Die Legende von Shikanoko - Herrscher der acht Inseln (Lian Hearn)

Fischer Sauerländer (August 2017)
Hardcover mit Schutzumschlag
Übersetzt von: Sibylle Schmidt
592 Seiten, 19,99 EUR
ISBN: 978-3-7373-5466-0

Genre: fernöstlich-historische Fantasy


Klappentext

Shikanoko ist eigentlich nur der Sohn eines einfachen Vasallen. Doch als er von einem Magier eine übernatürliche Maske vermacht bekommt, wird aus ihm das Kind des Hirsches, und er verfügt fortan über magische Fähigkeiten und besonderes Kampfgeschick. Als der alte Kaiser stirbt, gerät Shikanoko in die Fänge des Fürstabts, der alles daransetzt, die höchste Macht im Land – den Lotusthron – an sich zu reißen. Shikanoko muss fliehen und entkommt dabei mehr als einmal nur knapp dem Tod. Doch er muss unbedingt Aki finden, die Herbstprinzessin, die er liebt, und die ein großes Geheimnis verbirgt. Denn in ihrer Obhut befindet sich niemand anderes als der rechtmäßige Nachfolger für den legendären Lotusthron.


Rezension

Kazumarus Vater kommt unter mysteriösen Umständen ums Leben. Zu allem Übel versucht sein Onkel ihn zu töten, um selbst den Besitz der Familie zu erben. Doch Kazumaru überlebt und trifft im Schwarzen Wald auf einen Hexer, der ihm eine magische Maske anfertigt. Kazumaru wird zu Shikanoko, dem Kind des Hirsches. Von nun an kann er auf die Magie des Waldes zugreifen, doch er muss erst lernen, mit seiner neuen Macht umzugehen. Währenddessen bricht Krieg im Kaiserreich aus und der rechtmäßige Thronerbe wird ermordet. Akihime, die Herbstprinzessin, flieht mit dessen kleinem Sohn, der der wahre Kaiser ist. Shikanoko muss die beiden finden und dem Jungen zu seinem Recht verhelfen, um das Gleichgewicht im Kaiserreich wiederherzustellen …

Mit „Herrscher der acht Inseln“ nimmt „Die Legende von Shikanoko“ ihren Anfang und erweist sich bereits in den ersten Kapiteln als recht komplex. Zunächst konzentriert sich die Geschichte auf Shikanoko, der mehrmals knapp dem Tod entrinnt und verschiedenen Lehrern begegnet, die ihn gleichermaßen zu einem Krieger wie zu einem Hexer machen. Er ist der faszinierendste Charakter, als Protagonist jedoch beinahe unterrepräsentiert. Gemeinsam mit ihm wird man in eine düstere Geisterwelt gezogen, in der Hexer ihre Augen als magische Gegenstände zurücklassen und künstliche Wesen aus Haut und Knochen erschaffen. Shikanoko wird dabei von dem Wunsch nach Rache an seinem Onkel, aber auch von seinem Pflichtgefühl dem Kaiserreich gegenüber und der Faszination für die obskuren Rituale angetrieben. Er wird Teil einer dunklen Welt, die ihm große Macht verheißt, ihn aber auch vernichten kann.

In der „Legende von Shikanoko“ geht es wesentlich um den Konflikt zwischen zwei verfeindeten Clans, den Kakizuki und den Miboshi. Erstere halten am wahren Kaiser fest, werden jedoch von den Miboshi, die unter dem Einfluss des Fürstabts handeln, vertrieben. Lian Hearn schildert die Geschichte dabei aus Sicht verschiedener Figuren, die teilweise auf Seite der Kakizuki oder der Miboshi stehen oder auch einfach versuchen, in den Kriegswirren für sich das Beste herauszuholen. Manche Charaktere bleiben recht blass, während andere einem schnell ans Herz wachsen, wobei man sich von einigen viel zu früh verabschieden muss. Die Herbstprinzessin Akihime ist eine der wenigen, zu der man eine stärkere Bindung aufbaut, was auch an ihren Gefühlen für Shikanoko liegt.

Die Autorin orientiert sich in ihrer „Legende von Shikanoko“ an alten japanischen Kriegerepen. Auf dieser Basis hat sie eine authentisch wirkende, mystische Welt erschaffen, die die Leser ins mittelalterliche Japan versetzt und sie die Sorgen und Hoffnungen der reichen und armen Bevölkerung erleben lässt. Diese Menschen glauben an Geister und Naturgötter und wenn sie meinen, ihre Ehre verloren zu haben, wählend sie oftmals den Freitod. So werden auch die Handlungen vieler Charaktere in diesem Buch von gesellschaftlichen Zwängen bestimmt, wobei sich so mancher auch widersetzt und in innere Konflikte gerät. Man kann das Handeln der meisten Figuren gut nachvollziehen, wobei manche etwas zu steif geraten sind und die kulturellen Hintergründe teilweise sehr fremd erscheinen - was den phantastischen Eindruck der Geschichte jedoch für verstärkt.

Hervorzuheben sind die authentischen Beschreibungen von alltäglichen Gegenständen, Waffen, Kleidung und Häusern. Als westlicher Leser dürfte man sich mit den vielen japanischen Namen schwer tun, wobei Manga- und Animefans da klar im Vorteil sind. Für alle anderen gibt es vorweg ein Personenverzeichnis, in das man kurz hineinschauen kann, falls man mal den Überblick verliert. Das Hardcover punktet zudem mit einer sehr schönen Gestaltung, inklusive stimmungsvollem Cover und einer Leseprobe vom 2018 erscheinenden zweiten Band „Fürst des schwarzen Waldes“.


Fazit

“Die Legende von Shikanoko“ fasziniert von der ersten Seite an mit ihrer düsteren, verstörenden Magie. Das Setting im mittelalterlichen Japan wirkt durchweg authentisch und die Geisterwelt zieht nicht nur den jungen Shikanoko in ihren Bann. Während er zu einem mächtigen Krieger und Hexer heranreift, kämpfen andere Charaktere um ihren Platz in einer vom Krieg zerrütteten Welt. "Herrscher der acht Inseln" ist ein facettenreicher, komplexer Auftaktband, der hungrig auf mehr macht!


Pro und Contra

+ Shikanoko fasziniert ungemein
+ insbesondere die jungen Charaktere überzeugen
+ authentisches Setting im alten Japan
+ düstere, verstörende Geisterwelt
+ leicht zu lesender, passender Schreibstil
+ wunderschöne Gestaltung des Hardcovers

- manche Figuren bleiben zu blass

Wertung: sterne4

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5

Tags: Mittelalter, Japan, Asien