Vampire zum Frühstück und Dinner

"Alishas Lit-Talk"

Vampire zum Frühstück und Dinner

In meiner Kolumne soll es natürlich um alle Seiten der Literaturbranche gehen, auch um alle Genres – aber da ich die düstere Phantastik sehr schätze, wird mein Schwerpunkt darauf liegen. U.a. auch auf der Vampirliteratur.
In den letzten Jahren wird der deutsche Buchmarkt mit Romance-Vamp-Literatur überschwemmt – vorrangig von Autoren jenseits des großen Teiches.
Leider inflationär und nicht wohl dosiert, so dass sich unter den LeserInnen immer mehr eine Übersättigung breitmacht und die Rufe wieder nach den klassischen Vampirthemen lauter werden und sich mehren – zu Recht.
So werde auch ich, immer mal wieder, von einigen internationalen Vampirserien oder -titeln berichten, aber doch bevorzugt Projekte dieser Art von deutschen Autoren vorstellen und durchleuchten.

Meinen ersten „Schlenker“ will ich ins Mira-Taschenbuch-Verlagshaus machen und dort zu den ersten beiden Bänden der BROKEN HEART-Vampirserie.
Die US-Autorin und Schafferin dieser Serie Michele Bardsley denkt sich fiktionale Welten aus, weil die Realität manchmal einfach keinen Spaß macht. So die Kunde.
Das mag auch der Anstoß zu den Vampiren in BROKEN HEART gewesen sein – und die machen eindeutig Spaß.
Zeit die ersten beiden Paare, dieser erfolgsversprechenden Saga einmal vorzustellen.

Michele Bardsley
Vampire zum Frühstück
I’m the Vampire, that’s why, USA, 2006
Mira-Taschenbuch, Hamburg, Juli 2008
Fantasy-Romance, 350 Seiten- 7,95 EUR
ISBN: 9783899414899/
Aus dem Amerikanischen von Maike Walter
Titelillustration von HARIBO
Titelgestaltung von pecher und soiron, Köln
http://www.mira-taschenbuch.de

In Band 1 „Vampire zum Frühstück“ haben Jessica Matthews & Patrick O’Halloran ihren Auftritt.

Jessica Anne Matthews stellt abends anstelle ihres Sohnes Bryan, dessen Aufgabe das eigentlich ist, die Mülltonne an den Straßenrand und wird von einem haarigen Wesen überfallen, das an ihrem Hals herumschlürft, haucht ihr sterbliches Leben aus ....
... und kommt blutsaugend am Oberschenkel eines höchst attraktiven, nackten Mannes mit einer beeindruckenden Erektion wieder zu sich – als waschechte Vampirin versteht sich.
Jessica, die seit achtzehn Monaten keinen Sex mehr gehabt hat (Schreck lass nach), verspürt natürlich beim Anblick des mächtigen Freudenspenders sofort Lust auf einen ordentlichen „Ritt“ mit Patrick O’Halloran, so der Name des Pierce Brosnan-ähnlichen Prachtvampirs mit „silbernen“ Augen, mit dem sie es fortan zu tun bekommt.
Und schon ist man mittendrin in der turbulenten Lebensgeschichte der Neu-Vampirin und der Romanze mit ihrem untoten Liebsten und nehmen die munteren Verquickungen der preisgekrönten US-Autorin Michele Bardsley ihren Lauf.

Jessica trägt den Ring einer Vorfahrin, dessen erstaunlich Bedeutung ihr durch Patrick erklärt wird, denn laut. einer Prophezeiung zeichnet dieser Ring sie zu seiner Seelenverwandten aus – und tatsächlich: von der ersten Sekunde an ist etwas Besonderes zwischen ihr und Patrick, über das erotische Knistern hinaus.
Doch Jessica muss sich erst einmal in die Gepflogenheiten des Vampirdaseins einleben und sich an ihr etwas verändertes (besseres) Äußere, die neuen körperlichen Kräfte und ihre gestärkten Sinne gewöhnen. Als Lorcan, das Wesen, das sie an der Mülltonne überfallen hatte, vermeintlich ihre Kinder angreift, geht sie dazwischen und stellt fest, dass Lorcan keinen gefährlichen Eindruck auf sie erweckt – mehr noch er entschuldigt sich bei ihr für das, was er ihr angetan hat. Was Jessica verwirrt ist die Tatsache, dass er die gleichen silbernen Augen wie Patrick hat. Und natürlich zwei Frage aufwirft: Was hat das zu bedeuten? In welcher Verbindung stehen die beiden?

