Jeaniene Frost (deutsche Übersetzung - 03.10.2009)

Interview mit Jeaniene Frost

Literatopia: Hallo Jeaniene, danke, dass du dir die Zeit nimmst, ein paar Fragen zu beantworten. Erzähl uns doch ein bisschen über dich: Wer bist du und welche Art von Büchern schreibst du?

Jeaniene Frost: Danke, dass ihr mich interviewt. Ich bin Verfasserin urbaner Fantasyliebesromane, was eigentlich bedeutet, dass meine Bücher weder ganz in den Bereich Fantasy noch wirklich zu den Liebesromanen passen. Ich schreibe die Night Huntress Serie mit der Halbvampirin Cat Crawfield als Heldin und ihrem Liebhaber Bones, einem Vampir. Ich bin begeisterte Leserin und Vampirfan, seit ich ein Kind bin, also ist es für mich ein Traum, der wahr geworden ist, dass ich über Vampire schreiben kann (und auch über Ghule, Geister, und Magie!).

Literatopia: Bekannt wurdest du durch dein Debüt Blutrote Küsse, Beginn einer ganzen Serie. Kannst du uns mit eigenen Worten einen Abriss der Serie geben? Was erwartet deine Leser?

Jeaniene Frost: In der Night Huntress Serie geht es um Catherine, „Cat“ Crawfield, einer Halbvampirin, die Vampire jagt. Cat wurde zu dem Glauben erzogen, dass alles Untote böse ist, und sie hat auch ein ernstes Problem damit, sich wegen ihrer gemischten Herkunft selbst zu akzeptieren. Bones ist der Meistervampir, den Cat versucht, zu töten, der es schlussendlich aber schafft, Cat zu überreden, stattdessen seine Partnerin zu werden. Im Laufe des ersten Romans – und der Serie – muss Cat erkennen, dass das Meiste von dem, was sie über Vampire geglaubt hat, falsch ist. Auch ihre Beziehung zu Bones wandelt sich von Feindseligkeit und Misstrauen zu Leidenschaft und Liebe. Aber das bedeutet nicht, dass damit alles in Cats Welt gut ist. Es gibt immer noch viele Furcht erregende Vampire und andere Kreaturen, die durch die Nacht spuken, und Cat ist eine der Wenigen, die stark genug ist, es mit ihnen aufzunehmen.

Literatopia: Als du Blutrote Küsse geschrieben hast, war es von Anfang an als Beginn einer Serie geplant, oder hat sich das erst später entwickelt?

Jeaniene Frost: Das ist interessant, weil ich Blutrote Küsse mit der Absicht begonnen habe, nur ein Buch zu schreiben. Die ursprüngliche Idee für die Geschichte kam mir in einem Traum, in dem eine Halbvampirin mit einem Vollvampir darüber diskutiert, dass sie vor Jahren keine andere Wahl hatte, als ihn zu verlassen. Der Traum war faszinierend genug, dass ich eine Geschichte über diese beiden Figuren und ihre Vergangenheit schreiben wollte. Als ich den ersten Roman fast fertig hatte, wurde mir natürlich klar, dass die Geschichte der beiden über ein einzelnes Buch weit hinaus geht. Die Auseinandersetzung, die ich im Traum gesehen habe, passiert dann auch erst im zweiten Buch der Reihe, und selbst als ich das geschrieben hatte, war ich mit der Geschichte auch nur halb fertig.

Literatopia: Wie viele Bücher wird es in der Serie noch geben? Hast du schon eine klare Vorstellung vom Ende oder arbeitest du dich Schritt für Schritt darauf zu?

Jeaniene Frost: Ich habe einen Vertrag für insgesamt sieben Cat und Bones Bücher unterschrieben und ich rechne damit, ihre Geschichte mit Buch Nummer sieben abzuschließen (vielleicht auch Nummer acht, wenn ich nicht alles, was ich noch tun möchte, in nur drei weiteren Büchern unterbringen kann). Aber: Ja, ich weiß, wie ich die Serie beenden will und jedes Buch bringt meine Figuren ein bisschen näher zu diesem beschlossenen Ende.

Literatopia: Als dein erstes Buch bei den Lesern so gut ankam, begann man, dich als „Shootingstar“ der Dark Fantasy zu bezeichnen. Was denkst du über diesen Titel? Fühlst du dich geehrt oder ist dir eine solche Bezeichnung unangenehm?

