Die Werwölfe (Christoph Hardebusch)

Heyne (September 2009)
Taschenbuch, Seiten: 512
Preis: 14,00€
ISBN: 978-3-453-53316-5

Genre: Mytsery / Fantasy


Klappentext

Das große Epos über die finsteren Wesen der Nacht.
Die Werwölfe


Europa, Anfang des 19. Jahrhunderts: Ein neues Zeitalter bricht an. Doch aus der Vergangenheit drängen alte, dunkle Mächte zurück ans Licht.

Der junge Adelige Niccolo Viviani begegnet am Genfer See dem berühmten Lord Byron und ist zutiefst fasziniert. Doch als der Große Dichter ihn in das uralte Geheimnis der Wolfsmenschen einweihen will, werden sie von den Schergen der Inquisition überrascht. Niccolo muss fliehen und dem dunklen Ruf seines Blutes folgen – dem Ruf der Werwölfe …

Das Mystery-Ereignis vom Bestsellerautor von Die Trolle.


Rezension

Niccolo Viviani kann sein Leben in vollen Zügen genießen. Als Sohn eines Adligen, und damit selbst blaublütig, widmet er sich dem, was ihm Spaß macht, der Literatur. Dieser opfert er viel Zeit und Herzblut, was seinem Vater zuwider ist.
Dessen plötzliche Verkündung, dass der junge Mann auf eine „Grand-Tour“ gehen wird, damit er die Welt kennen lernt, bevor er sich dem Militär anschließen muss, kommt wie ein Schock.

Einen Lichtblick gibt es dennoch, denn Valentine, die im Hause Viviani auf Niccolos Schwester Marcella aufpasst und die heimliche Besitzerin seines Herzens ist, wird ihn auf dem ersten Teil der Reise begleiten. Ihre Liebe soll am Ende kein Geheimnis mehr sein.
Als sie bei Valentines Eltern ankommen und es Niccolo zum Genfer See zieht, kommt alles anders als geplant. Denn dort trifft er den Schriftsteller Lord Byron und dieser eröffnet ihm eine völlig andere Welt.

Christoph Hardebusch ist ein weiterer Überraschungsbestsellerautor, der auf die Fantasywelle - nach dem Erfolg von Der Herr der Ringe im Kino - aufgestiegen ist. Dies geschah allerdings 2006 mit „Die Trolle“ erst recht spät. Auch sein zwei Jahre später erschienenes Folgewerk  „Sturmwelten“, dessen Anlehnung an Fluch der Karibik kaum zu leugnen ist, wurde erst herausgebracht, als der Piraten-Hype schon am abflachen war.
Mit „Die Werwölfe“ hinkt Hardebusch zwar wieder ein wenig hinterher, aber die Dark-Fantasy- bzw. Mystery-Manie ist immerhin noch nicht vorbei.

Dieses mäßige Timing kann schon mal dazu führen, dass in der lawinenartigen Menge an Büchern der Trittbrettfahrer ein Hardebusch-Werk untergeht. Auch der nichtssagende Titel „Die Werwölfe“ trägt nicht eben dazu bei, sich eine passende Vorstellung vom Inhalt zu machen. Heyne setzt leider darauf, die Verkaufszahlen zu heben, indem sie ihre sehr erfolgreiche Zwerge-, Elfen-, Trolle-Reihe fortführen, anstatt Hardebusch selbst als Kaufgrund zu vermarkten.
Dabei sind alle seine Bücher weit entfernt vom aufgewärmten Standardbrei. Die Werwölfe ist zwar kein Meilenstein, aber definitiv kein plumper, bluttriefender Werwolfshorror. Vielmehr handelt es sich um einen Thriller in historischer Kulisse mit Phantastikelementen.
Besonders in Anbetracht dessen, dass reale Figuren auftauchen (Lord Byron, Mary Shelly, die Humboldt-Brüder), wirkt die Geschichte viel lebendiger.
Auch Vampirfans werden nicht enttäuscht werden.

Das Dasein als Werwolf an sich steht nicht wirklich im Mittelpunkt. Aber allein die Tatsache, dass Niccolo kein Opfer eines Werwolfs geworden ist, sondern die freie Wahl hat, sich mit der Thematik auseinander zu setzen, macht das Thema spannender. Bleibt einem als Leser doch die Möglichkeit, sich zu überlegen, was man an seiner Stelle täte.
In erster Linie aber geht es um die Dreiecksbeziehung zwischen Valentine, Niccolo und dem geheimnisvollen Graf von Karnstein.

Die Sprache ist perfekt an die Zeit, die Atmosphäre und die Situation angepasst. Die Kapitel mit Niccolo versprühen immer eine Spur Ironie, die das Lesen ungemein spaßig macht, und durch kleine sprachliche Kniffe fühlt man sich in die vergangene Zeit zurückversetzt. Mit viel Witz und Leichtigkeit gelingt es Hardebusch, den Roman an den Leser zu binden, bis man die letzte Seite beendet hat.

Negativ fällt auf, dass der Autor viele kurze Kapitel verfasst hat. Die zum Teil nur acht Zeilen umfassenden Abschnitte, bringen eine Hektik mit sich, die nicht nötig gewesen wäre und völlig im Widerspruch zum ruhigen Schreibstil steht. Entweder hätten Teile komplett weggelassen werden können, weil sie nichts beitragen, oder der Informationsgehalt ist so spärlich, dass nur Verwirrung und Fragen zurückbleiben.
Alternativ werden wichtige Geschichtsstränge einfach mit einem kleinen „Zeitsprung“ übergangen, was man besonders bei Valentines Werdegang merkt. Ihr Charakter hat das nicht verdient.

Manch eine vielversprechende Nebenfigur taucht auf und verschwindet sofort wieder, dabei hätte sie sich gut für ein spannendes Finale geeignet.
Was uns zum größten Problem bringt.
Niccolos Weg zum und als Werwolf sind spannend und lesenswert, aber selbstverständlich braucht man einen zusätzlichen Zwist, denn ohne einen Showdown kommt ein Buch eben nicht aus.
Dummerweise ist eben dieser Zwist eher indirekt mit der Grundgeschichte verwoben und kommt nur in den kurzen Absätzen vor. Das Ende ist somit zwar spannend und zufriedenstellend, aber unerwartet, hatte man das Randgeschehen doch eher als nebensächlich abgetan.

Aber wie so oft verzeiht man die Schönheitsfehler, denn alles in allem macht das Buch einfach nur Spaß und ist durch seine fast altmodische Erzählweise erfrischend neu.


Fazit

Trotz des langweiligen Titels „Die Werwölfe“ erwartet den Leser eine innovative Liebesgeschichte, umrahmt vom düsteren Geheimnis der Lykantropen. Mit historischen Orten und Figuren gelingt es Christoph Hardebusch, einen weiteren tollen Roman abzuliefern und das Genre zu bereichern.


Pro und Kontra

+ historischer Hintergrund
+ reale Figuren
+ Sinn für Humor
+ Thematik nicht so abgedroschen
+ tolle Art zu Schreiben

- Titel
- zu kurz für „Großformat“ (verglichen mit Die Elfen u.ä.)
- teils hektisch
- wichtige Geschehnisse übersprungen

Beurteilung:

Handlung 4/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3/5

Zum Interview mit Christoph Hardebusch (28.06.2008)

Rezension zu "Die eiserne Krone"