Es muss nicht immer amerikanisch sein II

"Alishas Lit-Talk"

Es muss nicht immer amerikanisch sein II

In meinem "Es muss nicht immer amerikanisch sein I"- Beitrag habe ich die ersten Vampirprojekte deutschsprachiger Autoren vorgestellt und mit dem Sieben Verlag begonnen. Eines der Projekte des Verlages habe ich mir aufgespart, da es eine Besonderheit darstellt, weil es darin um Vampire und Werwölfe geht. Dazu möchte ich nun kommen. Es handelt sich um: LYKANDRAS KRIEGER von Kerstin Dirks.
Für die Leser, die in die Serie „hineinschnuppern“ möchten, hat die Autorn als Appetizer eine Prologstory verfasst, die auf LITERRA online ging und man hier lesen kann:
http://www.literra.info/kurzgeschichten/...php?id=298


ÜBER DIE SERIE UND IHRE BISHERIGEN BÄNDE

Lange bevor unsere Zeitrechnung beginnt, existierte bereits eine Hochkultur, die unter der Herrschaft des Königs Ancoras ihre Blütezeit erlebte. Die Menschen waren reich und lebten in Harmonie miteinander, förderten die Wissenschaften und wagten sich aufs Meer hinaus, um fremde Länder zu entdecken. Doch mit dem frühen Tod des Königs zogen dunkle Wolken auf und der Friede geriet durch den Machtkampf der hinterbliebenen Töchter Lykandra und Pyr in Gefahr. Beide forderten Thron und Krone und mit ihren Ansprüchen spaltete sich das Volk in zwei Lager. Kämpfe wurden auf offener Straße ausgefochten, Häuser niedergebrannt, Mauerwerk und Brücken eingerissen. Zu jener Zeit waren die Grenzen zwischen den Sphären verschwommen. Dunkle Gestalten drangen in unsere Welt, um die Mächtigen zu verführen. Der Dämon Baal wollte noch mehr Hass unter die Menschen säen, auf dass ihre Seelen ihn anheimfallen mögen. Er schenkte Pyr die Unsterblichkeit, verwandelte sie in einen blutsaugenden Vampir. Doch auch Lykandra schloss einen Pakt mit Baal und wurde zur Urmutter der Werwölfe, die es sich von da an zur Aufgabe machten, die Vampire zu jagen, wo immer ihre Krieger sie finden würden.
Der Kampf blieb für menschliche Augen unsichtbar, erstreckte sich jedoch über alle Epochen bis in unsere Gegenwart. Mutige Werwölfe und ihre menschlichen Gefährtinnen, die Wolfsängerinnen, versuchen alles, um die Menschheit vor dem blutsaugenden Übel zu schützen.

In jedem Band von "Lykandras Krieger" lernen die Leser ein neues Paar kennen, dass nicht nur die Wiedererweckung der verstorbenen Vampirkönigin Pyr verhindern muss, sondern auch mit romantisch-erotischen Verstrickungen zu kämpfen hat.


In Band 1 - WOLFSÄNGERIN - wird der jungen Tierarzthelferin Joli Balbuk ein unglaubliches Geheimnis offenbart. Sie ist eine Wolfsängerin und soll dem charismatischen Werwolf Remierre de Sagrais als Verbündete im Kampf gegen die Vampire zur Seite stehen. Joli kann zunächst nicht glauben, was ihr lange Zeit verschollen geglaubter Vater ihr erzählt. Doch als sie mit eigenen Augen sieht, wie sich Remierre in einen schwarzen Wolf verwandelt, erkennt sie ihre Aufgabe an. Remierre ist aber nicht nur ein Vampirjäger, sondern obendrein ein äußerst attraktiver Mann. Joli merkt schnell, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlt. Und Rem scheint ihre Gefühle zu erwidern. Dann aber gerät ihr Weltbild ein weiteres Mal ins Wanken und Joli weiß nicht mehr, woran sie glauben soll.