Jeaniene Frost: Es ist sehr schmeichelhaft, als Shootingstar von etwas angesehen zu werden, aber mich amüsiert der Dark Fantasy Titel ein bisschen. In Amerika werden meine Bücher hauptsächlich zu den Liebesromanen ins Verkaufsregal gestellt. Genrezuteilungen werden aber mehr von den Buchgeschäften und den Verlegern vorgenommen, als von mir. Meine Bücher vereinen viele Elemente: Liebesgeschichte, Fantasy, Action, Gewalt, Humor und Sex. Das klingt fast, als würden meine Bücher an einer Identitätskrise leiden, aber für mich sind all diese Elemente wichtig, um eine Geschichte ordentlich erzählen zu können. Wie sie später dann klassifiziert werden, beschließen andere Leute als ich, aber ich fühle mich geehrt, dass den Lesern die Bücher offenbar gefallen.


Über "Kuss der Nacht"

Literatopia: Im Juli 2009 ist das zweite Buch der Night Huntress Serie auf Deutsch erschienen. Würdest du Lesern des ersten Buches verraten, worum es im zweiten Buch geht?

Jeaniene Frost: Das zweite Buch beginnt vier Jahre nach den Ereignissen des ersten Buches. Cat hat ihre Position als Anführerin einer geheimen Abteilung von Soldaten der Regierung, die Vampire und Ghule aufspürt, gefestigt, ist aber immer noch gebrochenen Herzens wegen Bones. Als Cat einen Vampir mit Verbindungen zu Bones Vergangenheit befreit, anstatt ihn zu töten, setzt das eine Kettenreaktion von Ereignissen in Gang, die Cat zum Ziel von Mordanschlägen werden lassen – und Bones ist der Einzige, der ihr helfen kann.

Literatopia: Der Grundkern des Buches – die Erschaffung eines neuen Teams – lässt die Fortsetzung als eine Art Lückenfüller erscheinen. Siehst du den zweiten Band ähnlich, oder ist er mit voller Absicht weniger spektakulär ausgefallen als Blutrote Küsse?

Jeaniene Frost: Als Autorin ist es immer mein Ziel, jedes neue Buch besser als das vorhergegangene zu machen und dabei mit jedem Folgeband ein bisschen mehr über die Figuren und ihre Welt zu offenbaren. Wie ich schon in einer Antwort erwähnt habe, waren die Ereignisse in Kuss der Nacht die eigentliche Inspiration für die Geschichte, aus der dann Blutrote Küsse geworden ist, also habe ich Kuss der Nacht ganz und gar nicht als Lückenfüller geschrieben.


Über "Gefährtin der Dämmerung"

Literatopia: In Gefährtin der Dämmerung fliegt die Tarnung von Cat und Bones auf. Können wir uns also von diesem Buch mehr Spannung erhoffen, als vom letzten?

Jeaniene Frost: Ja, in diesem Buch fliegt Cat und Bones' Tarnung auf, aber das ist nur der Anfang ihrer Probleme. Dieses Buch zu schreiben war ziemlich heftig. Ich glaube, meine Leser werden wohl einen der actionreichsten Bände der bisherigen Serie vorfinden.

Literatopia: Im Klappentext wird verraten, dass sich Cat in diesem dritten Buch mit ihrem vampirischem Erbe auseinandersetzen und sich Bones seiner Vergangenheit stellen muss. Kannst du uns noch ein bisschen mehr über den Inhalt verraten?

Jeaniene Frost: Zusätzlich dazu, dass Cats Tarnung auffliegt, kommt eine Frau aus Bones' Vergangenheit ins Spiel, die wild entschlossen ist, ihn umzubringen. Sie verwendet jeden, der ihm nahe steht, dazu, ihn zu verletzen oder aus der Reserve zu locken. Nachdem er ein paar Mal nur mit knapper Not davon gekommen ist, erkennt Bones, dass es einen Verräter in ihrer Mitte geben muss. Was sie nicht wissen, ist, ob der Verräter einer der Vampire ist, denen Bones vertraut, oder jemand, dem Cat nahe steht. Stellt euch darauf ein, in diesem Roman mehr von der Welt der Vampire zu sehen und auch Schwarze Magie als Waffe.


Ein Bücherleben

Literatopia: Wann und warum hast du eigentlich mit dem Schreiben begonnen? Hast du schon als Kind kurze Geschichten geschrieben oder hast du diese Leidenschaft erst später für dich entdeckt?

