Baltimore Bd.1 (Mike Mignola, Christopher Golden, Ben Stenbeck, Dave Stewart)

Verlag: Cross Cult; (Dezember 2017)
Gebundene Ausgabe: 576 Seiten; 50 €
ISBN-13: 978-3864256660

Genre: Horror/ Grusel


Klappentext

Die Pestschiffe baut auf einer Geschichte auf, die in Baltimore, oder, Der standhafte Zinnsoldat und der Vampir anfing, einem illustrierten Roman von Christopher Golden und Mike Mignola, der selbst eine tosende Kriegsmaschine von Buch war, ein unablässiges Bombardement von Action und Ideen. Aber keine Sorge, wenn ihr dieses Buch nicht gelesen habt. Dieser Comic ist keine Fortsetzung, sondern eher eine Erweiterung, ein zweiter Eingang in dieselbe schattige Gruft. Es macht uns bekannt mit dem düsteren, unermüdlichen und wirklich ausgesprochen gut bewaffneten Lord Henry Baltimore, und nach weniger als zwölf schauerlichen, brutalen und hirnzermarternden Seiten ist sein Streben danach, Haigus, den König der Vampire, zu vernichten, zu unserem Streben geworden...“

Joe Hill, aus seinem Vorwort

Dieser Band vereint die ersten vier Sammelbände (Die Pestschiffe, Die Glocken der Verdammnis, Ein durchreisender Fremder und andere Geschichten, Die Knochenkapelle) mit den Abenteuern des furcht- und ruhelosen Vampir- und Dämonenjägers, der quer durch ein versinkendes Europa reisen muss, von England nach Deutschland und weiter nach Frankreich, Italien, Kroatien und weit in den Balkan hinein, um schließlich ganz woanders seinem Schicksal entgegenzutreten.

Außerdem enthalten: Ein Interview mit Zeichner Ben Stenbeck!


Rezension

Der Erste Weltkrieg ist vorbei. Allerdings nicht durch einen Sieg von den Allierten und einer Niederlage Deutschlands, sondern weil mitten im Krieg eine Seuche ausgebrochen ist, die hohe Opferzahlen forderte und etwas mit sich brachte, was eigentlich in den Bereich der Sagen gehört: Vampire! Lord Henry Baltimore ist ihnen auf den Schlachtfeldern begegnet und jagt seitdem einen ganz bestimmten. Haigus, einer der Alten, hat seine Familie getötet und die Seuche überhaupt über Europa gebracht. Fortan verfolgt ihn Baltimore und er zeigt auf seinem Weg keine Gnade gegenüber den Geschöpfen des Bösen. Jedoch wird er selbst auch verfolgt. Der fanatische Inquisitor  Richter Duvic sieht in Baltimore das lauernde Böse und das will er ausmerzen.

Christopher Golden und Mike Mignola schufen Lord Baltimore für einen Roman, der ganz in der Tradition der Schauerromantik stand und den Vampirhorror zu Zeiten eines Twilight wieder blutig machte. Bald darauf erschienen auch Comics zu Baltimore, auf die deutsche Fans zunächst lange warten mussten, bis sie in einem Sammelband erschienen. Dieser war leider limitiert und sehr schnell vergriffen. Da aber nun ein zweiter Sammelband mit weiteren Geschichten über den Vampirjäger Baltimore erschien, hat Cross Cult die Gelegenheit genutzt auch den ersten Band mit einem neuen Cover zu veröffentlichen und so neuen Lesern zugänglich zu machen.

Die Comics stehen dabei weiterhin ganz in der Tradition des Romans und seiner Vorbilder. Die Spannung und der Horror kommen auf leisen Sohlen daher, brechen sich Bahn in kompromissloser Action, die mehr als blutig ist und doch stehen die Charaktere im Mittelpunkt, die ausgearbeitet sind und vor allem im Falle von Baltimore und Duvic Getriebene sind, die vermutlich nie Frieden finden werden. Die vier gesammelten Bände erzählen Geschichten, die Lord Baltimores Weg zu seinem letzten Gefecht mit Haigus zeigen. Dementsprechend ist es nicht nötig, den Roman zuvor gelesen zu haben.

Die Pestschiffe

Villefranche im August 1916. Lord Baltimore kommt mit einem Schiff in den Ort, der von Vampiren geplagt wird. Er vernichtet sie mit Hilfe der örtlichen Hexe alle. Dabei erfährt er von Haigus und beschließt ihm zu folgen. Die Enkelin der Hexe besteht darauf mit ihm zu kommen und sorgt für eine Schiffspassage. Es kommt, wie es kommen muss. Das Schiff kentert im Sturm und Lord Baltimore und seine Begleiterin landen auf einer Insel, wo bereits das Böse lauert. Als sie einen Moment Zeit haben, erzählt Baltimore, wie er zudem geworden ist, was er ist.
Ein starker Auftakt Baltimores in die Welt der Comics. Die Geschichte atmet ganz die Atmosphäre und die Tradition eines Bram Stokers oder einer Mary Shelly. Zudem kommt der typische Mignola Touch, der Die Pestschiffe zusätzlich zu etwas Besonderen werden lässt, woran auch Christopher Golden, Ben Stenbeck und Dave Stewart ihren Anteil haben.

