Tim und Struppi - Kompaktausgabe Bd.1 (Hergé)

Verlag: Carlsen (September 2013)
Hardcover; 208 Seiten; 16,95 €
ISBN-13: 978-3551738998

Genre: Funny/ Abenteuer


Klappentext

Alle Abenteuer von Tim und Struppi in acht Bänden!

Tim im Lande der Sowjets

Im Jahr 1929 erleben Tim und Struppi ihr erstes großes Abenteuer. Sein Beruf führt den Reporter Tim in die Sowjetunion, wo er zwischen Propaganda und Politbüro die haarsträubendsten Dinge erlebt und sich mit den Schergen der kommunistischen Partei anlegt.

Tim im Kongo

Mit einem großen Ozeandampfer haben der Reporter Tim und sein treuer Freund Struppi die weite Reise in den Kongo gemacht. Auf einer Fotosafari erleben sie und ihr Führer Coco zahlreiche aufregende Abenteuer. So muss Tim nicht nur mit einem riesigen Krokodil kämpfen und Struppie aus den klauen eines Gorillas befreien -  er versucht sich auch an einer Missionarschule als Lehrer und rettet seine Schützlinge vor einem gefährlichen Leoparden.


Rezension

1929 zeichnete George Remis alias Hergé für die Kinderbeilage der Tageszeitung Le vingtième Siècle verantwortlich. In dieser Beilage Le petit Viengtième veröffentlichte er unter anderem eine Bildergeschichte die Anklang fand. Schnell war klar, er brauchte einen Nachfolger hierfür. Auf Vorschlag seines Herausgebers baute er die über einen Jungen und seinen Hund aus. Und Tim und Struppi waren geboren. Ihr erstes Abenteuer, ebenfalls auf Anregung des Verlegers Abbé Wallez, sollte sie in die Sowjetunion führen. Als Grundlage diente Hergé hierfür das Buch Moscou sans Voiles – Neuf ans de travail au pays des Soviets von Joseph Douillet, ehemaliger belgischer Konsul in der Sowjetunion. Allerdings galt dieses Buch als sehr zweifelhaft recherchiert und stark antikommunistisch geprägt.
Nach diesem ersten Abenteuer folgte dann Tim im Kongo, das mittlerweile als Nummer 1 der Albenreihe geführt wird. Dies auf Wunsch von Hergé persönlich, der mit Tim Lande der Sowjets nicht zufrieden war und es als „Jugendsünde“ bezeichnete. Nichts destotrotz war dieses erste Tim und Struppi-Abenteuer ebenso die Geburtstunde der ligne Claire, dem, später so genannten, Zeichenstils Hergés. Ein Stil bei dem Gesichter sehr vereinfacht und idealisiert dargestellt werden, aber Hintergründe und Dekor sehr detailreich. Zudem wird auf Schraffierungen, Schattierung und Farbverläufe verzichtet.

Tim im Lande Sowjets

1929 macht sich Tim auf ins Land des Kommunismus, um eine Reportage über die dortigen Verhältnisse zu machen. Doch schon auf dem Weg dorthin wird ein erster Versuch unternommen, ihn aufzuhalten, um zu verhindern, dass er die Wahrheit über die Sowjetunion verbreiten kann. Kaum dort angekommen, entdeckt Tim, was sich wirklich hinter den Türen der glorreichen Revolution abspielt und wie um das Wohl der Bevölkerung bestellt ist und natürlich muss er sich mehrmals seiner Haut erwehren.
Wie schon erwähnt, basiert dieses Abenteuer auf einem von Antikommunismus geprägten Buch, welches die Sowjetunion äußerst einseitig darstellte, was nicht heißen soll, dass alles falsch wäre, aber es ist eben auch durch den Comic spürbar, welche Intention hinter jenem Buch stand. Dementsprechend liest sich Tim im Lande der Sowjets ein bisschen wie westliche Propaganda. Der Verlauf ist noch stark von der wöchentlichen Erscheinungsweise geprägt und eilt deswegen in kurzem Rhythmus von Höhepunkt zu Höhepunkt. Weswegen der Humor auch noch etwas einfacher gehalten ist. Es ist gut nachvollziehbar, warum Hergé diesen Band als „Jugendsünde“ bezeichnete, da er teilweise unreflektiert aus seiner Vorlage übernimmt. Andererseits ist Tim im Lande der Sowjets trotzdem recht unterhaltsam und bietet viele Lacher für den Leser, wenn er sich darauf einlässt. Insgesamt ist die Geschichte nicht der große Wurf, aber es gibt schlechteres.
Bei den Zeichnungen ist ganz klar zu erkennen, dass Hergé noch am Anfang seiner Zeichenkarriere stand. Alles ist sehr einfach und grob gezeichnet, manchmal wirkt es etwas ungelenkt, wobei es ihm aber schon gelingt Dynamik einzubringen und Fahrzeuge sind erstaunlich detailliert. Ebenso kann hier schon ein Teil der Entwicklung Hergés nachvollzogen werden, denn Tim erlangt recht schnell sein grobes späteres Äußeres.
Alles in allem ist Tim im Lande der Sowjets hauptsächlich für Fans und historisch interessierte, weniger für den Gelegenheitsleser, der aber auch unterhalten werden dürfte, wenn auch nicht auf von Hergé gewohnt hohem Niveau.

