Maggie Jung (27.07.2014)

Interview mit Maggie Jung

maggie jung 2014Literatopia: Hallo, Maggie! Schön, mit Dir zu sprechen. Stell Dich doch bitte unseren Lesern zuerst in Deinen eigenen Worten vor. Wer bist Du und was schreibst Du?

Maggie Jung: Hallo Judith!  Okay ... here we go ... Ich bin 46 Jahre, habe zwei größere Kinder und war ursprünglich als Erzieherin tätig. Ich habe hauptsächlich mit behinderten Kindern und mit Jugendlichen aus schwierigen sozialen Verhältnissen gearbeitet. Als meine eigenen Kinder da waren, habe ich noch ein Theologie- und Religionspädagogik-Studium drangehängt und mit dem Schreiben begonnen. Es sind von mir bereits einige pädagogische Handreichungen auf dem Markt, die ich für den BVK Verlag erstellt habe sowie einige Kinderlieder, die ich alleine oder zusammen mit Musikern komponiert habe. Die Idee, einen Roman zu schreiben kam mir erstmals vor etwa fünf Jahren ...  

Literatopia: Kürzlich ist bei Oldigor von Dir „Teatime Blues – Ein mörderischer Fall für die Cups“ erschienen. Was erwartet die Leser? Cover und Titel deuten auf einen humorvollen Krimi hin …

Maggie Jung: Ja, richtig. TEATIME BLUES ist seit dem 25. Juni  auf dem Markt. Als All-Ager ist die Story zwar eigentlich auf eine jüngere Klientel ausgerichtet, aber inhaltlich und sprachlich so gestrickt, dass sie Erwachsene genauso begeistert. In der spannenden Geschichte geht es um Vorurteile gegenüber Menschen, die wir aufgrund ihrer Äußerlichkeiten beurteilen – oder besser gesagt: VERurteilen.

Es geht aber auch um Verantwortung gegenüber Menschen, Tieren und der Natur: Der Leser wird im Nebenplot mit diversen Themen konfrontiert, die ihn ganz sicherlich auch zum Nachdenken anregen. Das hört sich jetzt alles sehr ernst an. Aber ich kann versprechen, dass der Spaß nicht verloren geht, im Gegenteil: Die jugendliche Sprache verleiht der Story Tempo, es gibt spritzige Kommentare und Situationskomik. Musik- und vor allem Beatlesfans werden sich riesig freuen, denn die „beste Boygroup der Musikgeschichte“ dient als Basis für die spannende Handlung und so finden sich sehr viele Wortspiele und andere Anspielungen auf die Liverpooler Musiker. Aber keine Sorge! Leser, die die Beatles nicht kennen, sind ganz sicher nicht im Nachteil; sie werden nach dem Buch eher das Gefühl haben, die Jungs endlich kennengelernt zu haben und werden sie (hoffentlich) mögen.

Literatopia: Ohne die Beatles gäbe es „Teatime Blues“ wohl nicht. Was bedeutet Dir die Band? Und hast Du während dem Schreiben Beatles-Songs gehört?

Maggie Jung: Mir bedeuten die Beatles sehr viel, ihre Musik begleitet mich kontinuierlich, seit ich zwölf bin. Makabererweise wurde meine Faszination für die Musiker aber erst so richtig entfacht, nachdem bekannt wurde, dass John Lennon erschossen worden war. Noch heute sehe ich die Bilder vor mir, wie unsere Englischlehrerin die Klasse betritt und verkündet: „John Lennon is dead. Shot. Murdered in New York.“ Es war mucksmäuschenstill in der Klasse. Gut, die meisten werden sich gefragt haben “Who the hell is John Lennon??” Aber meinen Freundinnen und mir fiel die Klappe runter. Der Tag, nein, die nächsten Wochen, Monate ... waren gelaufen. John Lennon war ein Vorbild gewesen und nun war der Rebell und Kämpfer für den Frieden tot. Ausgerechnet er, der immer gegen Gewalt war, wurde selbst ein Opfer von Gewalt. Es war schrecklich!

2003 habe ich Paul McCartney dann erstmals in einem seiner Konzerte erlebt, danach noch weitere zwei Mal ... Beim letzten Mal stand ich zwei Meter vor ihm. Es war sagenhaft!! „Yesterday“ oder auch das heitere „Ob-la-di, Ob-la-da“ bekommen da nochmal eine völlig andere Dimension und man kann es nicht fassen, dass man sich mit dem Typen da vorne in ein und demselben Raum befindet. Wenn man sich dann umdreht, entdeckt man, dass da noch 15.999 weitere Menschen sind, die kreischen und jubeln und denen es ähnlich geht.  :)