Die Glocken der Verdammnis

Baltimore kommt nach Bludeschtag in Österreich und trifft dort auf einen Journalisten vom Boston Globe. Dieser hat es sich in den Kopf gesetzt, ein Vampirexperte zu werden. Die Gelegenheit dazu hat er schon bald, denn mit dem Kloster auf dem Berg stimmt etwas nicht. Baltimore bricht auf, um das Böse zu vertreiben und der Journalist Simon Hodge folgt ihm. Derweil ist Richter Duvic auf seinem Weg zu Baltimore und hinterlässt dabei eine blutige Spur.
Ein Kloster auf einem Berg, hinter dessen Mauern Mysteriöses passiert, verführte Nonnen, vom Glauben abgefallene Priester und Menschen und eine große Bedrohung, die verheerend sein könnte und sich durch Magie speist, alles Zutaten eines klassischen Horrorromans, die die Macher in Die Glocken der Verdammnis effektiv einsetzen und wirklichen Horror heraufbeschwören. Gleichzeitig wirkt Richter Duvic immer fanatischer und gnadenloser. Er hat längst die Grenze überschritten, die Gut und Böse voneinander trennt.

Ein durchreisender Fremder und andere Geschichten

Eine Reihe von Kurzgeschichten sind hier zu finden. Die Witwe könnte nicht klassischer sein und könnte fast aus der Feder eines Horrorautoren des 19. Jahrhunderts stammen. Der Panzer ist ungewöhnlich und bringt etwas Humor mit. Ein durchreisender Fremder fällt etwas aus dem Rahmen, da sie die Monster in den Fokus stellt und näher charakterisiert. Dr. Leskovars Elixier ist die tragische Geschichte eines Mannes, der das Gute will, aber das Schlechte hervorbringt und in seinem tragischen Fehler gefangen ist und für seine Erlösung sterben muss. Der Inquisitor verleiht Richter Duvic mehr Hintergrund und zeigt seinen Fanatismus, der bereits in Wahnsinn umgeschlagen ist und ihn etwas äußerst verwerfliches tun lässt.

Die Knochenkapelle

Dieser Band beinhaltet zwei Geschichten, nämlich Der Höllenzug und Die Knochenkapelle.

Der Höllenzug

Baltimore kommt nach Budapest. Hier sucht er die letzte Begegnung mit Richter Duvic. Und tatsächlich treffen sie aufeinander. Allerdings unter den denkbar schlechtesten Umständen. Ein seltsamer Zug ist eingetroffen und Vampire scheinen sich nun auch hier breitzumachen.
Ein erster kleiner Showdown wartet auf Baltimore in Budapest und Mike Mignola und seine Mitstreiter haben trotz allem so manche Überraschung parat und steigern die Spannung weiter, ob Baltimore seine Rache bekommt.

Die Knochenkapelle

Die finale Konfrontation zwischen Baltimore und Haigus steht an, weswegen Baltimore seine Freunde nach London gerufen hat. Müde vom langjährigen Kampf erreicht er die Stadt, aber auch Haigus ist müde geworden und erwartet sein Ende mit Ungeduld. Nicht ohne, einen letzten Schlag gegen Baltimore zu führen.
Das Ende einer langen Jagd zeigt ein weiteres Mal die Qualitäten, die Baltimore ausmachen. Der Aufbau der Geschichte, der Charaktere und der Atmosphäre sind einfach perfekt zu nennen. Glücklicherweise wird es weitergehen, denn Baltimores Fluch ist noch nicht gebrochen.

Die Zeichnungen stammen von Ben Stenbeck, der sich klar an Mike Mignolas Zeichenstil orientiert, aber dennoch genug Eigenständigkeit besitzt. Er verzichtet auf Spielereien und hält alles klar und übersichtlich, denn die Geschichten haben es nicht nötig auf billige Effekte zu setzen, um von fehlendem Inhalt abzulenken. Stenbecks Bilder sind atmosphärisch und auf den Punkt gebracht. Die Düsternis, die die Welt in Baltimore umhüllt, zeigt sich in jedem Bild. Auch durch die Kolorierung von Dave Stewart, der seinen Teil dazu beiträgt, Baltimore zu dem Horror werden zu lassen, der er ist. Er hat bereits zu genüge bewiesen, dass er weiß, wie Geschichten von Mike Mignola zu kolorieren sind, indem er unter anderen dessen Serie B.U.A.P. mit Farbe versehen hat.

Das Bonusmaterial fällt üppig aus, da Cross Cult das Bonusmaterial des jeweiligen Einzelbandes übernommen hat. So gibt es Skizzenbücher, Layouts, Cover, Alternativcover und Entwürfe zu bewundern. Dazu kommt ein sehr interessantes Interview mit Ben Stenbeck, das eine tolle Anekdote über Moebius bereithält.


Fazit

Baltimore Bd.1 ist jeden Cent wert. Mike Mignola und seine Mitstreiter erzählen hier eine Horror- und Gruselmär auf allerhöchstem Niveau. Selten sind Figuren so gut ausgearbeitet und Spannung und Grusel so effektiv aufgebaut worden. Wer klassischen Horror und die Autoren der Schauerromantik mag, sollte nicht zweimal überlegen und zugreifen.


Pro & Contra

+ umfangreiches Bonusmaterial
+ hochwertiges Papier mit toller Haptik
+ spannend und gruselig
+ Horror, wie er sein soll
+ Zeichnungen sind ohne Spielereien und Effekthascherei, sondern wirken einfach

Bewertung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


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