Eden - Die Fotografie von Art Wolfe (Art Wolfe)

eden

Piper National Geographic (Oktober 2015)
Großformatiges Hardcover mit Schutzumschlag
396 Seiten, 79,00 EUR
ISBN: 978-3-86690-445-3

Genre: Natur-Fotografie


Klappentext

Art Wolfes neuer Bildband ist eine unvergleichliche Kollektion seiner schönsten Fotografien, wie es sie noch nicht gab. Der vielleicht berühmteste lebende Naturfotograf zeigt Landschaften, Tiere und indigene Kulturen auf allen Kontinenten. In den fünf Kapiteln »Berge«, »Polar«, »Wüsten«, »Meere« und »Tropen« sind Momente von großer Eindringlichkeit zu sehen: der purpurfarbene Himmel über den patagonischen Torres del Paine, Pinguineltern, die sich in perfekter Symmetrie über ihren zwölf Wochen alten Nachwuchs beugen, eine Salzkarawane in der Sahara, ins Meer strömende Lava auf Hawaii und das rituelle Bad der Sadhus im Ganges.

Art Wolfe gelingt es, mongolische Adlerjäger oder eine Phalanx von Moschusochsen so zu fotografieren, dass seine Bilder unsere Wahrnehmung prägen. Diese Fotos sind so kraftvoll, dass manche von ihnen zu Ikonen werden könnten – oder es bereits sind. Sie zeigen eine Welt an der Grenze zum Fantastischen, deren Zerbrechlichkeit immer präsent ist. Und Art Wolfe offenbart in diesem Band auch ein besonderes Talent darin, die Geschichten hinter seinen Bildern zu erzählen.


Rezension

Mit „Eden“ ist bei National Geographic ein sprichwörtlich gewaltiger Bildband mit den eindrucksvollen Fotografien des Künstlers Art Wolfe erschienen, der auf eine lange Karriere voll einzigartiger Erfahrungen zurückblicken kann. Seine Bilder sind nicht einfach nur Abbilder der Natur, sondern sie eröffnen den ganz persönlichen Blickwinkel des Fotografen und fangen dabei seine Emotionen ein – was von Art Wolfe genauso gewollt ist. Er will keinen objektiven Blick auf die Natur bieten, denn diesen gibt es ohnehin nicht. Viel mehr will er seinen ganz eigenen, subjektiven Blick vermitteln und den Betrachtern zeigen, wie er diese atemberaubenden Momente wahrgenommen hat. Viele der Fotografien zeigen Orte und Lebewesen, die der Durchschnittsmensch so niemals zu Gesicht bekommt und über die man nur staunen kann. Bereits das Cover mit dem mystischen Berg (Kirkjufell, Island), der den Betrachter mit seinem Auge (welches in Wahrheit eine eingeschneite Gesteinsformation ist) wie ein geduldiger Naturgott anblickt, veranschaulicht perfekt, dass das Paradies dieser Welt (noch) nicht verloren gegangen ist.

Art Wolfe, der 1951 in Seattle geboren und stets von Natur umgeben aufgewachsen ist, stammt aus einer Künstlerfamilie und hat selbst Kunst studiert. Neben der Landschaftsmalerei entdeckte er früh seine Liebe zur Fotografie und war bereits in jungen Jahren als Naturfotograf unterwegs. Oftmals war er einer der ersten, der indigene Völker fotografiert (und dabei stets deren Lebensstil respektiert) und Tiere in extremen Lebensräumen wie der Antarktis besucht hat.  Seine künstlerische Ausbildung merkt man seinen Landschaftsbildern an, denn Art Wolfe arbeitet mit den verschiedenen Stimmungen des Lichts und viele der Fotografien sehen aus wie gemalt. „Eden“ enthält neben vielen Bildern von Menschen und Tieren somit diverse Landschaftsaufnahmen und unterteilt sich in fünf große Kapitel, zu deren Beginn Art Wolfe jeweils eine kleine Einleitung mit seinen persönlichen Erfahrungen verfasst hat.