Jessica fühlt sich – so abrupt aus ihrem Leben gerissen – einsam und hadert damit, dass sie von ihren Kindern entfernt ist, da sie jetzt nur noch nachts existieren kann. So befürchtet sie, dass ihre Kinder, die eh schon den Vater verloren haben (ihr untreuer Mann war zu Tode gekommen) nun auch ohne ihre Mutter aufwachsen und in fremde Obhut gegeben werden müssen.
Sie erfährt auch einiges über Patrick und seinen Zwillingsbruder Lorcan, der an einem Virus erkrankt ist, der bewusst bei den Vampiren eingeschleust worden ist und ihn zu dem Wesen verändert hat, das er nun ist.

In der Sporthalle einer Schule von Broken Heart, der Stadt in der Jessica lebt, findet eine Versammlung der Vampire statt und Jessica merkt, wie viele Untote sich schon in der Stadt „tummeln“, und dass sie nicht die Einzige ist, die zur Vampirin wurde. Sie sieht einige Bekannte wieder – wie Linda Beauchamp, eine zickige Nevernsäge. Aber besonders eine, die Jessica erst recht nicht mehr sehen will: Charlene Mason, die ihr den Ehemann ausgespannt und sogar mit ihm ein Kind gezeugt hatte. Ausgerechnet Charlene hat Patrick auch mit seinem Blut versorgt und steht daher ebenso unter seinem Schutz wie Jessica, ist somit schon wieder ihre Rivalin. Doch dieses Mal will sich Jessica ihr gegenüber beweisen, auch da sie merkt, was ihr Patrick schon nach so kurzer Zeit bedeutet. Und da läuft die weibliche Protagonistin dieses Romans zu Höchstform auf, was so manche Leserin, mit hämischer Freude erfüllen wird.

Jessica erfährt von dem vampirischen „Konsortium zur Förderung der Beziehung von Menschen und Nichtmenschen“, und dass Patrick fast 4000 Jahre alt, vor Christi Geburt geboren wurde.
Er lehrt Jessica einiges über Vampire, ihre Dasein und die einzelnen Vampirfamilien und deren Rangordnung. Und er gibt ihr zwei goldene Schwerter, die von seiner Großmutter mit einem Sidhe-Zauber gefertigt wurden. Jessica fühlt sich sofort magisch von ihnen angezogen.
Sie hört von Patrick auch, dass der Ring, den sie trägt, ehemals sein Ehering war. Seine Frau Dairine wurde getötet und Patrick zum Vampir verwandelt – nach und nach rollt sich vor Jessica die ganze Geschichte, die seiner Herkunft, seiner Vergangenheit und die des Rings ab.
Doch wie passt da Jessica ins Bild – bzw deren Vorfahrin, von der sie den Ring erhalten hat?

Michele Bardsley greift nun voll in die mystische Trickkiste. Patrick erzählt Jessica von dem Buch „Die Legende der Sieben Ahnen - Ruadan der Erste“, das von Lorcan geschrieben wurde und das von Ruadan, dem Zauberkrieger und Sohn der keltischen Göttin Brigid und des Kriegerprinzen Bress handelt. Dessen Frau Aine gebar ihm die Zwillinge Padraig (Patrick, der anknabberungswürdige Vamp dieses Bandes) und Lorcan. Ruadan und seine beiden Brüder kamen zu Tode, doch Brigid holte ihn mittels eines Becher Blutes ins Leben zurück – als Vampir. Doch damit nicht genug – auch Ruadans Söhne wurden durch unglückselige Verkettungen zu Untoten.

So erfährt der Leser auf locker-flüssige und teils sehr humorige Weise erste Einblicke in Patricks Geschichte...
... und wird Beobachter von Jessicas und Patricks Liebesgeschichte.
Doch bevor sich diese richtig entfalten und andere Probleme angegangen werden können, müssen die Liebenden erst Lorcan finden, der sich immer noch versteckt hält – wohl um nicht noch mehr Unheil anzurichten.

Da Broken Heart ohnehin immer weniger Bewohner hatte, weil viele wegzogen, hat das Konsortium beschlossen dort eine Sicherheitszone für Paranormale zu schaffen und kaufte nach und nach die Immmobilien der Kleinstadt auf, um somit dort eine Gemeinschaft von Nichtmenschen zu schaffen.
Wie bezeichnend: Aus BROKEN HEART wird somit eine Stadt der Untoten und Wesen der Nacht.
Jessica spricht nun auch offen mit ihren beiden Kindern darüber, dass sie eine Vampirin ist. Erst reagieren diese naturgegeben verstört und ablehnend, dann aber kommen sie immer besser mit ihrem neuen „Familienleben“ und auch mir Patrick, als eine Art Stiefvater in spe, zurecht.

