Seidenkrieger - Die Schwerter von Dara (Ken Liu)

Droemer Knaur (September 2016)
Originaltitel: The Grace of Kings
Übersetzerin: Katharina Naumann
Hardcover
736 Seiten, 19,99 EUR
ISBN: 978-3-426-65399-9

Genre: Fantasy


Klappentext

Wie ein Sturm fegt die Rebellion über die Inseln von Dara hinweg – nach langen Jahren der Unterdrückung wollen die Menschen frei sein von der grausamen Herrschaft des Kaisers. Zwei Männer werden zu Anführern der Rebellen: der gewitzte Bauernsohn Kuni und der furchtlose Mata, Sohn eines in Ungnade gefallenen Adeligen. Gemeinsam stellen sie sich gegen die übermächtigen Armeen und die gewaltigen Himmelsschiffe des Herrschers – und sogar gegen die launischen Götter selbst. Ihr Kampf lässt sie alle Unterschiede vergessen, macht sie zu Brüdern – doch sie werden zu Todfeinden, als das erbitterte Ringen um die Nachfolge des Tyrannen beginnt.


Rezension

Seit Jahrhunderten ist das Inselreich Dara in sieben Tiro-Staaten geteilt, die sich bekämpfen, ohne dass einer von ihnen je die Oberhand gewinnen kann. Der Aufstieg Kaiser Mapidérés setzt dem ein Ende: Er hat keinen geringeren Anspruch, als das Reich unter seiner Herrschaft zu vereinen. Dabei geht er rücksichtslos vor, löscht Familien aus, zerstört Kulturen und opfert seinen ehrgeizigen Bauprojekten das Leben unzähliger Arbeiter. Der Hass gegen ihn ist groß, aber erst als er stirbt und Dara in die Hände des Kindkaisers Erishi und seiner auf ihren eigenen Vorteil bedachten Berater übergeht, ergibt sich die Chance auf eine erfolgreiche Rebellion.

Es ist eine Reihe von Faktoren, die dazu führt, dass sie schließlich ausbricht. Die Personen, die nun auf beiden Seiten Schlüsselrollen einnehmen, sind teils Angehörige der alten Eliten, teils aber auch Menschen einfacher Herkunft, deren Fähigkeiten sie nun rasant aufsteigen lassen. Wie zum Beispiel Marana, den ein Scherz eines Höflings zum General macht, oder die geniale Strategin Gin Mazoti.

Rasch werden zwei Männer zu den Gesichtern des Aufstands: der mitfühlende, pragmatische Kuni, der sein Leben als Herumtreiber hinter sich lässt und in sich die Anlagen zu einem Herrscher entdeckt, und der stolze, kompromisslose Adelige Mata. So verschieden diese Männer auch sind, entwickeln sich zwischen ihnen bald tiefer Respekt und aufrichtige Freundschaft. Doch während sie sie gemeinsam einem übermächtigen Feind entgegentreten konnten, droht ihre Freundschaft zu zerbrechen, sobald sie tatsächliche Macht in Händen halten – ihre Visionen für die Zukunft Daras sind unvereinbar.

Dara ist ein faszinierender Schauplatz: Auf kleinem Raum gibt es eine Vielzahl von Kulturen und zahlreiche originelle Details erwecken die Fantasy-Welt zum Leben. So unterscheidet sich z.B. die Fauna ein wenig von der in unserer Welt und es gibt einige spannende alternative technologische Entwicklungen. Insgesamt hat Dara ein eher asiatisches Flair, ohne allzu offensichtlich einer realen Kultur abgeschaut zu sein. Die launischen Götter der Inseln greifen immer wieder ins Geschehen ein, aber sind durch einen Vertrag daran gehindert, allzu massiv auf die Welt der Sterblichen einzuwirken.

Das politische Geschehen ist komplex und voller Wendungen. Obwohl es in „Die Schwerter von Dara“ von großen Schlachten wimmelt, werden diese meist eher nüchtern zusammengefasst. Deutlich größeren Raum nimmt ein, was die Figuren motiviert und wie sie sich im Verlauf der Handlung entwickeln. Ihre persönlichen Beziehungen, ihre Geschichte und ihr Familienleben werden ausführlich geschildert. Kuni und Mata sind zwar die Hauptfiguren, aber ihre Geschichten sind mit denen vieler anderer Charaktere verwoben, die ebenfalls zu Wort kommen. Darunter sind geradezu erhabene Gestalten, aber auch solche, deren Handlungen man als Leser zutiefst missbilligt, aber auf der Grundlage dessen, was man über sie weiß, doch nachvollziehen kann. Insgesamt ist die Differenziertheit und Wandlungsfähigkeit sämtlicher Charaktere vielleicht die größte Stärke des Buches. Lius Roman hat nicht wirklich Momente atemloser Spannung, aber bleibt durchgängig interessant.


Fazit

Mit „Die Schwerter von Dara“ hat Ken Liu ein beeindruckendes Epos voller Graustufen geschrieben. Über Jahre hinweg begleitet dieser eher ruhige Roman eine Vielzahl von Akteuren durch eine chaotische Zeit der Rebellion, in der plötzlich alles möglich erscheint. Die Inseln Daras mit ihrer Kultur und ihren Mythen bilden einen ebenso interessanten wie stimmigen Hintergrund.


Pro und Contra

+ differenzierte, entwicklungsfähige Charaktere
+ spannende, vielfältige Kultur Daras
+ überzeugende Charakterentwicklung
+ unerwartete Wendungen
+ keine Schwarz-Weiß-Malerei

o Erzähltempo gerade anfangs ein wenig gemächlich
o Action meist zusammenfassend und distanziert geschildert

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Rezension zu "Die Götter von Dara" (Bd.2)

Tags: Götter, Asien