Schwerkraft (Hal Clement)

Clement H-Schwerkraft

Heyne Verlag, 1. Auflage, Juni 2014
Taschenbuch, 784 Seiten
OT: Mission of Gravity, Close to Critical und Starlight
aus dem Amerikanischen von Wolf H. Bergner und Horst Pukallus
€ 9,99 [D] | € 10,30 [A] | CHF 14,90 *
ISBN-13: 978-3-453-31582-2

Genre: Science Fiction


Klappentext

Stellen Sie sich eine Welt vor, auf der die Schwerkraft an den Polen nahezu siebenhundertmal so stark ist wie auf der Erde. Eine Welt, auf der winzige Höhenunterschiede gähnenden Abgründen gleichen. Eine Welt, auf der dennoch intelligentes Leben existiert. Der Planet Mesklin ist so eine Welt, und einer der Bewohner, der Forscher Barlennan, macht sich auf den Weg zum Äquator, um dort ein unerhörtes Ereignis zu untersuchen: Ein Raumschiff der Erde ist auf Mesklin gelandet …
Mit wissenschaftlichem Anhang von Uwe Neuhold.


Der Autor

Hal Clement, eigentlich Harry Clement Stubbs, wurde 1922 in Somerville, Massachusetts geboren und studierte Chemie und Astronomie an den Universitäten Boston und Harvard. Seit den 1940er Jahren schrieb er Science Fiction unter dem Pseudonym Hal Clement. Seine Romane "Die Nadelsuche" und "Schwerkraft" gehören zu den Klassikern des Genres. Hal Clement starb 2003.


Rezension

Schwerkraft enthält drei Romane eines Zyklus: Unternehmen Schwerkraft, Botschafter von den Sternen und Stützpunkt auf Dhrawn …

Unternehmen Schwerkraft erzählt die Geschichte einer abenteuerlichen Reise auf dem Planeten Mesklin - einem Planeten, in der die Schwerkraft an den Polen das Siebenhundertfache der Erde erreichen kann. Eine Sonde der Menschen mit teurer Technik ist an einem dieser Pole verschollen, und da die Menschen sie aufgrund der Bedingungen nicht bergen können, wird eine Gruppe Einheimischer um Hilfe gebeten. Die Gruppe um den Händler Barlennan beschließt einen Handel mit den Menschen. Zusammen machen sie sich auf die Reise über die Oberfläche eines unwirklichen Planeten mit Methanstürmen und Wesen, wie man sie so noch nicht gesehen hat …

In Botschafter von den Sternen schicken die Menschen eine mobile Einheit auf den Titan, auf der Suche nach neuem intelligenten Leben, das ihnen hilft, den Planeten zu untersuchen. Zusammen mit 10 Ureinwohnern, die sie aus Eiern ausbrüten, soll der Plan in die Tat umgesetzt werden. Dann kommt es zu einer Katastrophe. In der Raumstation geschieht ein Unfall und ein kleineres Raumschiff mit zwei Kindern an Bord, eines menschlich, eines außerirdisch, müssen auf dem Planeten notlanden. Ein Suche gegen die Zeit beginnt.

Stützpunkt auf Dhrawn spielt Jahre später. Die Meskliniten aus Teil eins sind zu Freunden der Menschen geworden. Mit der menschlichen Technik ausgerüstet begeben sich die intelligenten Gliedertiere auf einen neuen Planeten, um unter widrigsten Bedingungen erste Proben zu entnehmen.

Clements Zyklus Schwerkraft gehört zum Genre Hard Science Fiction. Das bedeutet, dass der wissenschaftliche Teil nicht in den Hintergrund tritt, sondern neben der Geschichte ein Schwerpunkt der Erzählung einnimmt. Während in anderen Sagen technische Fortschritte wie der „Warp Antrieb“ akzeptiert werden müssen, erklärt Clement die wissenschaftlichen Hintergründe seiner Fiction sehr ausführlich. Zusammen mit den Menschen erlebt man diese neuen Planeten mit ihren ungewöhnlichen Eigenschaften, sei es Regen aus Methan oder eine Schwerkraft von 800g. Ausgehend von diesen Bedingungen erdenkt sich Clement eine mögliche Flora und Fauna, entwickelt Wetterszenarien und kreiert mögliche intelligente Lebensformen. Es ist ein Gedankenexperiment, in dem Geschichte und Physik die Hauptakteure sind. Dies ist zugleich Schwäche wie auch Stärke, denn dem einen Leser gefällt es sicherlich, den wissenschaftlichen Erklärungen zu folgen, andere schrecken eher davor zurück und fühlen sich schlimmstenfalls sogar aus der Geschichte gerissen, denn Clement fordert ausführliche Physikkenntnisse ab.

