Die Straßenkinder von Montmartre (Patrick Prugne)

Verlag: Splitter-Verlag; (April 2016)
Gebundene Ausgabe: 80 Seiten; 17,80 €
ISBN-13: 978-3958392267

Genre: Drama/ Historik


Klappentext

Montmartre 1905

„Du wolltest Maler werden, wie jeder und du
bist ein Zeichner geworden wie kein anderer.
Die Straße gehört dir, Poulbot.
Bleib weiterhin das Sprachrohr dieser armen Gören.“


Rezension

Der Montmartre 1905. Paulo, Däumling, die schöne Manon und ihre kleine Bande verbringen ihre Tage auf dem Maquis genannten Hügel Montmartres. Dort versuchen sie Frösche zu züchten, um sie zu verkaufen und so ihre Eltern finanziell zu unterstützen.Ihr Leben ist nicht einfach, teilweise sogar recht hart, aber wenigstens besitzen sie eine gewisse Freiheit, denn meist interessiert sich niemand, wo sie sind und so halten sie untereinander fest zusammen und genießen ihr Leben im Viertel Montmartres. Eines Tages bricht in ihre Welt der Bauunternehmer Noblard ein. Er will den Maquis bebauen und dafür gnadenlos seine jetzigen Bewohner vertreiben. Sein Sohn Jean begleitet ihn und ist ganz und gar nicht davon begeistert, denn er leidet sehr unter seinem herrischen Vater. Jean würde gerne Maler werden, was ein unmöglicher Berufswunsch in den Augen seines Vaters ist. Für ihn zählt nur harte Arbeit und nichts anderes. Künstlerberufe sind da keine Möglichkeit des Broterwerbs. Paulo und seine Band spielen ihm einen Streich und Jean bleibt zurück als sein Vater wutentbrannt abrauscht. Die Kinder nutzen ihre Gelegenheit und nehmen Jean als Geisel, um Geld zu erpressen. Aber der weiß genau, dass er für seinen Vater nichts einen Sous wert ist. Und so verbringt Jean die nächsten Tage mit Däumling und Co..

Patrick Prugne widmet sich in Die Straßenkinder von Montmartre der Zeit Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts und folgt einer Gruppe von Kindern am Montmartre. Diese führen zwar ein hartes, aber dennoch relativ unbeschwertes Leben. Ihr Elend ist ihnen bewusst, aber gleichzeitig wissen sie die daraus resultierenden Freiheiten zu nutzen und genießen ihre unbedingte Freundschaft untereinander. Im Gegensatz dazu steht Jean, der zwar eigentlich alles hat, da sein Vater sehr reich ist, aber dafür nichts darf und dessen Leben von seinem Vater vorgegeben wird. So viel er doch hat, so unfrei ist er. Als er auf die Poulbots trifft, ändert sich so einiges, und zwar sowohl in seinem als auch in ihrem Leben. Er hilft ihnen mit seinem Wissen und sie ihm mit ihrer Freundschaft und ihrem Freiheitsdrang. Sie geben ihm den Mut, seinen Weg zukünftig selbst zu bestimmen. Jedes einzelne der Kinder mit Ausnahme von Manon stellt Prugne kurz vor. Im Fall Manons ist dies sogar geschickt gewählt, da sie die Rolle der Prinzessin in einem Märchen wahrnimmt und dies ist nicht weit hergeholt. Denn der ganze Comic und seine Geschichte rufen eine märchenhafte Stimmung hervor. Es ist ein verklärter Blick zurück, den Patrick Prugne hier auf das Jahr 1905 wirft. Ein Blick der historisch wahrscheinlich nicht vollkommen korrekt ist, aber den Leser diese Zeit näher bringt und ihn mit in eine träumerische Version des Paris der Zeit nimmt. Er greift dafür auf reale Ereignisse zurück und lässt Persönlichkeiten der Zeit auf seine Charaktere treffen. Am Wichtigsten ist hierbei die Begegnung mit Francisque Poulbot. Dieser ist einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Künstler des Montmartre. Er stellte sein ganzes Leben hindurch die Straßenkinder dar und sich in ihre Dienste, indem er z.B. eine Krankenstation in der Rue Lepic gründete. Zwei seiner Originalzeichnungen sind in dem Band enthalten.

Zeichnerisch ist das ganz große Klasse, was Patrick Prugne abliefert. In einem wunderbaren, leichten Aquarellstil stellt er die Poulbots dar und erzeugt mit seiner hellen Farbgebung eine träumerische Stimmung. Sein beschwingter Strich trägt durch die Geschichte und erzeugt viel Atmosphäre. Der Einfluss Poulbots auf die Zeichnungen ist erkennbar, zerstört aber nicht Prugnes Eigenständigkeit, vielmehr trägt alles dazu bei Die Straßenkinder von Montmartre zu einem wunderbar gestalteten Comic zu machen.

Der Bonusteil fällt mit knapp zwanzig Seiten üppig aus und dies vollkommen zurecht und glücklicherweise. Neben einen eingehenden Blick in Prugnes Notiz- und Skizzenbücher, gibt es eine kurze Biographie von Francisque Poulbot, der die Poulbots, die Jungen und Mädchen des Montmartres, in das Bewusstsein der französischen Bevölkerung brachte. Der Bonusteil ist somit hervorragend zusammengestellt und ein Kaufargument.


Fazit

Die Straßenkinder von Montmartre ist ein stimmungsvoller, sehr schön gezeichneter Blick zurück. Stilsicher mit einem Augenzwinkern und mit viel Atmosphäre führt Patrick Prugne durch seine sehr charmante Geschichte. Ein Band der sicher häufiger aus dem Regal geholt werden wird.


Pro & Contra

+ wunderbare Zeichnungen
+ charmante Geschichte

Bewertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/ Leistung: 5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Patrick Prugne:

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