Mind Reader (Patrick Lee)

Verlag: rororo (September 2014)
Taschenbuch: 432 Seiten, € 9,99
Sprache: Deutsch
Originaltitel:Runner
ISBN-13 978-3499268021

Genre: Science-Fiction


Klappentext

Rachel, zwölf Jahre, Staatsfeind Nr. 1
Dem Veteranen Sam Dryden läuft beim Joggen ein Mädchen über den Weg. Rachel ist auf der Flucht. Doch warum jagen bewaffnete Soldaten eine Zwölfjährige? Schnell wird Sam klar: Rachel ist kein normales Kind. Sie kann Gedanken lesen. Seit ihrer Geburt wurde sie gefangen gehalten; das weiß sie noch, alle anderen Erinnerungen sind ausgelöscht. Sam beschließt, ihr zu helfen. Die Zahl der Verfolger steigt. Allmählich kehrt Rachels Gedächtnis zurück. Und Sam muss sich irgendwann eingestehen, dass das scheinbar so hilflose Mädchen über viel gefährlichere Gaben verfügt als die des Gedankenlesens …


 Rezension

Auf seiner nächtlichen Joggingrunde stolpert der Ex-Militär Sam Dryden über ein junges Mädchen, das offenbar auf der Flucht ist und ihn um Hilfe bittet. Eine Zwölfjährige, gejagt von einem Trupp bewaffneter Agenten? Sam nimmt sich der Sache an und muss feststellen, dass die kleine Rachel, die aus einem geheimen Labor fliehen konnte, über außergewöhnliche Gaben verfügt - und dass offenbar nicht nur eine Interessengruppe alles dransetzt, sie zu töten. Während Rachels Gedächtnis allmählich zurückkehrt, beginnt für die beiden ein mehr als abenteuerlicher Wettlauf, nicht nur gegen die Zeit ...

Der Inhalt klingt soweit sehr spannend und interessant für jeden Thrillerfreund, auch wenn sich bei näherem Hinsehen der Gedanke nach Dutzendware aufdrängt. Völlig frei von Klischees und Stereotypen ist das Buch tatsächlich nicht, jedoch machen viele positive Punkte dieses Manko wieder wett.
Der in diesem Genre so gerne und häufig bemühte Ex-Elite-Soldat mit den tollen Fähigkeiten mag einem zwar einiges Zähneknirschen bescheren, doch Sam Dryden ist sympathisch, verfügt über Tiefgang und ohne ihn wäre die ganze Story so nicht möglich gewesen. Auch die anderen Hauptcharaktere werden wie Sam allmählich aufgebaut und entwickeln sich stimmig zu plastischen Persönlichkeiten, was der Story viel Lebendigkeit verleiht.
Dass den Leser ein Plot im Stil von ‚Ein Guter gegen eine überwältigend erscheinende Verschwörung der Bösen‘ erwartet, ist bereits aus dem Klappentext ersichtlich. Man muss so etwas mögen, aber man weiß auch, worauf man sich einlässt. Um so erfreulicher präsentieren sich dann die diversen wirklich überraschenden Wendungen, bei denen nach und nach klar wird, dass nichts und niemand das sein muss, was er oder es zu sein schien. Besonders bei den Charakteren bereitet es viel Lesespaß, wenn man nicht genau weiß, ob der vermeintlich Gute nicht vielleicht doch ein Böser ist - und umgekehrt.

Klar, schnörkellos und routiniert liest sich Patrick Lees Schreibstil, mit dem er seine Leser auf eine wahre Achterbahnfahrt an rasanter Action und atemloser Spannung schickt. Dabei hat man stets den Eindruck, dass der Grundgedanke gar nicht so weit hergeholt ist und durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Gerade diese Grundidee kommt leider etwas zu kurz, sie hätte noch weiter ausgebaut werden und damit dem Plot mehr Tiefe verleihen können. Möglicherweise ist genau das aber auch gar nicht beabsichtigt gewesen; trotzdem schade, hier wurde Potenzial verschenkt!

Von einigen kleinen Logikbrüchen (wer geht beispielsweise schon mitten in der Nacht zum Joggen und nimmt dabei seine Brieftasche mit allen Kreditkarten und Ausweispapieren mit?) abgesehen ist der Plot in sich stimmig und gut zu verfolgen. Etwas weniger Schwarzweißmalerei wäre im Lauf der Handlungsentwicklung angenehm gewesen, aber auch das ist wohl ein Punkt, der zu dieser Art von Unterhaltungslektüre einfach mit dazugehört. Man braucht auch kein Science-Fiction Fan zu sein, um die Story zu mögen, denn obwohl das Grundthema im Zukunftsbereich angesiedelt ist, kommt dieser darüber hinaus kaum zum Tragen. Das Buch ist demnach eher bei den Actionthrillern als unter der Science-Fiction Literatur einzuordnen.


 Fazit

‚Mind Reader‘ von Patrick Lee ist ein Thriller, der unterhalten möchte - nicht mehr und nicht weniger. Es mag vielleicht nicht Lees bestes Werk sein, doch Freunde des Genres, die nicht die allerhöchsten Ansprüche stellen, kommen hier voll auf ihre Kosten. Wer einen weiteren Kampf ‚die Guten gegen die Bösen,‘ eingebettet in spannend erzählte, rasante Action mag, wobei das Hauptgewicht auf Thriller und nur sehr wenig auf Science-Fiction liegt, kann hier zugreifen.


Pro & Kontra

+ routinierter, spannender Schreibstil
+ hohes Spannungsniveau wird kontinuierlich gehalten
+ temporeich und ohne Schnörkel erzählt
+ überraschende Wendungen
+ guter Figurenaufbau

o viel Action

- kommt nicht ohne Klischees aus
- einige Logiklöcher
- Grundidee wäre noch weiter ausbaufähig gewesen
- Schwarzweißmalerei
- Schurke zu stereotyp

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4/5