Freaks of the Heartland (Steve Niles / Greg Ruth)

Cross Cult (August 2008)
Hardcover, Seiten: 144
Preis 19,80€
ISBN: 978-3-936480-89-4

Genre: Horror


Klappentext

Tief im Herzen Amerikas lauern die Monster!

Fernab der Großstadthektik, tief im Herzen des American Heartland dreht sich die Uhr langsamer und die Geheimnisse wiegen schwerer.

Trevor und sein kleiner Bruder Will wachsen auf einer abgelegenen Farm auf, zusammen und doch getrennt. Denn Will, riesengroß und körperlich entstellt, wird wie viele andere Kinder seiner Art in der Ortschaft Gristlewood Valley vor der Außenwelt versteckt gehalten. Als Trevors alkoholkranker Vater versucht, den „Freak“ der Familie umzubringen, beschließen die Kinder, gemeinsam zu fliehen – mitten hinein in das Herz Amerikas.

John Steinbecks „Von Mäusen und Menschen“ trifft Mary Shelleys „Frankenstein“: Ein poetischer Horror -Comic und eine anrührende Coming of Age-Fabel von Genre-Legende Steve Niles („30 Days of Night“) und Ausnahmetalent Greg Ruth („Conan“, „The Matrix“)


Rezension

Trevor ist ein offenherziger und aufgeweckter Junge. Doch seine Unbeschwertheit ist immer nur von kurzer Dauer, denn sobald er nach Hause kommt, erwarten ihn nur Unliebsamkeiten.
Sein Vater ist ein Trinker und Frauenunterdrücker. Seine Mutter hat nichts zu sagen und ihre vorsichtigen Versuche Trevor in Schutz zu nehmen, werden im Keim erstickt.

Der Einzige, dem der Junge sich anvertrauen und mitteilen kann, ist sein kleiner Bruder Will. In einem Schuppen angekettet und von der Außenwelt versteckt, vegetiert der unnatürlich große und körperlich entstellte Sechsjährige.
Sein enormer Wuchs und ein Zwischenfall im Dorf bringen den Vater dazu zur Flinte zu greifen und ihm nach dem Leben zu trachten. Doch Trevor erkennt die Absichten und entschließt mit seinem Bruder ins Unbekannte zu flüchten.

„Für mich ist das amerikanische Heartland ein Ort, an dem die Zeit keine Macht hat. Das war genau das Setting, das ich für Freaks of the Heartland brauchte. […] Ich finde es faszinierend, dass es immer noch ganze Regionen gibt, wo die Zeit anders zu verstreichen scheint als im Rest der Welt“
(Steve Niles über Freaks of the Heartland)

Freaks of the Heartland – in der Form, in der es von Cross Cult vertrieben wird – ist eine Komplettsammlung von einer sechsteiligen Kurzserie, in einem Qualitativ hochwertigen Hardcover und einer sehr handlichen Größe.
Ursprünglich war das Werk, als eine sehr textlastige Graphic Novel gedacht, doch nach den ersten Einblicken in Greg Ruths Artwork entschied sich Steve Niles, den größten Teil der Texte zu streichen und das Geschichtenerzählen einfach den Bildern zu überlassen.

Zu dieser Entscheidung kann man Niles nur beglückwünschen. Schon das Cover spielt mit der Voreingenommenheit des Lesers und präsentiert den Mittleren Westen, wie man ihn aus Horrorfilmen wie „Texas Chainsaw Massacre“ oder „Wrong Turn“ kennen und fürchten gelernt hat.
Aber die Landschaft, die wirkt, als habe man einen gold-gelben Filter vor das Sichtfeld geklebt bekommen, versprüht eben einen unerträglich Alle-werden-sterben-Charme. Diese Eigenheit in die Zeichnungen übertragen, wirken allesamt wie Fotos, die anschließend mit einem Stift nachgezeichnet wurden. Einfach beeindruckend und nur schwierig in Worte zu fassen.

Jedes Bild, der 152 Seiten, entfaltet eine unbändige und intensive Atmosphäre und erzählt die philosophische Geschichte besser, als es mit Worten möglich gewesen wäre. Dabei wünschte man sich, dass auch auf die Sprechblasen hätte verzichtet werden können, damit einem nicht unweigerlich vor Augen gehalten wird, dass es sich hier um einen Comic handelt. In diesem Fall sollte dieser Begriff allerdings außen vor gelassen werden, denn Freaks of the Heartland ist viel mehr als das.

Steve Niles ist besonders bekannt für seinen verfilmten Comic „30 Days of Night“ und wie so oft wird schnell ein verallgemeinernder Stempel aufgedrückt. Mit Freaks of the Heartland schüttelt er den Titel des „Vampir-Typs“ schlicht ab und zaubert etwas hervor, das nicht einfach ein seelenloser Horrorstreifen ist. Blutige Eskapaden bleiben hier ebenfalls aus. Stattdessen ist eine anrührende und beklemmende Arbeit entstanden, in der die wahren Monster diejenigen sind, die hinter den „Freaks“ her sind.

Cross Cult bleibt sich treu und spendet neben der gewohnt hohen Qualität auch tolle Infomaterialien und ein ausführliches Interview, sowohl mit Autor Niles als auch Illustrator Ruth.
Die unausweichlichen Fragen, die nach dem Lesen aufkommen, zu den Zeichnungen, der Geschichte und den Aufwand, den das Projekt einforderte, werden mehr als gestillt.


Fazit

Selten hat ein Comic es so sehr verdient, als eben solcher nicht bezeichnet zu werden. Fantastische Zeichnungen treffen auf philosophisch angehauchte Horrorgeschichte. Comic-Kunst in ihrer besten Form. Die Zugaben von Cross Cult werten das Meisterwerk zusätzlich auf.


Pro und Kontra

+ fantastische Zeichnungen
+ anrührende und spannende Geschichte
+ tiefgründig
+ tolles Bonusmaterial
+ hochwertige Aufmachung

Beurteilung: 

Handlung 4/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5