Der Rote Baron Bd.1 - Tanz der Maschinengewehre (Pierre Veys, Carlos Puerta)

Verlag: Panini; (März 2016)
Gebundene Ausgabe: 52 Seiten; 13,99 €
ISBN-13: 978-3957986924

Genre: Historik/ Phantastik


Klappentext

Bei einem Zwischenfall auf der Militärakademie bemerkt der junge Kadett Manfred von Richthofen, dass er eine übernatürliche Gabe besitzt: In gefährlichen Situationen kann er die Gedanken und Gefühle seiner Kontrahenten erkennen und somit voraussehen, was sie planen. Ein Umstand, der das Leben des späteren Jagdfliegers entscheidend verändern sollte....


Rezension

Manfred von Richthofen ist der bekannteste deutsche Jagdflieger des Ersten Weltkrieges und das nicht nur in Deutschland, auch im Ausland gilt er als einer der besten Piloten jener Zeit. Und was noch viel wichtiger ist: Obwohl er gegen Franzosen und Amerikaner gekämpft und éesehr viele Abschüsse zu verzeichnen hat, ist ihre Sicht auf ihn trotz allem positiv. Richthofen und seine Kameraden folgten damals angeblich einem Ehrenkodex, der ihnen die Bezeichnung „Ritter der Lüfte“ einbrachte und damit verbunden Hochachtung von ihren Gegnern. Auf besiegte Gegner soll nicht geschossen worden sein. Als Manfred von Richthofen auf alliiertem Gebiet starb, wurde er fmit allen militärischen Ehren begraben und ihm zu Ehren soll zum ersten Mal die Missing Man-Formation geflogen worden sein. Dementsprechend gibt es sogar Filme von amerikanischer Seite, in denen er nicht als Teufel, sondern als ehrenhafter Mann dargestellt wird. Den deutschen Versuch einer filmischen Annäherung an die Person Richthofens von vor ein paar Jahren mit Matthias Schweighöfer in der Hauptrolle, sollte allerdings schnellstens aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt werden. Was eine kritische Auseinandersetzung mit Manfred von Richthofen und dem ersten Weltkrieg hätte werden können, verkam zu einer Liebesschnulze.

Nun nähern sich Pierre Veys und Carlos Puerta diesem deutschen Kriegshelden an, dessen Name wie der vieler anderer von Hitler missbraucht wurde, um Deutschland später in einen noch größeren und grausameren Krieg zu treiben.
Pierre Veys wählt dabei einen ungewöhnlichen Ansatz, um Manfred von Richthofen darzustellen. Er begibt sich in den Bereich des Übernatürlichen. Nicht das er Geister auftauchen lässt oder Richthofen als Superhelden darstellt, aber er lässt ihn Vorahnungen haben, die ihm kurze Einblicke in die Zukunft gewähren und auf die er dementsprechend reagieren kann. Diese Vorahnungen gehen über das normale Maß der Antizipation hinaus und dieser Ansatz ist gar nicht so schlecht. Den Gegnern des Roten Barons muss es wahrscheinlich wirklich wie Hellseherei vorgekommen sein, wenn der deutsche Jagdflieger ihnen wieder einmal entkam und die Zahl seiner Abschüsse weiter anstieg.
Gleich zu Beginn wirft Pierre Veys den Leser mitten in ein Luftgefecht, welches mit aller Härte geführt wird, bevor er dann einen großen Sprung zurück in die Schulzeit Richthofens macht. Obwohl talentiert und adelig hat er keinen guten Stand. Was daran liegt, dass sich in seiner Klasse Prinz Friedrich befindet, der Sohn des Kaisers. Friedrich sieht es gar nicht gerne, wenn er im Sport hinter Manfred von Richthofen zurückstecken muss. Ein Prinz muss schließlich in allem der Beste sein. So kommt es, dass Richthofen sich eines Tages Friedrich und seinen Getreuen gegenübersieht, die ihn verprügeln wollen. Und da geschieht es zum ersten Mal. Er weiß mit einem Mal genau, was sie vorhaben, sieht ihre Angriffe voraus und kann alle zu Boden bringen, bevor sie ihn überhaupt in Bedrängnis bringen können. Ein einschneidende Erfahrung für ihn, die er sofort weiter austestet. Er begibt sich in das schäbigste Viertel Berlins und fordert die Straßenschläger praktisch heraus - und wieder gelingt es ihm die Angriffe vorherzusehen. Mehr oder minder bricht dann der Comic in seiner Handlung ab und springt wieder in die Gegenwart zu dem Gefecht, in das der Leser anfangs geworfen wurde. Es ist also nur ein kurzer Einblick, den Pierre Vey, dem Leser gewährt, aber dieser reicht bereits, um Manfred von Richthofen auf interessante Art und Weise zu charakterisieren. In seiner Jugend scheint er ein Heißsporn gewesen zu sein, zumindest in Veys Interpretation, der mitunter nicht unbedingt das Richtige tut, aber dennoch nachvollziehbar handelt. Weder verteufelt noch überhöht Vey seinen Protagonisten, sondern zeigt ihn als Menschen, als Jungen, der erst seinen Weg finden muss. Obwohl nicht viel passiert, gestaltet sich die Geschichte dennoch interessant und spannend genug, um den Leser bei der Stange zu halten. Nützlich ist da mit Sicherheit der Luftkampf, der die Handlung einrahmt. So ist Der Rote Baron – Tanz der Maschinengewehre gut geschrieben und macht vor allem neugierig auf die kommenden Alben, in denen dann vermutlich einzelne Fäden aufgegriffen werden und Manfred von Richthofen hoffentlich weiterhin so differenziert dargestellt wird.

Die Verbindung des bekanntesten deutschen Jagdfliegers mit Übernatürlichem mag vielleicht nicht jedermanns Sache sein, wobei es Pierre Veys damit in keinster Weise übertreibt, was aber mit Sicherheit jeden Leser zu begeistern weiß, sind Carlos Puertas Zeichnungen. Gleich Gemälden wirken sie und entfalten eine ungeheure Rasanz in den Luftkämpfen, die der Leser fast atemlos verfolgt. Es geht zwischen detaillierte alte Häuser Frankreichs, durch enge Gassen, über Flüsse und um Kirchen herum und jederzeit behält man den Überblick und kann nur staunen, wie kreativ Puerta alles inszeniert. Geschickt, wechselt er den Blickwinkel zwischen Kontrahenten und spendiert auch Blicke aus der Sicht der Fußsoldaten, die diesen Kämpfen nur mit den Augen folgen können. Geradezu furios ist das alles und auch ansonsten, weiß Puerta restlos zu überzeugen. Gesichter, Hintergründe, alles ist bis ins Kleinste ausgearbeitet und lässt die Zeit des ritterlichen Luftkampfs wieder auferstehen. Zusammen mit Caravaggio der bisher beste Band aus dem Paniniprogramm, was Zeichnungen und Aufbau des Comics angeht.


Fazit

Der Rote Baron – Tanz der Maschinengewehre nähert sich auf ungewöhnliche Weise dem legendären deutschen Jagdflieger. Pierre Veys und Carlos Puerta machen alles richtig. Rhythmus und Tempo von Geschichten und Zeichnungen sind perfekt aufeinander abgestimmt.


Pro & Contra

+ phantastische Zeichnungen, Carlos Puerta ist ein Meister seines Faches
+ gut geschrieben

0 historisch garantiert nicht immer korrekt

Bewertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 5/5



Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Pierre Veys und Carlos Puerta:

Rezension zu Der Rote Baron Bd.2
Rezension zu Der Rote Baron Bd.3