WOLFSÄNGERIN
Kerstin Dirks
Sieben Verlag
Roman – LYKANDRAS KRIEGER, Band 1, Dark Romance
Broschiert, 172 Seiten - 14.90 EUR
ISBN: 9783940235275
August 2008

Remierre de Sagrais streift seit Jahrzehnten als einsamer Jäger durch Europa und hat sein Dasein allein dem Kampf gegen die Mächte des Bösen verschrieben. Sein eigenes Leben hat er einem strengen Kodex unterworfen und stellt es weit hinter seine Pflicht, die Menschheit vor Vampiren – seinen dunklen Brüdern – zu schützen, zurück. Ein normales Privatleben oder gar Liebesbeziehungen sind für ihn schon lange indiskutabel.
Joli Balbuks Leben hingegen wechselt nach einem plötzlichen Lebenszeichen von ihrem verschollen geglaubten Vater von eintönig zu aufregend. Dieser besteht auf ein baldiges Treffen, und schon bald gerät Jolis Weltbild völlig aus den Fugen. Ein Strudel aufregender Ereignisse führt sie direkt in eine Welt, die sie bisher nicht einmal im Traum für möglich gehalten hätte, in die dunkle Welt von Remierre de Sagrais. Sie kann sich seiner faszinierenden Aura nicht entziehen und muss bald erkennen, dass auch sie ein Teil dieser dunklen Welt ist.


Leseprobe:

