Ghost in the Shell - Stand Alone Complex (Gesamtausgabe Staffel 1)

stand alone complex

Ghost in the Shell – Stand Alone Complex (Gesamtausgabe Staffel 1)
Originaltitel: Kōkaku Kidōtai: Stand Alone Complex
Regie: Kenji Kamiyama
Format und Sprache: Dolby, PAL, Surround Sound, DTS-HDMA 5.1 Japanisch,  DTS-HDMA 5.1 Deutsch
Daten: nipponart (Juni 2015), circa 650 Minuten, 26 Episoden, UVP 79,95 EUR, FSK 16, EAN: 4280000698605

Genre: Science Fiction / Cyberpunk / Thriller


Rezension

Im Jahr 2030 hat sich das Leben durch den technischen Fortschritt dramatisch verändert. Inzwischen ist es möglich, sein Gehirn mit einer extrem leistungsfähigen Computereinheit, genannt „Cyberbrain“, aufzurüsten. Dadurch kann man sich überall superschnell mit dem Netz verbinden und mit anderen Cyberbrain-Usern telepathisch kommunizieren. Doch diese Technik eröffnet Kriminellen ganz neue Möglichkeiten: Sie können sich in die Gehirne von Regierungsmitgliedern hacken und diese steuern oder auch Androiden zweckentfremden, um Straftaten zu begehen. Erinnerungen können manipuliert und gelöscht werden – und man kann sogar jemanden töten, indem man sein Cyberbrain mit einem Virus infiziert.

Sektion 9 hat sich den Kampf gegen Cyberkriminalität und -terrorismus verschworen. Viele Mitglieder der Spezialeinheit sind sogenannte Cyborgs, sprich Menschen, deren Körper ganz oder teilweise aus kybernetischen Implantaten besteht.  Die technischen Verbesserungen ermöglichen es, sich direkt mit (in dieser Zukunftsvision oftmals intelligenten) Maschinen und anderen Cyberbrains zu verbinden oder auch aus irrsinnigen Höhen zu springen, was die Verfolgungsjagden in dieser Serie zu einem wahren Spektakel macht. Zusätzlich werfen die Modifikationen auch Fragen bei den Charakteren auf, zum Beispiel, wie menschlich sie noch sind. Ähnlich wie die Kinofilme beschäftigt sich „Stand Alone Complex“ mit philosophischen Fragen: Wie definiert sich Bewusstsein und Identität? Ab wann wird eine Maschine zu einem Lebewesen? Und ist alles erlaubt, nur weil es technisch möglich ist?

Während die Kinofilme einen durchaus künstlerischen Aspekt hatten und eine sehr dichte, bedrückende Atmosphäre schufen, ist „Stand Alone Complex“ mehr auf Unterhaltung für Actionfreunde ausgelegt. Rasante Verfolgungsjagden, raffinierte Hackerangriffe und grausame Straftaten wechseln sich mit humorvollem Geplänkel und nachdenklich stimmenden Einblicken in die zukünftige Gesellschaft ab. Bei den Einsätzen von Sektion 9 kommen oftmals als Tachikoma bezeichnete multifunktionale Kleinpanzer zum Einsatz, die große Geschütze auffahren können, aber nach Feierabend auch beschäftigt werden wollen (zum Beispiel mit Brettspielen und Geschichten). Nach jeder Episode gibt es zudem einen kleinen Cartoon über den Alltag der Tachikomas – witzig gemeinte Einlagen, die aufgrund der schrillen Stimmen der Tachikoma ziemlich nervig ausfallen.

Charaktere und Aufbau

„Stand Alone Complex“ ist kein Nachfolger der „Ghost in the Shell“-Filme. Vielmehr handelt es sich um eine alternative Version der Geschichte von Sektion 9, allerdings soll die Serie zeitlich zwischen den beiden Kinofilmen spielen. Viele Figuren erkennt man auf Anhieb wieder, auch wenn sich manche optisch verändert haben. So sind die Haare von Major Kusanagi violett und heller als in den Filmen, zudem erscheint ihr Körperbau weiblicher und aufreizender – was wohl vor allem die männlichen Fans ansprechen soll (als weiblicher Fan zuckt man da nur mit den Schultern und wundert sich, dass Kusanagi in ihrem knappen Body nicht friert, während die Herren alle längere und dickere Kleidung tragen). Leider hat sie sich nicht nur optisch verändert. Es fällt anfangs schwer, diese Figur mit der Kusanagi aus den Filmen in Einklang zu bringen, dazu wirkt sie zu oberflächlich. Erst später in der Serie entwickelt sie sich zu einem Charakter mit Tiefgang. Die Männer aus Sektion 9 machen es einem da leichter und zeigen offen, was sie wütend macht oder nachdenklich stimmt.

Die meisten Episoden der Serie sind in sich inhaltlich abgeschlossen („stand alone“ Episoden) und bieten thematisch viel Abwechslung. Es werden verschiedenste Aspekte der dystopischen Zukunft beleuchtet und nebenbei Ereignisse aus der Vergangenheit der Charaktere aufgearbeitet – besonders interessant ist die Entwicklung von Batou. Innerhalb der 26 Folgen der ersten Staffel gibt es zudem 12 „complex“ Episoden, die den mysteriösen Fall des Laughing Man aufarbeiten und über die Serie verteilt wurden. Im Booklet wird übrigens aufgeführt, welche Episoden zu dieser großen Story gehören – es ist allerdings interessanter, sich überraschen zu lassen, wann der Laughing Man wieder auftritt. Der Fall verlangt Sektion 9 einiges ab und vermag inhaltlich mehr zu fesseln als die „stand alone“ Episoden.

