Drachenelfen – Himmel in Flammen (Bernhard Hennen)

Heyne (März 2016)
Klappenbroschur
1103 Seiten, 18,99 EUR
ISBN: 978-3453268890

Genre: Fantasy


Klappentext

Dunkle Schatten liegen über der magischen Welt Nangog: Während sich die Menschen noch von den Kämpfen im ewigen Eis erholen, machen sich in der Welt der Drachen, Elfen und Zwerge bereits die besten Krieger auf, um einen geheimen Schatz zu bergen. Wer ihn in Händen hält, kann den Lauf der Welt der Welt verändern. Doch zu viel ist geschehen, zu viele Pakte wurden zerschlagen, zu viele Verbündete wurden zu Feinden – und so bleiben nur wenige, die Geschicke Nangogs zu wenden…


Rezension

Bernhard Hennens „Drachenelfen“-Saga ist mit jedem der umfassenden Bände komplexer geworden und was sich in den bisherigen Teilen bereits angedeutet hat, findet in „Himmel in Flammen“ seinen Höhepunkt: An die Stelle einer übergreifenden Handlung ist eine Vielzahl individueller, wenn auch miteinander verwobener Geschichten von Einzelfiguren getreten, die versuchen, auf dem Schlachtfeld zu überleben, in das der Krieg zwischen Drachen und Devanthar die Welt Nangog verwandelt hat. Auch diese Geschichten halten sich nicht an klassische Schemata, sondern verändern sich durch unerwartete Wendungen oder Entscheidungen der Figuren vollkommen – oder reißen jäh ab, denn die Chancen auf Happy Ends stehen in diesem Buch schlecht.

Einige der Andeutungen aus den Vorgängerbänden werden nicht eingelöst und Figuren, die man als Hauptfiguren kennen gelernt hat, verlieren sich ein wenig in der Vielzahl an Protagonisten, aus deren Blickwinkeln jeweils geschrieben wird. Aber man trifft auch viele alte Bekannte wieder: Das Zwergentrio Galar, Nyr und Hornbori trotzt weiterhin (oft durch schieres Glück) zahlreichen Gefahren und hat seinen Traum, die Herrschaft der Drachen zu brechen, noch lange nicht aufgegeben. Die Hoffnung, ihren verkrüppelten Sohn mithilfe des Traumeises heilen zu können, bringt Nandalee dazu noch einmal die gefährliche Reise nach Nangog zu wagen, um es mitten aus einem Kriegsgebiet zu bergen, doch sie ist nicht die einzige, die Jagd auf die magische Substanz macht.

Volodi und Quetzalli, die noch im vierten Teil ihr Happy End gefunden zu haben schienen, müssen sich nicht nur den Bewohnern Albenmarks stellen, sondern auch Gefahren, die in ihren eigenen Reihen lauern. Währenddessen versucht Shaya, sich unter falschem Namen als Heilerin durchzuschlagen, doch eine vermeintliche Flucht an einen sicheren Ort trägt sie nur wieder ins Zentrum des Krieges zurück, wo sich ihr Weg von Neuem mit dem des Herrschers Aaron kreuzt, den sie einst verlassen hat, um ihn zu schützen. Und sowohl Drachen als auch Devanthar sind es müde, ihren endlosen, stetig weiter eskalierenden Krieg durch sterbliche Stellvertreter austragen zu lassen und schließlich kommt es zu einer letzten, gewaltigen Konfrontation.

„Himmel in Flammen“ erzählt von spektakulären Schlachten, aber im Mittelpunkt stehen die Individuen, deren Leben von einem Krieg, mit dem sie letztlich wenig zu tun haben, durcheinandergewirbelt und allzu oft zerstört werden. Die Anzahl der Figuren steigert sich nahezu ins Unübersichtliche, aber zugleich ist es ein echter Gewinn, aus so vielen und so vielfältigen Perspektiven von Figuren auf allen Seiten über die Ereignisse zu lesen. Bernhard Hennens Protagonisten sind differenziert gezeichnet und entwickeln sich stetig weiter. Obwohl „Himmel in Flammen“ aufgrund seiner vielsträngigen Struktur über keine klassische Spannungskurve verfügt, wird man als Leser von dem leicht lesbaren Stil, der bildgewaltigen Action und vor allem von der Anteilnahme am Schicksal der einzelnen Figuren rasend schnell durch die über tausend Seiten getragen.

Ein großer Pluspunkt des Buches ist das Setting: Die Handlung findet auf nicht weniger als drei verschiedenen, durch magische Pfade verbundenen Welten statt, deren Natur und Magiesystem sich grundlegend unterscheidet. Diese Welten sind Heimat für eine Vielzahl von Kulturen. Bei einigen davon hat sich Hennen von so spannenden historischen Vorbilder wie dem antiken Vorderen Orient oder das Azteken-Reich inspirieren lassen, andere wiederum scheinen frei erfunden. Neben traditionellen Fantasy-Gestalten wie Elfen, Drachen und Zwergen begegnet man auch weniger bekannten mythologischen Geschöpfen wie Lamassu (Mischwesen aus Mensch, Stier und Adler) oder Apsaras (eine Art Wassernymphen) und auch bizarren Wesen wie dem gigantischen Meerwanderer, für die es keine mythologische Vorlage gibt.


Fazit

Die „Drachenelfen“-Saga ist schon vor langer Zeit zu komplex geworden, als dass sie ein traditionelles Ende finden könnte, das alle losen Handlungsfäden verknüpft. In „Himmel in Flammen“ steigert sich die Zahl der Protagonisten, Erzählstränge und offenen Fragen noch weiter, dennoch gipfelt der Roman in einem befriedigenden, spektakulären Finale. Die großen Stärken des Buches sind der originelle Weltentwurf, vor allem aber die gelungene Figurenzeichnung, die einen selbst mit Charakteren mitfiebern lässt, die man normalerweise nicht als Sympathieträger einordnen würde.


Pro und Contra

+ bildgewaltige Schilderungen
+ origineller Weltentwurf
+ plastische, sich entwickelnde Figuren
+ Handlung wird aus vielen verschiedenen Perspektiven erzählt
+ differenzierte Darstellung von verschiedenen Interessen auf allen Seiten statt einfacher Einteilung in Gut und Böse
+ umfangreiches Personenverzeichnis hilft bei Orientierung

o keine klare Struktur
o extrem viele, häufig wechselnde Blickwinkel
o Leser bleibt mit offenen Fragen zurück

- anfangs verwirrend, wenn die Lektüre von „Die letzten Eiskrieger“ ein wenig zurückliegt
- nicht alle in Vorgängerbänden angedeuteten und erhofften Ereignisse treten ein

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


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Tags: Elfen, Bernhard Hennen