Jeaniene Frost: Als Kind und Jugendliche habe ich Gedichte und Kurzgeschichten geschrieben. Ich wollte schon immer einen Roman schreiben, dachte aber, dass mir dazu das nötige Können und die Zeit fehlen. Schließlich habe ich kurz vor meinem dreißigsten Geburtstag erkannt, dass ich, wenn ich meinem Traum davon, Autorin zu sein, nicht sofort nachginge, es nie tun würde. Ungefähr zur gleichen Zeit hatte ich diesen Traum über die Halbvampirin und den Vollvampir. Dann habe ich mich hingesetzt und Blutrote Küsse in unter vier Monaten geschrieben, obwohl ich gleichzeitig Vollzeit gearbeitet habe.

Literatopia: Was genau zieht dich am Genre Dark Fantasy so an? Ist es die Verbindung von Realität und phantastischen Elementen oder etwas ganz Anderes?

Jeaniene Frost: Das Übersinnliche hat mich schon immer fasziniert und ich bin seit meiner Kindheit ein Fan von Horrorfilmen. Viele Horrorfilme haben übernatürliche Elemente und viele spielen auch in der realen Welt, wo die meisten Menschen die Monster nicht bemerken, die unter ihnen leben. Der Gedanke, dass es mehr gibt, als wir wissen, war schon immer verlockend für mich. Meine Faszination für den „was wäre wenn..?“-Faktor hat mich wohl am meisten dahingehend beeinflusst, über das Übersinnliche in einer realistischen Umgebung zu schreiben.

Literatopia: Neben deinen Romanen hast du bereits bei mehreren paranormalen Anthologien mitgemacht. Wie bist du dazu gekommen? Macht es dir Spaß, da mitzuarbeiten? Kannst du uns eine der Anthologien besonders empfehlen?

Jeaniene Frost: Ich wurde da, bis auf einmal, immer von einem Herausgeber dazu eingeladen, bei einer Anthologie mitzuarbeiten. Das eine Mal, wo das nicht so war, haben ein paar Freunde und ich gefunden, dass es lustig wäre, zusammen in einem Buch zu sein. Also haben wir die Idee für unsre Anthologie einem Herausgeber zukommen lassen und sie hat ihm gut genug gefallen, dass er sie aufgenommen hat. Ich schreibe gern Kurzgeschichten für Anthologien. Das gibt mir die Möglichkeit, Handlungsstränge von Nebenfiguren der Night Huntress Welt zu vertiefen und mein Schreiben zu variieren, indem ich aus der Sicht anderer Personen schreibe.

Zur Anthologie, die ich meinen Lesern empfehlen würde: Ich bin besonders stolz auf die UNBOUND Anthologie, das ist die, die ich mit meinen Freunden geplant habe. Andere Autoren in der UNBOUND Anthologie sind, neben mir, Kim Harrison, Melissa Marr, Vicki Pettersson und Jocelynn Drake, also könnt ihr euch denken, warum ich so begeistert davon bin.

Literatopia: Was ist mit Lesungen – machen sie dir Spaß oder bist du immer noch zu nervös, um sie wirklich zu genießen?

Jeaniene Frost: Ich habe Glück gehabt und Lesungen bisher vermeiden können. Es macht mir Spaß, bei Diskussionen und Workshops zu sprechen und ich versuche, bei jeder Convention, auf die ich gehe, an einigen Teil zu nehmen, aber Lesungen sind einfach nicht meine Stärke.

Literatopia: Du liest neben Romanen auch gerne Gedichte. Schreibst du auch selbst Gedichte – vielleicht welche, die auf deinen Geschichten basieren? Oder sind sie ein Gegengewicht zu den Themen, die du in deinen Romanen behandelst?

Jeaniene Frost: Ich schreibe tatsächlich Gedichte, aber die haben mit den Themen meiner Bücher nichts zu tun. Nichts mit einem übernatürlichen oder gar düsteren Einschlag. Ich habe auch gar nicht vor zu versuchen, diese Gedichte zu veröffentlichen. Das ist für mich nur eine weitere Art, mich schreiberisch auszudrücken, aber eine private, keine öffentliche.

Literatopia: Liest du selbst Vampirgeschichten oder reicht es dir, sie zu schreiben?

Jeaniene Frost: Ich liebe Vampirromane! Ich habe auch sicher noch kein Stadium der Übersättigung erreicht, auch wenn ich selbst über Vampire schreibe. Einige meiner Lieblingsautoren sind Charlaine Harris, Sherrilyn Kenyon, Adrian Phoenix, Lara Adrian, Jeri Smith Ready, Yasmine Galenorn, Kresley Cole und Colleen Gleason.

