Phoenix - Kinder der Glut (Ann-Kathrin Karschnick)

Papierverzierer (Oktober 2015)
Cover: Timo Kümmel
Klappenbroschur
456 Seiten, 14,95 EUR
ISBN: 9783944544533

Genre: Teslapunk / Dystopie


Klappentext

Um die Menschen von der Schreckensherrschaft der Saiwalo zu befreien, hat Tavi hat alles geopfert – ihre Liebe, ihre Freunde und auch sich selbst unzählige Male. Ganz auf sich allein gestellt, kehrt sie nach Hamburg zurück und begegnet ihrer eigenen Vergangenheit. Im fulminanten Abschluss der Teslapunk-Trilogie stellt sie sich dem größten Feind dieses Planeten. Doch wie besiegt man einen Gegner, der so mächtig ist? Und wie kontrolliert man seine Gefühle, wenn man in der Lage ist, die gesamte Menschenwelt zu vernichten?


Rezension

Nach den Ereignissen in Paris wurden Tavi und Leon getrennt: Die Phoenix wird in einer Verwahrstelle der Kontinentalarmee gefangen gehalten und begegnet dort ihrem Ziehsohn Nathan, der nun in einem Frauenkörper steckt. Diesen teilt er sich mit zwei anderen Seelen, die abwechselnd hervortreten. Tavi ist einerseits froh darüber, dass die Hexe Katharina ihren Sohn von den Toten zurückgeholt hat, andererseits kann sie es kaum ertragen, ihn so zu sehen. Denn Nathan kommt nicht damit klar, dass er eine Frau sein soll, und die anderen beiden Seelen rauben ihm jedwede Kraft. Tavi bleibt nur die Hoffnung, dass Katharina die anderen Seelen vertreiben kann.

Währenddessen macht sich Leon gemeinsam mit Katharina, dem Eisriesen Jörenson und dem Phoenix Eleazar auf den Weg nach Hamburg. Unterwegs sammelt Katharina immer mehr Menschen ein, die die Seelenlosen begleiten. Noch immer will die Hexe nicht verraten, was sie in Hamburg erwartet und welche Pläne sie verfolgt. Leon folgt dennoch zähneknirschend ihrem Rat, da er Tavi unbedingt wiedersehen will. Zudem deutet Katharina an, dass die Herrschaft der Saiwalo bald ein Ende finden könnte. Nach dem Desaster in Paris, das viele Opfer forderte, will Leon versuchen, mit den geisterhaften Herrschern zu verhandeln …

„Kinder der Glut“ wendet viel Zeit dafür auf, die Charaktere wieder zusammenzuführen. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Beziehung zwischen Tavi und Nathan. Die Phoenix kann es nicht ertragen, ihn noch einmal zu verlieren, doch darf sie ihn wirklich an einen ihm fremden Körper binden? Nach der Tragödie in Frankreich nimmt sich Tavi zudem vor, erst einmal ihr eigenes Leben in den Griff zu bekommen. Sie will sich an keinen Verhandlungen beteiligen, da sie mit den Saiwalo zu viele Rechnungen offen hat. Allmählich klärt sich auch, warum Katharina Tavi immer in eine bestimmte Richtung drängt und  warum ihr in der Vergangenheit so viele Qualen aufgebürdet wurden.  

Leon geht dagegen voll in seinem neuen Wesen auf. Zwar kann er seine Cupidokräfte noch nicht perfekt kontrollieren, doch er wird immer mehr zu einem ruhigen und empathischen Wesen, das keine Kämpfe mehr will. Seine neuen Waffen sind Worte und seine Gefühle für Tavi, die ihm Kraft für die bevorstehenden Prüfungen geben. Wenn man diesen Leon mit dem verbitterten Soldaten aus dem ersten Band vergleicht, erkennt man ihn kaum wieder. Seine Wandlung ist nachvollziehbar, dennoch vermisst man ein wenig den mürrischen Charakter, dessen Weltbild auf den Kopf gestellt wird. Zwar hat Leon auch in „Kinder der Glut“ innere Kämpfe auszutragen, trotzdem wirkt es, als wäre sein Konfliktpotential verloren gegangen.

Während die Beziehung zwischen Tavi und Nathan intensiv aufgearbeitet wird, geht die Liebe zu Leon leider ziemlich unter. Natürlich fiebern beide einem Wiedersehen entgegen, doch da jeder von ihnen andere Aufgaben hat, bleibt keine Zeit für Zweisamkeit. Leon ärgert sich zwar darüber, doch die Liebe scheint so gefestigt, dass etwaige Zweifel nicht thematisiert werden. Erst in den finalen Kapiteln erhält die Beziehung wieder die Bedeutung, die sie in den Vorgängerbänden hatte. Zusätzlich wird das Beziehungsgeflecht zwischen den Seelenlosen aufgearbeitet und insbesondere die Freundschaft zwischen Leon und Jörenson sowie die Konflikte zwischen Leon und Eleazar gestalten sich spannend.   

Circa die Hälfte des Romans über weiß man nicht recht, wohin die Geschichte führen soll. Der Aufbau der Geschichte ist zäh, insbesondere in Leons Kapiteln. Katharinas Andeutungen treiben auch den Leser in den Wahnsinn, da sie einerseits behauptet, sich nicht einmischen zu dürfen, und andererseits die Geschehnisse stark beeinflusst. Trotzdem schweigt sie an den entscheidenden Stellen. Zum Ende hin nimmt Katharinas Handeln ein schicksalsträchtiges Ausmaß an, das im Epilog dann ziemlich überzogen daherkommt. Diesen hätte Ann-Kathrin Karschnick vielleicht besser weggelassen, da die Geschichte auch ohne diesen esoterischen Abschluss funktioniert.  

Das grüne Cover sieht zwar gut aus, passt aber nicht wirklich zum Inhalt, da man diese Farbe nicht mit einer Phoenix in Verbindung bringt – und auch nicht mit einem anderen der wichtigen Charaktere. Die Gestaltung des Paperbacks ist auch dieses Mal gelungen und es fällt positiv auf, dass sich im Buchrücken keine Risse mehr bilden. Dafür hat das Lektorat leider zu viele Fehler übersehen.


Fazit

„Kinder der Glut“ bringt die „Phoenix“-Trilogie zu einem überraschenden und gelungenen Abschluss. Während Tavi sich stark auf ihren Ziehsohn konzentriert, wird Leon quasi zum Anführer einer Rebellion gegen die Saiwalo. Trotz einiger Längen in der ersten Hälfte, kann auch dieser Part der Geschichte überzeugen – schlichtweg, weil man die Charaktere längst ins Herz geschlossen hat und die düstere Tesplapunk-Welt nach wie vor spannend ist.  


Pro & Contra

+ Beziehung zwischen Tavi und Nathan
+ Leon findet sich in seiner Rolle als Cupido zurecht
+ der Eisriese Jörenson
+ überraschende zweite Hälfte
+ spannende Teslapunk-Welt

- Storyaufbau holpert teilweise
- Katharinas Nicht-Einmischen und Beeinflussen nervt
- die Liebesgeschichte geht völlig unter

Wertung: sterne3.5

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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Tags: Dystopie, Alternative Geschichte, Science Fantasy, deutschsprachige SF, Teslapunk