Natürlich beinhaltet der Band noch viel mehr: seien es Darrius und Drake, zwei Lykanthropen-Zwillinge, Morrigan, die Krähenkönigin, Formoren (die in der irischen Mythologie ja ebenfalls eine Rolle spielen) Todesfälle und Liebesbeziehungen – doch allem voran die Geschichte von Jessica und Patrick, die ihren Beginn nimmt. Sehr witzig hierbei sind die telepathischen Dialoge zwischen den beiden Liebenden!
Doch da lauern natürlich auch Gefahren. So zum Beispiel von Ron (Ragnvaldt, 3000 Jahre) und seinen Wraights (gegnerische Vampire, die eine neue Weltordnung schaffen wollen) – aber auch privat, denn Nara Colleen MacKenzie, eine attraktive Vampirin, hat es auf Patrick abgesehen, mit dem sie – wie sie Jessica bewusst deutlich vor Augen führt –, eine sehr intime Vergangenheit verbindet. Patrick verbannte Nara aber – nach und nach wird Jessica gewahr, dass ihre Rivalin nicht das zu sein scheint, was sie vorgibt zu sein, ebenso ihre frühere „Ehe“ mit Patrick.
Dann wird Jessica von Ron und seinem Gefolge entführt und soll einen Kampf vor den Wraights ausfechten – ausgerechnet gegen Nara, die das Konsortium verraten hat. Doch es kommt anders ...

Somit bietet sich den Leserinnen ein wunderbar humorvoller und leichtflüssiger Vampirroman, der als Auftaktband einer Reihe/Serie perfekt die Anta- und Protagonisten einführt und Lust und Spannung auf die Folgebände weckt und etablierten Serien wie „Black Dagger“ locker das Wasser reichen kann.


Ein Vampir zum Dinner
Don’t Talk Back To Your Vampire, Signet Eclipse, USA, 2007,
Mira-Taschenbuch, Hamburg, 01/2009
Fantasy-Romance, ISBN: 9783899415636 / 300/ 7,95
Aus dem Amerikanischen von Gisela Schmitt
Titelillustration von pecher und soiron, Köln
Titelgestaltung von pecher und soiron, Köln

In Band 2 „Ein Vampir zum Dinner“ geht es nun um das zweite Paar: Evangeline Louise LeRoy & Lorcan O’Halloran (Patricks Zwillingsbruder).

Der Prolog bietet einen Rückblick auf Band 1 „Vampire zum Frühstück“ und schon ist der Leser wieder mitten im Geschehen von BROKEN HEART, der Gemeinde für paranormale Wesen und der Geschichte der Vampirzwillinge Patrick und Lorcan O’Halloran.

Dieser Band behandelt im Gros die Geschichte von Lorcan. Aus der Perspektive von Evangeline Louise LeRoy (Eva) erzählt.
Lorcan, der 4000 Jahre alte Druide, der Eva zur Vampirin machte und seither ihrgegenüber mit seinen Schuldgefühlen kämpft.
Eva (Freundin von Jessica, die mit Patrick den Bund eingegangen ist) hat ständig einen Traum von einem Turm, mit einem großen Himmelbett, in dem ein mächtiger Wolf ruht, der ihr die Kehle zerbeißt – und eine goldene Rose ist der Schlüssel dazu.

Eva bleibt von Lorcans erotischer Ausstrahlung nicht unberührt, als er sie aufsucht. Doch er verhält sich ihr gegenüber zurückhaltend – schenkt ihr jedoch, bevor er sich von ihr verabschiedet eine Brosche: eine goldene Rose.
Doch Eva denkt, dank seines Verhaltens, dass er für sie unerreichbar bleiben wird.
Mit Hilfe von Jessica wandelt sie sich von einer eher unscheinbaren Vogelscheuche zu einer sexy Frau.
Immer noch geht ihr Lorcan im Kopf herum, dessen Ausstrahlung sie nicht los lässt – und als Charlie, einer ihrer (Blut)Spender, als sie von ihm trinkt, sexuell auf sie reagiert – taucht Lorcan wieder auf, verachwindet aber ebenso schnell wieder.