Literatopia: Du gehst gerne auf alten Friedhöfen spazieren. Was genau zieht dich dorthin? Kommen dir dort Ideen für neue Geschichten oder beruhigen dich diese Spaziergänge eher?

Jeaniene Frost: Die Spaziergänge beruhigen mich hauptsächlich. Friedhöfe sind meistens schöne Orte, sehr ruhig, und auf vielen gibt es wunderschöne Skulpturen. Historische Friedhöfe oder Soldatenfriedhöfe sind außerdem wie Freiluftmuseen. Und manchmal lese ich auf einem Grabstein eine Inschrift, die mich inspiriert. Manchmal werden faszinierende, kleine Geschichten über Leute auf ihren Grabsteinen oder ihren Gruften hinterlassen.

Literatopia: Gibt es eine Interviewfrage, auf die du seit Jahren sehnlich wartest, die dir aber noch nie gestellt wurde? Wenn ja, wie lautet sie und was ist deine Antwort?

Jeaniene Frost: Nein, ich habe keine brennenden, unausgesprochenen Fragen zu beantworten. Ich finde, ihr wart sehr gründlich!

Literatopia: Danke für das Interview!

Jeaniene Frost: Vielen Dank, dass ihr mich interviewt! Ich bin euch und euren Lesern sehr dankbar, dass ihr euch Zeit dafür genommen habt, mit mir zu plaudern.


Leserfragen

Frage: Kuss der Nacht war erstaunlich optimistisch ausgelegt. Behältst du diese Grundstimmung für die Folgeromane bei?

Jeaniene Frost: Jedes Buch hat seinen eigenen Grundtenor, je nachdem, wie die Handlung und die Umstände die Figuren beeinflussen. Manche Bücher sind heller, andere düsterer, manche romantischer, und manche actionbezogener. Ich ziele nicht auf eine bestimmte Atmosphäre ab, wenn ich ein Buch beginne. Ich versuche einfach, die Geschichte so gut wie ich kann zu erzählen und das bedeutet, dass die Atmosphäre jedes Mal anders sein wird, je nachdem, woraus die Handlungselemente des Buches bestehen.

Frage: Bones' Lebensgeschichte wäre bestimmt einen eigenen Roman wert. Können wir etwas erwarten, oder planst du diesen Inhalt „nur“ in deiner Serie zu erzählen?

Jeaniene Frost: Ich habe schon oft mit der Idee gespielt, einen Roman über Bones zu schreiben, in dem ich sein Leben als Mensch zeige und wie er ein Meistervampir geworden ist. Im Moment muss ich aber bis Ende nächsten Jahres einige Deadlines einhalten, also habe ich nicht die Zeit, sowas zu schreiben. Ich bin aber schon einmal dazu gekommen, eine Kurzgeschichte über Bones schreiben. Sie heißt Reckoning und ist in der UNBOUND Anthologie, die ich vorher erwähnt habe. Reckoning zeigt Bones auf der Jagd in New Orleans, etwa fünf Monate, bevor er Cat kennen gelernt hat, und ist aus seiner Sicht geschrieben. Ich habe es sehr genossen, mit dieser Geschichte eine Möglichkeit zu haben, einen tieferen Einblick in Bones Gedankenwelt zu bekommen und ich hoffe, meine Leser werden Spaß daran haben, ihn mal genauer betrachten zu können.

Frage: Ein Film zu deinen Büchern wäre toll! Welcher Schauspieler wäre für dich Bones und welche Schauspielerin Cat?

Jeaniene Frost: Wow, es würde mir wirklich schwer fallen, mich für Schauspieler zu entscheiden, die für mich Cat und Bones darstellen. Ich habe sehr genaue Vorstellungen davon, wie die Beiden aussehen und bisher hat noch kein Schauspieler, den ich kenne, sie ganz genau getroffen. Natürlich gibt es viele Schauspieler, die ich nicht kenne, also haben Cat und Bones vielleicht irgendwo ihre perfekten Doppelgänger und ich habe sie einfach noch nie gesehen.


Autorenhomepage

Rezension zu "Blutrote Küsse"
Rezension zu "Kuss der Nacht"
Rezension zu "Nachtjägerin"

Englisches Originalinterview


Dieses Interview wurde von Angelika Mandryk für Literatopia geführt und von Lucia Schwarz übersetzt. Alle Rechte vorbehalten.