im Mittelpunkt stehen. Sinnlich, finster, mitreißend!

Fantasy

Fans von Bernhard Hennens Elfen-Saga kommen im zweiten Teil des Drachenelfen-Epos “Die Windgängerin“ sicher auf ihre Kosten. Dicht gepackt und mit wechselreichem Tempo werden die Leser erneut in die Welt von Nandalee und Co. entführt. Im typischen, leicht schwerfälligen Stil schickt Hennen seine Charaktere in individuelle Abenteuer, welche das ein oder andere Mal lebensgefährlich werden.

Das ursprünglich als Trilogie geplante Abenteuer von Flora findet in “Nacht aus Rauch und Nebel“ bereits seinen wunderbar runden Abschluss und kann den Leser trotz der leisen Enttäuschung, dass es keinen dritten Band geben wird, vollends zufrieden zurück lassen. Mechthild Gläser schafft es auch hier wieder, mit einer unheimlich düsteren Atmosphäre, sympathischen Charakteren und einer spannenden Geschichte für kurzweilige Lesestunden zu sorgen. Eine Muss-Dilogie, die jedes Bücherregal und Leserherz bereichert!

altHorror / Mystery

“Das Labyrinth erwacht“ von Rainer Wekwerth ist ein Endzeitmystery für Jugendliche mit spannender Grundidee, jedoch sehr schwacher Umsetzung. Es bleibt die Hoffnung auf eine Steigerung in den Folgebänden.

“Das Buch des Todes“ von Anonymus lebt wie seine Vorgänger von derben Dialogen und einer rasanten Story mit hohem Vernetzungsgrad. Viele Wendungen halten die Geschichte durchweg spannend, wobei Leser mit einem tief schwarzen Humor voll auf ihre Kosten kommen. Der anonyme Autor schreibt Trash, der gleichzeitig hohe Erzählkunst ist: Eine so gut durchdachte Geschichte bekommt man selten geboten – schräg, blutig und ziemlich krank!

Science Fiction

Nach dem eher schwächeren Mittelband startet James Dashner noch einmal richtig durch und legt mit “Die Auserwählten – in der Todeszone“ ein furioses Finale seiner Trilogie vor. Trotz einiger Defizite und auch Erklärungen, von denen nicht alle restlos überzeugen, bekommt der Leser hier Spannung pur und kann sich über ein nachvollziehbares Ende freuen.

Obwohl “Rage Inside“ offiziell den Abschluss der Dilogie darstellen soll, lässt die etwas handlungsärmere, aber nicht weniger rasante Story den Leser ein wenig unbefriedigt zurück. Zwar werden einige Fragen beantwortet und Vermutungen aus dem ersten Band bestätigt, allerdings lässt das offene Ende auch viele neue mögliche Schlüsse zu. Alles deutet darauf hin, dass das Abenteuer von Aries und ihren Freunden noch nicht vorbei ist – und leise Stimmen munkeln, dass Jeyn Roberts bereits fleißig an einer weiteren Fortsetzung schreibt. Sicherlich ein Gerücht, das bei vielen Lesern auf Zustimmung stößt, denn diese überaus düstere Dystopie hat es redlich verdient, sich weiterentwickeln zu dürfen.

altThriller

Wird unsere Welt in ein paar Jahren wirklich so aussehen? Möglich ist es, Leslie Parrish hat in ihrem ersten Fall mit Veronica Sloan - “Die Farbe des Todes“ - ein bedrückendes Szenario geschaffen. Die Nacherlebnisse durch die Augenkamera sind faszinierend und erschütternd, unwillkürlich wird man in eine Atmosphäre gezogen, die man niemals wirklich erleben möchte.

Drei sehr gute Geschichten sorgen in “James Bond - In tödlicher Mission“ für eine weitere Leseempfehlung aus dem Hause Ian Fleming. Daran können auch das schwache Ein Quantum Trost und das mittelprächtige Die Hildebrand-Rarität nichts ändern. Einem weiteren Abtauchen in die Welt der Geheimdienste steht also nichts im Weg.

Comic

Brian Azzarellos und Lee Bermejos “Before Watchmen: Rorschach“ ist schnell, hart, zynisch und brutal und erzählt so viel über Rorschach. Für jeden, der Watchmen gut fand und der nicht darauf besteht, dass nur Alan Moore über sie schreiben kann, sehr gute Comicunterhaltung, die vielleicht öfter als nur einmal gelesen werden wird.

“END – Elisabeth“ von Barbara Canepa und Anna Merli besticht mit dem düsteren Charme klassischer Phantastik und wunderschönen Zeichnungen, die verträumt, beklemmend und unglaublich atmosphärisch daherkommen. Die Hintergründe der Geschichte bleiben leider noch vage; man kann nicht richtig fassen, was mit Elisabeth geschehen ist. Zu gerne würde man schon den zweiten Band in den Händen halten, denn auch wenn mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet werden, verzaubert dieser Comic seine Leser. Trotz kleiner Schönheitsfehler.

altManga

Der dritte Band von “Devils and Realist“ von Utako Yukihiro und Madoka Takadono punktet durch spannende Entwicklungen und das Versprechen auf weitere interessante Geheimnisse. Auch wenn die Zeichnungen etwas nachlässiger geworden sind, hat man noch großen Spaß daran, Williams Reaktionen auf die Dämonen und das Drama um die Wahl des Höllenregenten zu verfolgen.

Der Auftaktband von “Secret Service“ unterhält leider nur mäßig. Mangaka Cocoa Fujiwara verschwendet zu viel Zeit mit den ausufernden Monologen ihrer verwöhnten Protagonistin, während sich der Bodyguard Soshi nahezu pausenlos erniedrigt. Einige stimmungsvolle Ansätze sind jedoch vorhanden – wenn in den nächsten Bänden die phantastischen Elemente zunehmen, könnte aus “Secret Service“ ein netter Mix aus Mystery und Romance werden.

Sachbuch

Mit “Eine kurze Geschichte von alltäglichen Dingen“ erfreut Bill Bryson seine Leser ein weiteres Mal mit einer Unzahl von Fakten und Anekdoten. Dieses Mal rund um das moderne Haus und dessen Wandlung über die letzten Jahrhunderte. Zwar erreicht das Buch nicht ganz das Niveau seines Vorgängers, aber es bleibt immer unterhaltsam und kurzweilig, nur der rote Faden ist nicht immer leicht zu finden.

Sonstiges

Mit “99 und (m)ein Wunsch“ nimmt der Leser ein erstaunlich überzeugendes Debüt von einer sehr jungen Autorin zur Hand und vermag es kaum wieder zur Seite zu legen. Erica Bertelegni kann es, mit dem richtigen Support, sicherlich noch zu Großem in der Literatur bringen, denn das vorhandene Potential ist hier bereits deutlich erkennbar und wirklich gut eingesetzt. Ein verzauberndes Buch und eine Leseempfehlung für Eltern, die gern ein paar Lesestunden mit ihren Kindern verbringen möchten.



Nach und nach kommen nun alle Redakteure wieder aus dem Urlaub zurück, sodass nun wieder ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen ist. Natürlich werden wir euch auch im September mit zahlreichen Rezensionen versorgen – und zum Stöbern zwischendurch lädt weiterhin unsere Rezensions-Übersicht ein.

Einen lese- und sonnenreichen September wünscht euch
euer Literatopia-Team