Rezensionen im September (2015)

Liebe LeserInnen,

endlich ist er da! Nicht nur der Goldene Herbst, sondern auch der wichtigste Monat in der Urlaubsplanung eines bibliophilen Menschen – denn die Frankfurter Buchmesse steht vor der Tür und wird in weniger als zwei Wochen endlich wieder ihre Pforten zum Paradies für Leseratten öffnen. Auch ein Teil der Literatopia-Redaktion wird natürlich wieder dort sein.
Doch bevor es zur Buchmesse geht, möchten wir euch natürlich noch einen kleinen Rückblick auf den September geben. Denn auch der war wieder bunt gefüllt mit zahlreichen Titeln aus fast allen Genres, die die Literatur zu bieten hat. Viel Spaß!



Belletristik

"Mein Herz und andere schwarze Löcher" ist nicht nur eine wundervolle, mitreißende und authentische Liebesgeschichte für Jugendliche, sondern bringt dem Leser auch die Schwierigkeiten im Umgang mit Depressionen näher. Jasmine Warga legt mit ihrem Debütroman die Messlatte für folgende Bücher zu dieser Thematik ziemlich hoch, obwohl Aysels und Romans gemeinsamer Weg kaum mit irgendetwas vergleichbar ist. Berührend, tiefsinnig, intensiv – eine ganz klare Leseempfehlung für dieses Jahr!

Wie würde ein anderes Leben für uns aussehen? Wäre es besser? Schlechter? Genauso gut? Was bleibt, was geht, was kommt dafür? Diesen Fragen werden in "Als ich erwachte" von Cynthia Swanson gestellt - und auf einer äußerst spannenden Reise in die Vergangenheit beantwortet - zumindest regen die Antworten zum Nachdenken an.

Dark Fantasy

"Eiskalter Atem" lebt vom Flair der hohen Londoner Gesellschaft im 19. Jahrhundert, das Alyxandra Harvey detailreich schildert. Emma und ihre Cousinen sind sehr sympathisch und so verzeiht man auch die ein oder andere Ungenauigkeit oder die langwierige Suche nach Antworten im Mittelteil. Insgesamt ein gelungener erster Band, der seine Leser mit viel Magie und einer hitzigen Lovestory begeistert.

Fantasy

Für den Fan der Reihe von Ben Aaronovitch fühlt es sich an, wie nach Hause kommen, wenn er die ersten Seiten eines neuen Bands liest. "Fingerhutsommer" ist zudem wie eine Landpartie inmitten eines heißen Sommers, die Geschichte verströmt Urlaubsfeeling. Und so ist für mich der fünfte Band der Rivers of London Reihe bereits jetzt das kurzweiligste Sommerbuch 2015.

Im dritten Buch der Riyria-Saga passiert, verglichen mit den ersten beiden Bänden, eher wenig, dafür verdichtet Michael J. Sullivan die politischen Hintergründe und es werden diverse Weichen für künftige Ereignisse gestellt. Zudem enthält der Roman einige spannende und interessante Details, was sich alles nach wie vor flüssig und gut durchdacht liest. Freunde von Hadrian und Royce sollten sich "Der Aufstieg Nyphrons" nicht entgehen lassen, Neueinsteiger seien auf den Beginn der Serie verwiesen.

Science Fiction

"Mind Reader" von Patrick Lee ist ein Thriller, der unterhalten möchte - nicht mehr und nicht weniger. Es mag vielleicht nicht Lees bestes Werk sein, doch Freunde des Genres, die nicht die allerhöchsten Ansprüche stellen, kommen hier voll auf ihre Kosten. Wer einen weiteren Kampf die Guten gegen die Bösen, eingebettet in spannend erzählte, rasante Action mag, wobei das Hauptgewicht auf Thriller und nur sehr wenig auf Science-Fiction liegt, kann hier zugreifen.

"Die 100" von Kass Morgan wird gerne als eine packende Mischung aus Der Herr der Fliegen und Die Tribute von Panem beworben. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Roman eher als eine spannungsarme und ziemlich uninteressant geratene Mixtur aus Lost und Kampfstern Galactica, gewürzt mit einer mehr als großzügig bemessenen Portion Rosamunde Pilcher. Sehr schade, hier hätte man so viel mehr draus machen können!

Thriller

Stephen King hat mit "Finderlohn", dem zweiten Band seiner Trilogie über den pensionierten Polizisten William "Kermit" Hodges, einen spannenden Thriller geschrieben, in dem es um das Beziehungsdreieck zwischen Leser, Autor und Literatur geht, um das Erwachsenwerden unter Gefechtsbedingungen und um eine Familie, deren Leben durch den Horror der Ökonomie bedingt zum Alptraum wird.