Animationen und Synchronisation

Optisch ist „Stand Alone Complex“ einerseits beeindruckend und andererseits enttäuschend. Die Serie arbeitet mit recht klassischen Zeichnungen, die bei der Gestaltung der Figuren stark an die frühen 90er erinnern. Die Hintergründe machen einiges her, auch wenn sie es nicht mit den Kinofilmen (die älter sind und ebenfalls von Production I.G. produziert wurden) aufnehmen können. Die futuristische Stadt wurde mit allerhand Details ausgestattet, die die Zukunftsvision lebendig werden lassen. Auch der Einsatz zukünftiger Technologien wird überzeugend dargestellt, insbesondere Szenen im Netz oder das Eindringen in ein Cyberbrain. Interessant sind auch die verschiedenartigen Formen von Cyborg-Körpern, von denen nicht alle menschlich aussehen. „Stand Alone Complex“ wartet mit vielen originellen Details auf, die zeichnerisch gut umgesetzt wurden.  

Leider wirken die Charaktere dagegen lieblos gezeichnet und schlecht animiert. Vor allem wenn sie sprechen, kommen die Figuren recht steif rüber. Eigentlich klappen sie meist nur den Mund auf und zu, während sich der Gesichtsausdruck kaum verändert. Die Serie verwendet zudem viele Standbilder, vor allem bei Dialogen, in der eine Szene zwar aus verschiedenen Blickwinkeln gezeigt wird, aber keinerlei Dynamik entfaltet. Was der Serie jedoch vor allem fehlt, sind die ruhigen Sequenzen, die nur von melancholischer Musik untermalt die Tristesse der Zukunft zeigen und dem Zuschauer Raum für eigene Gedanken lassen.

Die deutsche Synchronisation ist insgesamt sehr gut gelungen, was vor allem den qualifizierten Sprechern zu verdanken ist. Bei Kusanagi, Batou, Togusa und Ishikawa wird man die Stimmen aus Stargate SG-1 (und diversen Animes) wiedererkennen, wobei diese jeweils perfektzu den Charakteren passen. Auch die anderen Sprecher machen einen guten Job und holen das Beste aus den steifen Lippenbewegungen heraus. Einzig über die sehr schrillen Stimmen der Tachikoma wundert man sich.

Deutsche Blu-ray-Ausgabe

„Stand Alone Complex“ ist in Deutschland erstmals auf Blu-ray erhältlich und wartet entsprechend mit einer tollen Bildqualität auf. Man sieht zwar, dass es sich um einen Remaster handelt, doch die Serie sieht auf einem Flatscreen sehr gut aus. Einzig bei Kamerafahrten kommt es manchmal zu kleinen Rucklern. Der DTS-Sound kommt schön voluminös daher, allerdings gibt es ein kleines Manko (welches fast schon ein allgemeines Problem bei heutigen Serien und Filmen ist): Die Lautstärke der Dialoge weicht stark von der Lautstärke der Musik und Geräusche ab. Wenn man die Figuren gerade so gut versteht, fällt man bei der nächsten Kampfszene fast von der Couch, so laut dröhnt es plötzlich aus den Lautsprechern. Die Gestaltung des Menüs ist sehr übersichtlich und fügt sich gut in den Stil der Serie ein. Neben den einzelnen Folgen gibt es einige Extras, wovon vor allem die Interviews mit den Machern interessant sind.

Die BD-Ausgabe kommt mit einer mit Artworks verzierten und stabilen Digibox daher, in der die vier Disks vor Kratzern perfekt geschützt sind. Das ganze steckt nochmals in einem schicken Hochglanz-Pappschuber. Dazu gibt es ein Booklet, das wirklich interessante Informationen über Masamune Shirow, den Schöpfer von „Ghost in the Shell“ bietet. Zudem geht der Text von Jonathan Clements, Coautor der „Anime Enzyclopedia“, auf wichtige Aspekte der Serie ein. Eine gelungene Ergänzung zu einer rundum gelungenen Wiederveröffentlichung.


Fazit

„Stand Alone Complex“ ist ein rasanter Cyberthriller, der dem Zuschauer  eine gute Mischung aus cooler Action und einer nachdenklich stimmenden Zukunftsvision bietet. Die technischen Möglichkeiten eröffnen eine völlig neue Art zu leben – und eine völlig neue Art der Kriminalität. Eine tolle Ergänzung des „Ghost in the Shell“-Universums, allerdings kann die Serie weder optisch noch inhaltlich den herausragenden Filmen das Wasser reichen. Dazu ist sie zu sehr auf Unterhaltung ausgelegt. 3,5 Sterne für die Serie und 4,5 Sterne für die Blu-ray-Veröffentlichung.


Pro & Contra

+ tolle Ergänzung des „Ghost in the Shell“-Universums
+ rasanter Cyberthriller mit Tiefgang
+ sympathische Charaktere mit Ecken und Kanten
+ Konflikte mit Zukunftstechnologien
+ Fragen nach Identität und Menschlichkeit
+ toll gezeichnete Hintergründe
+ spannende Story um den „Laughing Man“
+ gelungene Ausstattung der Blu-ray-Ausgabe

o stärker als die Filme auf Unterhaltung ausgelegt

- relativ schlecht animierte Figuren
- insgesamt zu viele „stand alone“ Episoden
- nervige Stimmen der Tachikoma
- Dialoge im Vergleich oftmals zu leise

Wertung: sterne3.5

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Animationen: 3/5
Preis/Leistung: 3,5/5

Blu-ray-Ausgabe: 4,5/5

Tags: Cyberpunk