Tim im Kongo

Nach seiner Reise in die Sowjetunion macht sich Tim gleich auf in sein nächstes Abenteuer. Zusammen mit Struppi reist er nach Afrika in den Kongo. Dabei wird er unter anderem von zwei späteren alten Bekannten am Bahnhof verabschiedet. Im Kongo angekommen, geht er auf Großwildjagd, wird in einer Mission Lehrer, legt einen Stammesstreit bei und legt sich mit einem bekannten Gangsterboss an.
Tim im Kongo ist eins der umstrittenen Alben Hergés. In England und den USA wurde es erst sehr spät veröffentlicht, da Hergé hier der Vorwurf des Rassismus gemacht wurde. Denn die Darstellung der Eingeborenen geschieht aus einer überheblichen Sicht und einem sehr naiven Denken. Daran kann man sich stören, muss man aber nicht. Denn hier ist es nicht böswillig geschehen und auch auf keinen Fall auf böswillige Art und Weise gemeint. Wird dann der zeitliche Hintergrund berücksichtigt in dem Tim im Kongo entstand, relativiert sich dieser Vorwurf sehr schnell. Denn 1930 war über Afrika noch sehr wenig allgemein bekannt und damit waren die Vorstellung davon stark romantisiert. So bleibt vom Rassismusvorwurf, nur noch der Vorwurf der Naivität übrig.
Genau wie in Tim im Lande der Sowjets ist hier auch noch kein richtiger roter Faden zu finden. Tim hangelt sich von Ereignis zu Ereignis. Einzig der immer wieder auftauchende geheimnisvolle Mann, der Tim beseitigen will, ist so etwas wie ein Verbindungsglied zwischen den einzelnen Teilen. Ansonsten sind die Abenteuer einfach und geradlinig erzählt. Der Humor ist nicht mehr ganz so kindlich und somit richtet sich Tim im Kongo schon eher an Erwachsene.
Zeichnerisch ist aber klar ein Unterschied zum Erstlingswerk zu sehen, was einen ganz einfachen Grund hat. Nach dem Erfolg von Tim und Struppi begann Hergé die ersten Alben, mit Ausnahme von Tim im Lande der Sowjets, neu zu zeichnen und sie so den späteren Werken anzugleichen, inhaltliche Verbesserungen vorzunehmen und sich so weniger angreifbar zu machen. Deshalb sieht Tim im Kongo gewohnt gut aus. Hergés Strich ist fast perfekt und seine Zeichnungen tragen all die Markenzeichen die Hergé ausmachen.

Die Kompaktausgabe von Carlsen kommt etwas kleiner daher als die normale Albumausgabe, allerdings ist sie größer als die englische Gesamtausgabe. Dafür bekommt der Käufer aber ein schickes Hardcover und jeweils mehrere Abenteuer zu einem günstigen Preis. Die Zeichnungen leiden unter der Verkleinerung nicht allzu sehr, als das man sie nicht mehr genießen könnte. Puristen werden wahrscheinlich nicht zu greifen, aber allen anderen dürfte diese Kompaktausgabe gelegen kommen, entweder zum Einsteigen oder zum Erinnern.


Fazit

Tim und Struppi-Kompaktausgabe Bd.1 präsentiert die ersten beiden Abenteuer des beliebten Duos. Inhaltlich und zeichnerisch zwar noch nicht auf der Höhe, können sie trotzdem unterhalten und für den Preis kann bedenkenlos zugegriffen werden.


Pro & Contra

+ Fantasie und Humor wissen trotz allem zu gefallen
+ günstiger Preis
+ schönes Hardcover

0 Hergés typischer Zeichenstil entwickelt sich erst noch

- etwas naiv in der Darstellung fremder Kulturen

Bewertung:

Charaktere: 3,5
Zeichnungen: 3/5
Humor: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/ Leistung: 4,5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Hergé:

Rezension zu Die Krabbe mit den goldenen Schere