Alice - Im Fadenkreuz der Stasi (Axel Starke)



Dresdner Buchverlag GbR, Dresden 2009
292 Seiten, Taschenbuch
ISBN 978-3-941757-01-1
Preis: 17,90 € (D)

Genre: Historisch-regionaler Krimi



Verbindungsfehler

Sebastian schien zu träumen. Er fühlte sich wie gelähmt. Erst das sich entfernende Motorengeräusch von Samanthas Wagen holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Der aufgewirbelte Straßenstaub senkte sich nur langsam. Unten im Dorf konnte er den alten Kirchturm wieder sehen. Sie fuhr in raschem Tempo davon und ließ einen verdutzten jungen Mann zurück, der noch gar nicht recht begriff, was in den letzten Stunden alles geschehen war. [...]
Sebastian gehörte zu jenen jungen Männern, die sich gern mit hübschen Frauen umgaben. Zwangsläufig ergaben sich dadurch immer wieder Gelegenheiten, mit der einen oder anderen ein intimeres Verhältnis zu beginnen – und oft bald auch schon wieder zu beenden. Seine Beziehungen hielten nie lange, weil er zu viele Gelegenheiten mit den Mädchen aus seinem Umfeld auskostete.
Mit Samantha war das anders. Sie trat selbstbewusst und nachhaltig in sein Leben – und das zu einem Zeitpunkt, als er gerade einen Alptraum hinter sich hatte ...


- aus dem Anfang des Romans

Zwei Jahre davor: Sebastian, der junge Student, wirft ein Auge auf die hübsche Professorin Alice Kießling, die zwar um einiges älter, aber nicht unbedingt zögerlich ist. Sie nimmt die Zügel in die Hand und schon bald sind beide lose liiert – trotz Sebastians Widerstreben wird diese Beziehung immer enger, er nimmt sogar das Angebot an, mit ihr zusammenzuziehen. Noch ahnt er nicht, dass ihre Eifersucht sein geringstes Problem sein wird, denn unwissentlich gerät er in das Visier der Stasi und rutscht in einen Strudel aus Lügen, Anschuldigung und Angst ...

Über Stock und Stein und Handlungsfäden

Vor allem aber beginnt eine holprige und verwirrende Reise für den Leser. Die Handlung dümpelt ziellos vor sich hin, immer wieder stellt man sich die Frage, wofür einzelne Szenen, Bemerkungen, ja, ganze Handlungsstränge und Personen notwendig sind, da sie nichts zur Entwicklung der Geschichte beitragen, sondern ihren Verlauf eher noch bremsen. Von Spannungsbögen oder sich später entschlüsselnden Andeutungen keine Spur, Konflikte werden entweder gleich wieder fallengelassen oder so unspektakulär beschrieben, dass jegliches Interesse schnell wieder verschwunden ist. Immerhin für kurze Momente gelingt es dem Buch, den Leser aufmerken zu lassen, wenn auch eher, weil der wissen möchte, was all diese Geschehnisse für einen Sinn haben sollen. Möglicherweise sind jedoch einige regionale Bezüge für eine bestimmte Zielgruppe ansprechend. Wie korrekt die historische Kulisse gehandhabt wurde, wage ich nicht zu beurteilen.

Ausmalfiguren

Das positivste, das man über die Protagonisten zu sagen vermag, ist, dass nicht alle in die Gut-Böse-Schemata passen. Ansonsten bleiben sie nur eine Aneinanderreihung negativer Adjektive, Umrisse, die nach Belieben ausgemalt werden. Teilweise scheint es, als hätte der Autor spontan mitten im Buch eine Eigenschaft eingefügt, weil sie gerade notwendig war, andere Charakterzüge werden zwar aufgezählt, aber kein einziges Mal durch Handlungen der Figuren bestätigt. Simpel gestrickte Personen kommen zu cleveren Schlussfolgerungen, während ausgebildeten und intelligenten Menschen plumpe Fehler unterlaufen, enge Freunde verkommen zu gelegentlichen Statisten, die Aufgabe der Mädchen ist es, permanent gut auszusehen, während sie immer wieder unverständlich agieren, und das Zwischenmenschliche ist ohnehin nicht zu hinterfragen. Ansonsten fände man nämlich keinen Grund, warum Sebastian sich mit Alice einlässt, da ihm von Anfang an die Vorbehalte und der Widerwillen anzumerken sind, Anziehung in irgendeiner Form hingegen nur einmal. Die erste Verführung wirkt nahezu wie ein unfreiwilliger Akt, ebenso wie jeder weitere Schritt der Annäherung.

Fazit

Ein Kriminalroman, der zwar phasenweise Spannung aufzubauen vermag, die meiste Zeit jedoch verwirrend und sprachlich unbeholfen durch unnötige Handlungsschleifen schlingert, um schließlich an der abrupten Schlussklippe zu kentern. Ein Pluspunkt sind die Ausnahmen bei der Schwarz-Weiß-Malerei, die allerdings möglicherweise in der unentschlossenen Charaktergestaltung begründet sind.
Ausschließlich Lektüre für geduldige Krimifans mit regionalem Interesse.


Pro und Contra:

+ Die Protagonisten sind nicht immer leicht in Schemata einzuordnen

o Regionale und historische Bezüge

- Holpriger, simpler Stil
- Flache Charaktere ohne Konturen und Eigenheiten
- Unglaubwürdige Geschichte
- Verwirrend
- Weitschweifige Erzählweise mit abruptem Ende

Bewertung:


Handlung: 0,5/5
Charaktere: 0,5/5
Lesespaß: 0,5/5
Preis/Leistung: 0/5