Der Drachenjäger - Die erste Reise ins Wolkenmeer (Bernd Perplies)

der drachenjaeger

Fischer TOR (2017)
Taschenbuch, 496 Seiten 9,99 EUR
ISBN: 978-3-596-29671-2

Genre: Fantasy


Klappentext

In der Küstenstadt Skargakar leben die Bewohner von der Jagd auf Drachen, die es in den dunstig weißen Weiten des Wolkenmeeres in schier endloser Zahl gibt. Auch Lian trägt seinen Teil dazu bei. Als Kristallschleifer verarbeitet er magische Kyrilliane, die die Flugschiffe der Jäger in die Lüfte heben. Eines Tages macht sich Lian jedoch einen gefährlichen Mann zum Feind und ist gezwungen, auf dem erstbesten Flugschiff anzuheuern. Ein Fehler, wie sich bald herausstellt: Denn Adaron, der fanatische Kapitän, jagt nicht irgendwelche Drachen. Sein Ziel ist der Urdrache Garganthuan selbst – und er ist bereit, für diese Jagd alles zu opfern.


Rezension

Die Straßen von Skargakar sind ein raues Pflaster, doch Lian hat mit seiner Lehre als Kristallschleifer einen recht guten Stand. Sein Vater war einst ein gefürchteter Drachentöter, doch nun ist er ein Trunkenbold, den keiner mehr ernst nimmt. Lian träumt zwar von den weißen Weiten des Wolkenmeeres, doch er fühlt sich an Skargakar gebunden – bis sein Vater durch eine eigentlich gute Tat Lians Schicksal besiegelt. Der junge Mann macht sich daraufhin einen der mächtigsten Männer der Küstenstadt zum Feind. Sein einziger Ausweg ist die Flucht ins Wolkenmeer und so sucht er nach einem Drachenjäger-Schiff, auf dem er anheuern kann. Dabei gerät er ausgerechnet auf die Carryola – das Schiff des fanatischen Kapitäns Adaron, der den gewaltigen Urdrachen Garganthuan jagt, um Rache an ihm zu üben …

In „Der Drachenjäger“ kehrt man in die Welt des „Imperiums der Drachen“ zurück, allerdings befinden wir uns in einer ganz anderen Zeit und ebenso an einem anderen Ort. Die Küstenstadt Skargakar liegt jenseits der Schauplätze der Vorgänger-Dilogie, ebenso wie das riesige Wolkenmeer, in dem neben den Drachen Vogelmenschen namens Taijirin in phantastischen Inselreichen leben. Neben den Menschen gibt es außerdem noch die hundeköpfigen Nondurierer – und die mysteriösen Sidhari, die man bereits kennt und über die man auch dieses Mal nur wenig erfährt. Die Geschichte konzentriert sich stark auf Lian und seine erste Reise ins Wolkenmeer, die für ihn viele Wunder, aber auch viel Schmerz bereithält. Bernd Perplies schildert dabei nahezu alle Kapitel aus der Sicht des jungen Mannes.

Lian ist ein eher ruhiger, verantwortungsbewusster Charakter, der ohne Not niemals aus Skargakar geflohen wäre. Er traut sich anfangs nicht zu, jemals in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, doch das Schicksal hält genau das für ihn bereit. Auf der Carryola soll ausgerechnet er der neue Drachentöter werden – neben der wilden Amazone Corantha und dem schweigsamen Taijirin Ialrist. Zwei eindrucksvolle Persönlichkeiten, die Kapitän Adaron bei seiner fanatischen Jagd nach Garganthuan unterstützen. Ebenso wie der geheimnisvolle Sidhari Hanon’ka, der für Lian eine Art Mentor ist. Mit an Bord ist zudem Lians bester Freund Canzo, ein etwas grobschlächtiger, warmherziger Kerl, der eine junge Dame mit ruhmreichen Taten beeindrucken will. Abgesehen von diesen Personen – und dem Koch Smett, der mehr sieht und weiß, als man zu Beginn ahnt – bleiben die anderen Besatzungsmitglieder eher blasse Nebencharaktere.