David Lagercrantz scheitert in seinem Versuch, Stieg Larssons Fußstapfen zu füllen auf ganzer Länge. Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist sind Schatten ihrer selbst, überzeichnet oder zum Laufburschen verkommen. Lagercrantz folgt den Eckpunkten der Figuren, ihm fehlt allerdings das Verständnis. Die an sich gute Idee hinter der Geschichte leidet an klischeehaften Charakteren und einer amateurhaften Umsetzung. Die Geschichte quält sich dahin, um gegen Ende in einem Finale zu münden, das diesen Namen nicht verdient und zudem alles für ein weiteres Buch offenlässt. Entgegen des Hypes entpuppt sich "Verschwörung" als peinliche und unnötige Fortsetzung.

Krimi

Faszinierend hat Bea Rauenthal in "Fronleichnamslord" die 70er Jahre wieder auferstehen lassen. Besonders gelungen sind ihr die Appetithäppchen mit der Weltmeisterschaft und dem Lebensgefühl. Atmosphärisch dicht ist dieser Krimi, wobei der eigentliche Fall schon fast zur Nebensache wird, soviel anderes hat die Autorin in dieses Buch gepackt.

Comic

"Tod" ist der dramatische Abschluss einer schwer romantischen Geschichte um das verstorbene Mädchen Alisik. Im Totenreich wird ein regelrechter Skandal aufgedeckt, während Ruben an seiner Liebe festhält und Alisik sogar bis in den Tod folgt. Leider kommt das Ende recht überstürzt und bei all den Verwicklungen bleibt wenig Zeit für die Liebesgeschichte. Trotzdem begeistert auch dieser letzte Band mit dem herrlich morbiden Charme, der die ganze Reihe von Helge Vogt und Hubertus Rufledt auszeichnet.

Die Autoren Maxe L’Hermenier, Looky und Dem halten sich in ihrem Comic nur grob an die Märchenvorlage von "Die Schöne und das Biest", die sie mit motivisch und thematisch ähnlichen Kunstwerken zur Melange verarbeiten und in einer am Anime orientierten Bildästhetik präsentieren. Der Comic verhält sich zum Märchen wie die Fernsehserie Hercules: The Legendary Journeys zu den alten Heldensagen.

Manga

"Fire Fire Fire" wartet mit einem durchaus spannenden, dystopischen Weltentwurf auf, verschenkt das Potential jedoch durch ein Übermaß an Actionszenen und Fanservice. Durch das hohe Erzähltempo von Shouji Sato bleibt kaum Zeit, um die Protagonisten glaubhaft zusammenzuführen – sie sind einfach plötzlich Freunde und begeben sich zusammen auf eine abenteuerliche Suche, stets verfolgt von einer brutalen Organisation. Wer nicht zu viel erwartet, kann sich über actionreiche Unterhaltung mit dynamischen Zeichnungen im Animestil freuen.

"Saint Young Men" ist ein sehr origineller und spezieller Manga, den man keinesfalls zu ernst nehmen darf. Jesus und Buddha sind echte Sympathieträger, auch oder gerade weil sie im Alltag ihre Probleme haben. Leider reihen sich hier nur relativ kurze Episoden aneinander und man vermisst einen roten Faden in der Geschichte – und damit auch die Spannung. Wer humorvolle Slice of Life-Manga mag, wird von Hikaru Nakamura trotzdem gut unterhalten.

Anime

Nach recht schwachen Episoden am Anfang entwickelt sich "Trinity Blood" zu einem fesselnden Anime, der Science-Fiction- und Fantasyelemente in einer außergewöhnlichen Welt vereint und mit lebendigen Charakteren und originellen Ideen begeistert. Während man zunächst den roten Faden vermisst, baut sich die Spannung in der zweiten Hälfte der Serie kontinuierlich auf und reißt den Zuschauer schließlich mit.

"Akito the Exiled" stellt eine wahnsinnig spannende und neue Geschichte aus dem Code Geass-Universum dar. Die Republik Europa liegt im Krieg mit Britannia und auch hier werden die Japaner diskriminiert und dienen zudem als Kanonenfutter. Akito wird mit Hilfe seines Geass zu einem erbarmungslosen und schwer zu besiegenden Gegner. Der junge Japaner birgt viele Geheimnisse und als Zuschauer freut man sich darauf, diese in weiteren OVAs zu ergründen. Akito the Exiled bietet neben einer dramatischen Story mit Tiefgang spektakuläre Mecha-Kämpfe und eine neue Facette einer dystopischen Welt, die bereits in "Lelouch of the Rebellion" zahlreiche Fans begeistern konnte.



Ja, die Redaktion war wieder fleißig im September – so fleißig, dass wir uns inzwischen über mehr als 3.000 Besprechungen freuen können, die euch jederzeit in unserem Rezensions-Archiv zur Verfügung stehen. Wir sind stolz auf diese Zahl und hoffen, dass ihr beim Stöbern in unseren virtuellen Regalen immer wieder fündig werdet.

Einen lesereichen goldenen Buchmessemonat wünscht euch
euer Literatopia-Team