So basiert der Lesespaß eher an der Entdeckung dieser Welten und ihrer Eigenschaften als an einer gut erzählten spannenden Geschichte. Clements Stil ist zwar flüssig, aber recht trocken und ausführlich, vor allem wenn es um die Beschreibungen von Landschaften und geographischen Gegebenheiten geht. Action und Spannung kommen etwas zu kurz. Auch interessante Wendungen bleiben zumeist aus.Hier merkt man den Wissenschaftler Clement und so ist es ratsam, wenn man alles verstehen möchte, vorneweg den wissenschaftlichen Anhang von Uwe Neuhold zu lesen, um das alte Schulwissen wieder aufzufrischen oder gänzlihce neue Einblicke in generelle Vorgänge der Physik, Gravitation und Astrophysik zu erhalten.

Der Schwerkraft-Zyklus ist keine Unterhaltungsliteratur. Stattdessen geht es um Exploration, Erstkontakt und Völkerverständnis. So trifft man im ersten Teil auf eine abenteuerlustige Crew an Meskliniten, die ihre Welt auf der Suche nach interessanten Gütern zum Handeln bereisen. Zusammen mit den Menschen versuchen die vielfüßigen Assel-ähnlichen Wesen eine abgestürzte Sonde zu bergen und lernen im Zuge dieses Unterfangens einiges über die menschliche Technik. Obwohl jede der drei Geschichten abgeschlossen ist, freut man sich, die quirligen Figuren im dritten Teil wiederzusehen, in dem Clement die Charaktere aus den ersten beiden Teilen zusammenführt. Die Charakterentwicklung bleibt dabei durchgehend ausbalanciert. Charakterisiert wird nahezu ausschließlich über Dialog und Handlung. Zwar kommen einige Figuren etwas kurz, aber die Protagonisten handeln nachvollziehbar, die Dialoge sind ausgewogen, wenn teilweise auch sehr wissenschaftslastig, wenn die Menschen den Außerirdischen mal wieder die Physik ihrer Welt oder bestimmte Geräte erklären.

Natürlich ist es fraglich, inwieweit außerirdische Lebensformen Gefühle und Gefühlsregungen wie die unseren entwickeln, so wie von Clement in allen drei Teilen des Zyklus angenommen. Es ist aber ein gutes Mittel der Identifizierung, so dass man hinter dem alienhaftem Äußeren schnell Charaktere entdeckt, mit denen man mitfühlen kann. Zudem gibt Clement den Außerirdischen interessante Eingenheiten mit, die zum Teil auf unterschiedlichen Kulturen oder aber eben auf den planetarischen Begebenheiten beruhen. So haben die Meskliniten aus den Regionen mit hoher Schwerkraft zum Beispiel Angst vor geringen Höhen, da bei hoher Schwerkraft ein Sturz bereits tödlich ist. Andere Kulturen haben ihre Siedlungen einer ungewöhnlichen Struktur unterworfen, um sich vor Raubtieren zu schützen. In Gebieten mit geringer Schwerkraft gibt es Völker, die erste Fluggeräte entwickelt haben und über Speere von oben jagen usw. Die Vielfalt, die sich Clement hier ausgedacht hat, ist erstaunlich.


Fazit

Als Hard Science Fiction ist Schwerkraft sicherlich nicht für jedermann geeignet. Der dreiteilige Zyklus erzählt Geschichten von anderen Planeten, die die Menschen aufgrund interessanter physikalischer Eigenschaften untersuchen möchten. Hal Clement beschreibt diese Planeten und ihre Lebewesen, legt dabei aber großes Gewicht auf die naturwissenschaftlichen Erklärungen dahinter und erklärt so Wetterverhältnisse, geographische Besonderheiten oder physikalische Vorgänge. Dies und der leicht angetrocknete Stil trüben den Lesespaß der Geschichte. Interessante Unterhaltung auf hohem Niveau.


Pro/Contra

+ interessantes Gedankenspiel
+ vielfältige Flora und Fauna
+ gut durchdachte Figuren

o teilweise zu wissenschaftlich
o Stil ist recht trocken

- Spannung und Geschichte leiden unter wissenschaftlichen Erklärungen

Bewertung: sterne3.5

Charaktere: 4/5
Handlung: 3,5/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 4/5

Tags: SF-Klassiker, Hard SF