Als Eva aber nachts im Wald von drei Lykanern angegriffen wird, eilt Lorcan ihr erneut zu Hilfe und bringt sie aus der Gefahrenzone (er kann als Mitglied der Ruadan-Familie fliegen). Er hält deutlich Abstand zu Eva, trotzdem sie ihn herausfordert um ihn aus der Reserve zu locken. Er fühlt sich ihr gegenüber immer noch schuldig, ist ernst und in sich gekehrt. Denoch herrscht zwischen beiden eine starke Anziehungskraft.

Eva kann seit ihrer Wandlung mit Tieren kommunizieren. Sie bringt „Faustus“, einer der Lykanen-Mischlinge, auf die sie zuvor im Wald gestoßen war, zu Patrick und Jessica. Dort nimmt sie mit Faustus mentalen Kontakt auf – und sieht, was er früher war: ein römischer Centurio, den man gegen seinen Willen in ein Tier verwandelt hat. .

Lorcan bringt Eva nach Hause und sie kommen sich endlich etwas näher (küssen sich). Doch danach finden sie Tamara, Evas Tochter, leblos in ihrem Zimmer vor, mit einem Jungen (15 J.), der zwei Messer in Händen hält. Er ist Durriken, ein Roma-Kämpfer (Vampirjäger). Doch das Konsortium hat mit den Roma ein Abkommen, dass sie von ihnen nicht gejagt werden, daher ist sein Auftauchen für Lorcan und Eva erst schleierhaft, bis sich herausstellt, dass er auf der Jagd nach der Vampirin Nefertiti ist. Sie war es auch die Tamara angefallen hat.
Nefertiti war im zweiten Weltkrieg verantwortlich für die Entführung, Folter und Ermordung hunderter Roma.

Das Konsortium siedelt Eva aus ihrem Haus aus, weil es außerhalb der Sicherheitszone liegt, und schafft auch die Bibliothek, die sie geleitet hat, in ein neues Gebäude – dort soll sie mit Lorcan zusammenarbeiten.
Eva wird vom Konsortium als Tiermedium (sie ist sozusagen eine „Werwolf-Flüsterin“) gebraucht und soll darüber hinaus die neue Lehrerin von Broken Heart werden. Alles scheint sich immer mehr zu fügen, die neue Gesellschaft der Gemeinde – da wird Eva unter mentalem Zwang mit dem Kontaminus-Virus infiziert (den auch Lorcan hatte - Bd.1). Ist das ihr Todesurteil? Und wenn ja, was wird dann aus Tamara?

Die Romanhandlung ist durchwirkt von Auszügen aus „Der Prinz und die Jungfrau“, den Lorcan verfasst – natürlich mit Parallelen zur Geschichte um ihn und Eva.
Ihre Geschichte macht den Hauptplot des Bandes aus, aber auch die anderen Charaktere erhalten immer mehr Tiefe. Broken Heart wird mehr und mehr eine Gemeinde interessanter Wesen, die dem Leser immer vertrauter werden.

„Ein Vampir zum Dinner“ ist so verfasst, dass man ihn unabhängig von seinem Vorgänger lesen kann, doch damit nähme man sich viel Leservergnügen, denn beide Bände unterhalten vortrefflich. Die Autorin versteht es meisterhaft eine ausgewogene Mixtur aus Romantik, Mystery und Humor zu verfassen. Ausgewogener als manch andere Romance Fantasy. Dennoch dürfte die Zielgruppe der Bücher eindeutig weiblich sein. Was kein Nachteil ist.
Wer auf leichte, aber nicht flache, auf humorige, aber nicht kalauerige, auf romantische, aber nicht schmalzige Weise unterhalten werden will, ist hier an der richtigen Adresse.

Im Anschluss an die Romanhandlung gibt es in beiden Bänden ein Glossar, das einige Begrifflichkeiten für den Leser festhält und somit das BROKEN HEART-Universum verständlicher macht. Es wird somit immer dichter – aus diesem Grund war es mir ein Anliegen, es den Lesern näherzubringen.

Die Aufmachung der Titel sind ohne Fehl und Tadel: handliches Format, gute Papierqualität, angenehmer Satz, moderne Covermotive, der Preis marktüblich – das passt!

Michele Bardsley lebt mit ihrem Ehemann, zwei Kindern und drei verwöhnten Katzen in Tulsa, Oklahoma.

Soviel also zu den Vampiren, die zum Frühstück und Dinner bitten und gebeten werden.
Im nächsten Beitrag werde ich den ersten Kleinverlag durchleuchten, der Romance-Vampirekost aus deutschen „Federn“ anbietet – unterschiedlichster Natur.

Alisha Bionda, September 2009