Erbarmen (Jussi Adler-Olsen)

Verlag: dtv, Oktober 2009
Originaltitel: Kvinden i buret
Übersetzt von Hannes Thiess,
TB, 420 Seiten, € 14,90
ISBN 978- 3423247511

Genre: Thriller


Klappentext

Der Albtraum einer Frau. Ein dämonischer Psychothriller. Der erste Fall für Carl Mørck vom Sonderdezernat Q in Kopenhagen.
Die verzerrte Stimme kam aus einem Lautsprecher irgendwo im Dunklen: »Herzlichen Glückwunsch zu deinem Geburtstag, Merete. Du bist jetzt hier seit 126 Tagen, und das ist unser Geburtstagsgeschenk: Das Licht wird von nun an ein Jahr lang eingeschaltet bleiben. Es sei denn, du weißt die Antwort: Warum halten wir dich fest?«
Am 2. März 2002 verschwindet eine Frau spurlos auf der Fähre von Rødby nach Puttgarden, man vermutet Tod durch Ertrinken. Doch sie ist nicht tot, sondern wird in einem Gefängnis aus Beton gefangen gehalten



Der Autor

Jussi Adler-Olsen wurde am 2. August 1950 in Kopenhagen geboren. Er studierte Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Film und arbeitete in vielen verschiedenen Berufen. 1997 erschien sein erster Roman ‚Alfabethuset`, der nach Schweden, Holland und Finnland, Spanien, Südamerika und Norwegen verkauft wurde. Dann folgten die Kriminalromane ‚Firmaknuseren' (2003) und ‚Washington Dekretet' (2006), bevor Adler-Olsen 2007 mit ‚Erbarmen', dem ersten Fall für Carl Mørck vom Sonderdezernat Q, einen Riesenerfolg hatte. 2008 stürmte er auch mit ‚Fasandræberne', dem zweiten Fall für Carl Mørck, die Bestsellerlisten und gilt seither als bestverkaufter dänischer Krimiautor. Jussi Adler-Olsen ist verheiratet und Vater eines Sohnes.


Rezension

Merete Lynggard verschwindet von einer Fähre - und keiner hat es gesehen. Carl Morck verschwindet als Chef im Keller - und keiner will ihn sehen. Die Parallelen zwischen den beiden sind nicht zu übersehen, beide sind gefangen, die eine in einem luftdichten Raum, der andere in sich selbst. Nach den traumatischen Erlebnissen einer Schießerei bei einem Einsatz, bei dem ein Kollege umgekommen und ein weiterer querschnittsgelähmt zurückbleibt, kommt Morck, der nur leicht verletzt wurde, wieder in den Dienst zurück. Von Schuldgefühlen zerfressen ist es mit ihm nicht auszuhalten, so bekommt er eine neugegründete Abteilung Q, die sich um ungelöste Fälle kümmern soll. Sein einziger Mitarbeiter ist Assad, ein Syrer, hochintelligent und geheimnisvoll. Das Zusammenspiel der beiden reizt immer wieder zum Lachen, eigentlich hat Carl überhaupt keine Lust sich um die Fälle zu kümmern, aber Assad reizt ihn durch hingeworfene Bemerkungen und stachelt seinen Ehrgeiz an, sich doch näher mit den Fällen zu befassen.

Fast sofort kann Carl Ungenauigkeiten in der Bearbeitung des Falles Merete Lynggard feststellen, er rollt den Fall wieder auf und kommt auch schnell zu neuen Ergebnissen. Nebenbei hilft er noch durch gezielte Hinweise einen aktuellen Fall zu lösen und er kümmert sich auch noch um seinen Freund, der im Krankenhaus liegt. Indem er ihn in die Ermittlungen mit einspannt, kann er wieder seinen Lebensmut erwecken. Auch Assad zeigt durch seine messerscharfen Schlussfolgerungen, dass er seine Talente vergeudet, solange er nur die Büros saubermacht. Und so wird aus Carl und Assad ein interessantes Gespann, die schnell und logisch Ungereimtheiten aufdecken, nicht nur bei den ungelösten Fällen.

Das Buch ist spannend, die Seiten fliegen nur so dahin, aber als gewiefter Thrillerleser weiß man spätestens ab der Mitte, warum Merete im Bunker ist. Aber das schadet dem Buch überhaupt nicht, die Ermittlungen sind allemal spannend und man hat ja auch noch das untypische Gespann Carl und Assad, das immer wieder für Überraschungen sorgt. Das Ende ist dann leider wieder etwas überzogen, ein filmreifes Actionspektakel, wo manche Bemerkungen Assads eigentlich so gar nicht zu seinem sonst so scharfen Verstand passen. Aber trotz des Shootdowns ist der ganze Thriller eigentlich recht unblutig, der Focus liegt eindeutig auf der Ermittlungsarbeit und dem Zusammenspiel der einzelnen Charaktere.

Ein bisschen unglaubwürdig ist die Zeit im Bunker, die Merete übersteht. Nach so langer Zeit ohne die Möglichkeit sich die Haare zu waschen und die Zähne zu putzen, dem Schlafen auf reinem Beton muss eigentlich mehr mit dem Körper passieren. Wenn man dann noch überlegt, dass sie immer die gleichen Sachen anhat, kann man sich gar nicht vorstellen, wie sie aussehen und auch riechen müssen. Eine eindeutige Schwachstelle, denn jeder kann sich denken, dass es so nicht funktionieren kann. Eine weitere Schwachstelle ist auch Carls Ehefrau - warum lässt er sich von ihr soviel gefallen? Völlig unverständlich, es passt auch nicht zum Buch, bei dem ansonsten auch die Nebencharaktere sehr gut getroffen sind.

Alles in allem ist "Erbarmen" ein gelungener Auftakt, hoffentlich wird der nächste Band auch noch übersetzt. Es ist doch immer wieder spannend, alte Fälle aufzurollen und hier haben wir es auch noch mit ein paar ganz gewieften Charakteren zu tun, von denen noch viel zu erwarten ist.


Fazit

Fesselnd, packend, spannend und ein ungewöhnlicher Plot, dabei noch recht unblutig. Ein richtiges Schmankerl für Thrillerfreunde, die Gefallen an Ermittlungsarbeit und ungewöhnlichen Charakteren haben. Ein Pageturner mit einem ungewöhnlichen Täter und einem ungewöhnlichen Motiv.


Pro und Contra

+ fesselnd
+ ungewohntes Setting
+ flüssiger und packender Erzählstil
+ skurrile Nebencharaktere
+ interessante Hauptcharaktere
+ ein ungewohnter Fall

- Ende zu übertrieben
- Konsequenzen der Bunkerzeit nicht nachzuvollziehen
- manchmal etwas derbe Sprache

Wertung:

Handlung:4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3/5


Rezension zu "Schändung"