Berge

Nach einleitenden Worten von Wade Davis, einem kanadischen Anthropolgen und Ethnobotaniker, der selbst fotografiert und Art Wolfes Werk in Zusammenhang mit anderen großen Naturfotografen setzt, widmet sich das erste Kapitel den Bergen, wo seine Fotografenlaufbahn quasi begonnen hat. Neben Fotografien von mächtigen Gipfeln finden sich in diesem Kapitel auch einige einheimische Tiere und Nahaufnahmen von Gesteinsformationen. Bereits hier zeigt Art Wolfe, wie er mit dem Licht malt, beispielsweise beim Foto des „Berges der sieben Farben“ in Bolivien oder auch beim weiten Blick über die Dolomiten. Bereits in diesem ersten Kapitel staunt man zudem darüber, wo Art Wolfe überall war und welchen Extremsituationen er sich ausgesetzt hat, um seine Aufnahmen zu machen.

Polar - Subpolar

Die unwirklichen Eiswelten gehören zu den eindrucksvollsten Fotografien dieses Bildbandes, denn diese Einblicke dürften sich nur den wenigstens von (nicht einmal vor Ort) eröffnen. Diese kalten Regionen zeichnet eine ganz eigentümliche, fremde Schönheit aus, die gleichermaßen friedlich wie beklemmend wirkt. Sehr gelungen ist hier beispielsweise das Bild eines einzelnen Pinguins auf einer kleinen Eisscholle, über ihm dunkelgraue Wolken – da hat man das Gefühl, mit ihm gemeinsam in eine düstere Zukunft zu schauen, in der ihm das Eis unter den Füßen wegschmilzt. Dieser Eindruck war für Art Wolfe auch die Intention des Fotos, denn der Künstler setzt sich aktiv für den Naturschutz ein und beobachtet mit großer Sorge, wie die globale Erwärmung unsere Heimat verändert. Sehr schön sind auch die Bilder von einer Gletscherhöhle in Island sowie von Eisbergresten am Strand.

Wüsten - Savannen

In den Wüstenwelten finden sich neben schroffen Landschaftsbildern und der afrikanischen Tierwelt auch relativ viele Bilder von Menschen, die meist im Einklang mit den Widrigkeiten der Natur leben (wobei es auch ein Bild von bewaffneten Reitern gibt, das eher ein unheilvolles Gefühl vermittelt). Entsprechend dem Wüstenthema stehen hier die orientalische Bevölkerung sowie die indigen Völker Afrikas mit ihrer kunstvollen Körperbemalung im Mittelpunkt. Art Wolfe beweist dabei, wie gut und einfühlsam er Menschen fotografieren und ihre individuelle Schönheit einfangen kann.  In diesem Kapitel findet sich zudem eines der schönsten Bilder von „Eden“: Das Delta des Ord River in Australien, aus der Luft aufgenommen. Ein Bild, das man sich zu gerne als Riesenposter an die Wand hängen würde.

Meere - Inseln

Wer hier Südseepalmen und kristallblaues Wasser erwartet, wird wohl etwas enttäuscht sein, denn Art Wolfe konzentriert sich viel mehr auf schroffe Küstenabschnitte sowie auf die einzigartige Tierwelt und die Bevölkerung von Inseln. Dabei zeigen sich erstaunliche Parallelen zwischen den verschiedenen indigenen Völkern, die zwar alle eine ganz eigene Kultur haben, aber in Bezug auf Körperschmuck – und bemalung sowie ihren Lebensstil viele Ähnlichkeiten aufweisen. Allen ist gemein, dass sie sich der Natur angepasst haben und damit auf den Bildern auch wie ein Teil von ihr aussehen. Sehr beeindruckend sind zudem die Nahaufnahmen von flüssiger Lava, die ins Meer tropft.

Tropen -  Subtropen

Stärker als in den beiden vorangegangenen Kapiteln gewährt Art Wolfe in diesem Abschnitt Einblicke in die Lebensweise von indigenen Bevölkerungsgruppen wie der Xingu in Brasilien. Natürlich gibt es hier auch viele Tier- und Waldbilder, doch der Fokus liegt nun eindeutig auf dem Menschen und der kulturellen Vielfalt, die er hervorgebracht hat. Dabei erkennt man schnell, dass man Mensch und Natur nicht trennen kann, sondern dass beide eng miteinander verbunden sind beziehungsweise, dass der Mensch letztlich ein Teil des großen Ganzen ist – wenn auch ein Teil, der das Angesicht der Erde wie noch keine Tierart zuvor verändert hat.