Dass „Der Drachenjäger“ von „Moby Dick“ inspiriert wurde, erkennt man bereits in den ersten Kapiteln, die eine Vorgeschichte zur eigentlichen Handlung bilden. Darin werden Adarons Motive für seinen Rachefeldzug deutlich und man fühlt lange Zeit mit dem düsteren Kapitän mit. Wie auch Ahab wird Adaron jedoch zunehmend fanatischer und der Tod mehrerer Crewmitglieder schürt Unruhe in der Mannschaft. Lian muss dabei seine eigene Rolle überdenken und in den letzten Kapiteln zeigt sich, dass seine Geschichte hier erst ihren Anfang nimmt.

Im Laufe der Handlung begegnet dem Leser eine Vielzahl von Drachen, die allesamt kreative Namen und ganz unterschiedliche Eigenschaften erhalten haben. Manche speien Feuer oder Säure, andere besitzen Klingenschwänze und so manch kleines Exemplar ist gar als Haustier begehrt. Die Schiffe, wie auch die Inseln der Taijirin, werden von magischen Kristallen in der Luft gehalten, was den Drachenjägern viele Möglichkeiten eröffnet, sie aber auch in der Beweglichkeit einschränkt. Die Welt wartet darüber hinaus mit vielen interessanten Details auf, seien es die verschiedenen Religionen ihrer Bewohner oder die architektonischen Eigenheiten verschiedener Orte.

Im Nachwort erzählt Bernd Perplies, dass er mit dieser Geschichte gerungen habe wie Adaron mit Garganthuan, und tatsächlich erscheint die zweite Hälfte des Romans stellenweise etwas holprig. Auch wenige langatmige Kapitel in der Mitte trüben den Lesespaß vorübergehend. Doch der Autor beweist ebenso – wieder einmal – sein Talent, die Leser ganz und gar in seine Welt hineinzuziehen. Von der ersten Seite an läuft das Kopfkino mit und Skargakar und das Wolkenmeer erscheinen so lebendig, als wäre man wirklich dort. Für Fans von „Das Imperium der Drachen“ gibt es zudem einiges zu entdecken, wobei sich „Der Drachenjäger“ auch wunderbar als Einzelroman / Auftaktband lesen lässt. Vorkenntnisse sind nicht notwendig, machen die Handlung aber spannender.

Etwas schade ist, dass „Der Drachenjäger“ nur als Taschenbuch erschienen ist, außerdem gibt es dieses Mal keine Karte der Welt. Diese wäre vor allem für Vergleiche mit „Das Imperium der Drachen“ interessant gewesen, um einzuordnen, wo man sich genau befindet. Das Covermotiv passt dafür hervorragend und zeigt genau das, was der Inhalt bietet.


Fazit

„Der Drachenjäger“ zeigt sich von „Moby Dick“ inspiriert und begeistert mit einer phantastischen Welt, in der Schiffe durch ein Meer aus Wolken gleiten und in der verschiedenste Völker zusammenarbeiten, um majestätische Drachen zu erlegen. Zum Ende hin wird deutlich, dass hier eine größere Geschichte erst ihren Anfang nimmt und man kann es kaum erwarten, zu erfahren, was diese wundersame Welt der Drachen noch bereithält.


Pro und Contra

+ phantastische Welt der Drachen
+ Lians Reise als wunderbare und schmerzhafte Erfahrung
+ das weite Wolkenmeer und seine Geheimnisse
+ inspiriert von „Moby Dick“
+ interessante und facettenreiche Nebencharaktere
+ viele originelle Details, die die Welt lebendig machen
+ sowohl als Erweiterung des „Imperiums der Drachen“ als auch als Einzelroman sinnvoll
+ gelungenes Covermotiv

- zum Ende ein wenig holprig
- man hätte gerne mehr über wichtige Nebencharaktere erfahren

Wertung: sterne4

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


Interview mit Bernd Perplies (2014, zu "Imperium der Drachen")

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Tags: Bernd Perplies, Drachen