Während des Schreibens habe ich natürlich keine Musik gehört, aber zwischendurch immer mal wieder. Zumal Bruchstücke aus den Songtexten mit einfließen, denn Piet – einer der Protagonisten – klimpert des Öfteren einen Beatles-Song und singt dazu. Natürlich sind seine Songs nicht willkürlich gewählt, sondern die Textauszüge passen dann jeweils auch wie die berühmte „Faust aufs Auge“ ...  Das gehört zu den kleinen Anspielungen, von denen ich eben sprach, über die vor allem der Beatles-Kenner schmunzeln wird. Außerdem spielen die Titel der Beatles-Songs noch in anderer Hinsicht eine nicht weniger beachtliche Rolle ... aber das muss der Leser jetzt wirklich selbst entdecken!

teatime bluesLiteratopia: „Teatime Blues“ ist für Leser ab 10 Jahren geeignet. Was muss man als Autor beachten, wenn man für ein jüngeres Publikum schreibt? Wie gelingt es Dir, Dich in die Welt der Jugendlichen hineinzuversetzen?

Maggie Jung: Ich habe gemerkt, dass es nicht leicht ist, ausgerechnet einen Roman für eine jüngere Klientel zu schreiben. Es erinnerte mich an unseren Kinderarzt, der sich in einem Zeitungsinterview  einmal dazu geäußert hat, dass die Leute immer denken, Kindermedizin sei ja bloß ein weniger umfangreichereres Studium als die eigentliche Allgemeinmedizin. Er erklärte dann, dass genau das Gegenteil der Fall sei: Kindermedizin sei viel, viel aufwendiger, denn man könne z.B. nicht die Medikamente oder die Dosen, die für Erwachsene gelten, auf Kinder übertagen.

So ähnlich ist es beim Schreiben eines Romans für Jüngere: Die Story ist temporeicher, meist actiongeladener, besitzt eine Jugendsprache und so weiter. Aufgrund meiner langjährigen Berufserfahrung fiel es mir aber nicht sonderlich schwer, mich in die Welt der Jugendlichen hineinzuversetzen. Außerdem werde ich ja auch tagtäglich zu Hause mit Themen konfrontiert, die die jungen Leute beschäftigen. :)

Wichtig ist, dabei genau zuzuhören: Um was geht es bei ihren Unterhaltungen? Was sind ihre Sorgen und Ängste? Über was machen sie sich Gedanken? Meist sind das Dinge, an die die Erwachsenen keine einzige Minute „verschwenden“ – leider! Als Schreiber einer Geschichte für Jugendliche muss man wieder naiv werden – und das meine ich nicht negativ! Man muss sich immer wieder vor Augen führen: Was ist der erste Gedanke, der einem Kind oder Jugendlichen zu einer bestimmten Sacheoder Situation in den Kopf schießt? Das fällt uns Erwachsenen schwer, weil wir meist dazu neigen, unsere Gedanken zu kontrollieren und alles gleich in Schubladen einzuordnen.

Literatopia: Auf Deiner Homepage teilst Du in der Rubrik „Zoom in“ ganz persönliche Dinge über Deine Protagonisten und Dich selbst mit. Was können die Leser dort erfahren?

Maggie Jung: Das „Zoom in“ ist eine ganz tolle Sache, wie ich finde. Die Leser von TEATIME BLUES haben hier die Möglichkeit, die Protagonisten, die Schauplätze der Handlung usw. kennenzulernen und erfahren – hin und wieder – natürlich auch interessante Dinge über die Autorin :)

Auf meiner Homepage www.maggie-jung.de  gibt’s dazu mittlerweile Einiges, aber dazu möchte ich an dieser Stelle weiter nichts verraten. Ich lade alle Leser ein, meine Homepage zu besuchen, unter dem Menüpunkt  „Zoom in“ reinzuschauen und sich ran zu zoomen ;-)

So viel sei an dieser Stelle aber dann doch verrraten: Es gibt auch bereit s jede Menge Fotos ...

Literatopia: „Teatime Blues“ ist (nach mehreren pädagogischen Büchern) Dein erster Jugendroman. Wie war es, als Du die gedruckte Ausgabe erstmals in den Händen gehalten hast? Und konntest den Verlag sofort von Deiner Idee überzeugen oder ging der Veröffentlichung eine längere Suche voraus?

Maggie Jung: Das war ganz fantastisch!!! Ich kam abends nach Hause, nach einem langen, anstrengenden Tag, an dem ich auch bereits viele wunderbare Sachen erlebt hatte. Ich war aufgekratzt, aber gleichzeitg physisch wie mental völlig am Ende! Und dann sah ich diesen Karton im Wohnzimmer stehen. Es war wie Weihnachten! Ich habe es regelrecht zelebriert, mein „Baby“ von einem Wust an Papier und Luftpolsterfolie zu befreien, um es anschließend in den Händen zu halten.

Bis sich Autor und Verlag gefunden haben, vergeht natürlich einige Zeit. Vorausgesetzt, sie „vergeht“ überhaupt!!  ;-) Denn viele Schreiber finden keinen Verlag oder landen dann letzten Endes bei so genannten Druckkostenzuschuss“verlagen“, die einem Autor meist horrende Summen abverlangen, bevor das Manuskript überhaupt einer Druckwalze begegnet, und die in der Buchbranche auch – zu recht – verpönt sind.