Die Gestaltung des beinahe vier Kilo schweren, großformatigen Hardcovers ist insgesamt sehr gelungen: Die Fotografien überzeugen mit einer atemberaubenden Farbbrillanz und erscheinen dadurch, als würde man die Motive durch ein Fenster ohne Glas betrachten. Die Seiten sind schön dick und die Bilder wurden stets stilvoll angeordnet. Zu  nahezu jedem Bild gibt es eine kleine Fußnote, sodass man weiß, was genau abgebildet ist und wo fotografiert wurde. Im Anhang finden sich zudem weitere, knappe Erläuterungen von Art Wolfe sowie Informationen zu den verwendeten Kameras und Einstellungen. Bei den Doppelseiten stört der Falz, aber damit muss man bei einem Buch nun einmal leben. Der Buchumschlag ist besonders dick und gut verarbeitet, damit er nicht einreißt. Trotzdem sollte man ihn beim Betrachten des Buches besser abnehmen.

Manche Doppelseiten sind ausklappbar und damit wären wir beim einzigen großen Gestaltungsfehler, denn die Doppelseiten sind meist nicht ausklappbar sondern eher auseinanderklappbar. Im Inneren finden sich dann weitere Bilder, meist kleine Fotos, die auf zwei ausgeklappten Doppelseiten angeordnet sind. Da wäre es besser gewesen, man hätte die doppelseitigen Motive nach innen gelegt und die kleinen Einzelbilder auf den auseinanderklappbaren Seiten untergebracht. Zudem muss man bei diesen Klappseiten besonders vorsichtig mit dem Buch umgehen, da sie beim schnellen Durchblättern leicht abknicken. Da die Klappseiten außerdem weniger breit als die normalen Buchseiten sind, drückt ihre Kante leicht auf die benachbarten Seiten. So schön die ausklappbaren Seiten sind, sie sind nicht optimal umgesetzt worden.

Mit knapp 80 Euro ist „Eden“ ein sehr hochpreisiges Buch, allerdings rechtfertigt sich der Preis durch die hohe Druckqualität, das große Format sowie den Umfang dieser Sammlung. „Eden“ ist ein Buch, das sich wunderbar zum Verschenken an Naturliebhaber und Fotografen eignet oder dass man sich auch einmal selbst gönnen kann, wenn man diese Welt auf eine ganz neue Art entdecken will – und man kann es immer wieder zur Hand nehmen und durchschauen, ohne, dass es jemals langweilig wird.


Fazit

„Eden – Die Fotografie von Art Wolfe“ ist ein wahres Mammutwerk, das wie kaum ein anderer Bildband die Schönheit unserer Welt einfängt und dem Betrachter dabei einen einzigartigen und ganz persönlichen Blickwinkel eröffnet. Art Wolfe liefert hier keine einfachen Abbilder der Natur, sondern zeigt uns, was er in all diesen Momenten gesehen und empfunden hat. Sein Blick auf Menschen, Tiere und Pflanzen ist dabei stets voller Bewunderung und Respekt und er eröffnet dem Betrachter Welten, die den meisten von uns ansonsten verborgen geblieben wären.


Pro & Contra

+ stimmungsvolle Landschaftsaufnahmen
+ Art Wolfe malt in seinen Bildern mit Licht und Farben
+ einzigartiger Blick auf Tier- und Pflanzenwelt
+ einfühlsame Fotografien von indigen Völkern
+ sehr gute Druckqualität
+ quasi „Planet Erde“ als Bildband
+ wunderschönes, großes Hardcover

o englischer Titel „Earth is my Witness“ schöner und passender
o vor allem für jene geeignet, die noch kein Buch von Art Wolfe besitzen

- ausklappbare Doppelseiten knicken leicht

Wertung: sterne4.5

Fotografie: 5/5
Gestaltung: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 3,5/5