Nicht jedes gute Manuskript wird also entdeckt, und ganz sicherlich spielen Mut, Ausdauer und das viel zitierte „Quäntchen Glück“ eine große Rolle. Ich habe einen guten Verlag gefunden und er hat mich gefunden. Ich weiß, was das bedeutet und bin sehr dankbar!

Literatopia: Du hast Theologie und Religionspädagogik studiert und bereits als Erzieherin mit behinderten und nicht behinderten Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Inwiefern fließen diese Erfahrungen in „Teatime Blues“ mit ein?

Maggie Jung: Ich habe Einiges erlebt und gesehen während meiner Berufstätigkeit: Ich war in Wohnungen, die kaum wie Wohnungen aussahen und in denen Bedingungen herrschten, von denen ich vorher geglaubt hatte, so etwas findet sich mitten in Deutschland nicht. Ich hatte mit Jugendämtern zu tun, habe Kinder zu Gerichtsterminen begleitet, Elterngespräche geführt, Jugendliche erlebt, die in ihrem Leben keinen Sinn mehr sehen konnten ... Es passiert viel hinter verschlossenen Türen, wovon wir keine Ahnung haben. In TEATIME BLUES ist genau das ein großes Thema und Einiges, das ich während meiner pädagogischen Arbeit erlebt habe, fließt sicherlich mit ein. Möglich, dass die/der eine oder andere erwachsene Leser denkt: „So ein Quatsch, das gibt’s in Deutschland doch gar nicht, soweit kann es in unserem Land doch gar nicht kommen ...“ – Doch! So etwas gibt es! Mitten in Deutschland!

Literatopia: Hattest Du für „Teatime Blues“ junge Testleser zur Verfügung?

Maggie Jung: Ja, meine Kinder haben immer wieder reingelesen und auch hier und da kritisiert. Die Endfassung aber lesen auch sie erst jetzt, als „fertiges“ Taschenbuch. :)

Literatopia: Im Spätsommer und Herbst stehen ein paar Termine an, unter anderem auch eine Lesung auf der Frankfurter Buchmesse. Glaubst Du, Du hast im Messetrubel eine Chance, Dein junges Publikum zu bändigen? Hast Du bereits Erfahrungen mit Lesungen gemacht?

Maggie Jung: Die erste große Lesung steht im August an, bei der mich zwei Musiker begleiten werden, was eine wirklich tolle Sache ist!! Das Publikum wird aus geladenen Gästen bestehen, darunter Freunde, Bekannte, halt Menschen, die ich mag  und die mir – hoffentlich – Mut machen ;-) Denn: nein, ich habe bisher noch keine Erfahrungen mit eigenen Lesungen sammeln können. Auf die Frankfurter Buchmesse freue ich mich natürlich und hoffe auf einige junge wie junggebliebene Zuhörer, die gebannt an meinen Lippen hängen :)

Literatopia: Wann hast Du eigentlich mit dem Schreiben begonnen? Und wann das erste Mal an eine Veröffentlichung gedacht?

Maggie Jung: Ich habe als Kind schon Zeitungen kreiert mit spannenden und unterhaltsamen „Artikeln“, die ich mir ausgedacht habe.  Jede dieser Zeitungen war natürlich ein Unikat :) und meine Abnehmer waren Familienmitglieder und Verwandte. Auch das eine oder andere Gedicht ist schon früh entstanden und wurde von mir illustriert. Seit 2007 bin ich für den BVK kreativ, der Lern- und Lehrmaterialien für Vorschule, Grundschule, Sekundarstufe I und II heruasgibt und großen Wert auf Praxiserfahrung der Autoren legt. Stundenplanungen, die in der Praxis nicht funktionieren, können nicht als Handreichung dienen. Es ist wie bei einem Kochbuch, dessen Rezepte „nur“ am Schreibtisch entstanden sind und die folglich oft überhaupt nicht harmonieren, geschweige denn, dass die Resultate schmecken ;-)

Literatopia: Was wird uns in Zukunft von Dir erwarten? Arbeitest Du gerade an einem neuen Roman? Und kannst Du uns schon etwas darüber verraten?

Maggie Jung: Als nächstes werde ich zwei musikalischen bzw. musikpädagogischen Projekten Vorzug gewähren. Dazu kann ich an dieser Stelle aber leider nicht mehr verraten.

Literatopia: Herzlichen Dank für das schöne Interview!

Maggie Jung: Ich habe zu danken und würde mich freuen, wenn ich den einen oder anderen Leser neugierig gemacht habe auf TEATIME BLUES :)


Autorenfoto: Copyright by Paulina Jung

Autorenhomepage: www.maggie-jung.de


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia.de geführt. Alle Rechte vorbehalten.