Paris 1777

Der junge Mann war erleichtert, dem überfüllten Ballsaal, dem Tanz und der anstrengenden Konversation mit einer Cousine dritten Grades zu entrinnen. Er verspürte Dankbarkeit gegenüber der Dame, die ihm seine Flucht ermöglicht hatte, indem sie ihn durch einen Botengang lotste, und die ihm allem Anschein nach noch einiges mehr ermöglichen würde. Sie war gewiss keine Jungfrau mehr. Eine Jungfrau hätte nicht mit ihren Reizen kokettiert. Ihren Namen hatte sie ihm nicht nennen wollen, doch sie hatte sich als Jade vorgestellt, und Jade würde er sie nennen. Sie trug ein schwarzes Kleid, das perfekt zu ihrem rabenschwarzen Haar und dem stechenden Blick passte, jedoch inmitten der farbenfrohen Gesellschaft mit all ihren Pastelltönen deplaziert wirkte. Nicht wenige Damen und Herren hatten gefragt, ob sie in Trauer sei, woraufhin sie lediglich glockenhell gelacht und erklärt hatte, Schwarz sei ihr die liebste Farbe.
Jade war älter als er. Nicht viel, vielleicht ein paar Jahre. Er fand es aufregend und hoffte insgeheim, dass sie in gewissen Dingen Erfahrung hatte, die ihm mit seinen achtzehn Lenzen noch fehlte. Seit er den Kinderschuhen entwachsen war, hatte sich sein Leben grundlegend verändert. Er war zu einem Mann geworden. Sein Körper rebellierte, wann immer er ein schönes Dekolleté oder einen sinnlichen Mund sah. Aber das war nicht alles. Ein alter Fluch lastete auf ihm und seiner Familie. Ein Fluch, der ihm nun immer häufiger zu schaffen machte, da sich die Auswirkungen erst im jungen Erwachsenenalter zeigten. Und diese Auswirkungen waren von schrecklicher Natur. Sein Vater hatte deswegen den Verstand verloren, behauptete seine Mutter, und er fürchtete das gleiche Schicksal zu erleiden.
„Mein lieber Freund, ich hoffe, Ihr könnt Euch wie ein Gentleman benehmen“, sagte Jade und schloss die Tür zu einer schmalen Kammer auf, welche man ihr als Gästezimmer zugeteilt hatte.
Er wusste nicht, woher sie kam oder welcher Familie sie angehörte. In diesem Moment interessierte es ihn auch nicht sonderlich.
„Ich hatte gehofft, Euch heute Nacht mehr als nur ein Gentleman zu sein.“
Jade lachte erneut glockenhell und legte sich auf das schlichte Bett. Ihre Familie bekleidete sicherlich keinen allzu hohen Rang. Das Gästezimmer wirkte schäbig.
„Was habt Ihr denn mit mir vor, mein Freund?“
Er trat langsam heran, bemüht, sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen, denn ein Mann durfte nicht unsicher sein, er musste führen. Vorsichtig setzte er sich zu ihr.
„Warum kommt Ihr nicht näher?“, forderte sie ihn auf und klopfte auf den Platz neben sich. Sein Blick ruhte auf ihren apfelförmigen Brüsten, die sich bei jedem Atemzug hoben und senkten. Bei jeder Aufwärtsbewegung drohten sie aus ihren Körbchen zu springen. Er wünschte, sie täten es. „Nun?“ Sie sah ihn forschend an. „Wie wollt Ihr mich verführen?“
„Ich … muss gestehen, ich habe …“
„Noch nie bei einer Frau gelegen“, beendete Jade seinen Satz. Er fürchtete, sie würde ihn aus ihrem Zimmer werfen oder ihn auslachen. Stattdessen streichelte sie seine Wange. „Das macht doch nichts. Ich habe Erfahrung für zwei. Und du bist nicht der erste Bursche, den ich in die Kunst der Liebe einführe.“
Er blickte auf seine Hände und sah, dass sie leicht zitterten. Rasch schloss er sie zu Fäusten, um das Zittern vor ihr zu verbergen. Die Kunst der Liebe. Das klang so herrlich poetisch und erregend zugleich. Aber auch beängstigend. Ein erneuter Blick auf ihren Busen lenkte ihn von seinen Zweifeln ab. Seine noch unerfahrene Männlichkeit stieß energisch gegen den hellblauen Samtstoff seiner Culotte.
„Wie hast du es denn gern?“, fragte sie und grinste von einem Ohr bis zum anderen. Es war erstaunlich, wie hübsch sie trotz dieses übergroßen Mundes aussah. Am liebsten hätte er ihre vollen Lippen geküsst. Er wollte wissen, wie sie schmeckten.
„Ich weiß es nicht“, stotterte er leise.
„Wie meinst du das, du weißt es nicht?“ Sie lachte. „Jeder Mann hat Phantasien. Ganz besonders in deinem Alter. Mach mir nichts vor, du Früchtchen.“ Sie gab ihm einen Klaps auf den Handrücken mit ihrem schwarzen Spitzenfächer.
„Autsch.“ Er rieb sich über die gerötete Stelle.
„Ich sehe schon, du bist ein Küken. Auch wenn du dem Kükenalter längst entwachsen sein solltest. Andere Jungen in deinem Alter haben zumindest schon an sich selbst gespielt oder gewisse Vorstellungen entwickelt. Aber sei es drum, weil ich dich mag, will ich dich nicht im Stich lassen. Leg dich auf mein Bett und schließe die Augen.“
Hastig tat er, was sie von ihm verlangte. Die Beule in seiner Hose wurde größer.
„Hast du deine Augen geschlossen?“
„Aber ja!“
„Wirklich? Du schwindelst mich nicht an?“
Er schüttelte den Kopf.
„Gut. Nun lass dich fallen. Gib dich ganz deinen Sehnsüchten hin.“ Etwas Weiches schlang sich um sein linkes Handgelenk und fesselte ihn an den Bettpfosten. Er verkrampfte sich.
„Lass dich fallen. Keine Angst.“
„Was ist das?“
„Nur ein Seidenschal. Du fürchtest dich doch nicht vor einem Seidenschal, nicht wahr?“
Er biss die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf. Sei ein Mann, mahnte er sich. Einen Seidenschal konnte er im Notfall zerreißen. Dennoch war es ein seltsames Gefühl, sich von einer reiferen Frau an deren Bett fesseln zu lassen und ihr gänzlich ausgeliefert zu sein.
„Du bist wirklich tapfer“, sagte Jade und band auch sein zweites Handgelenk fest. Diesem folgten beide Beine.
„Du besitzt viele Seidenschals“, stellte er fest, ohne die Augen zu öffnen.
Sie lachte leise. Er zuckte, als er ihre Hand an seiner Hose spürte. Langsam befreite sie ihn von seiner lästig gewordenen Culotte und zog sie bis zu den Knien herunter. Er fühlte, wie nun die Luft über seine Härte strich, die sich ihr sehnsüchtig entgegenstreckte, auf eine Berührung ihrer Hände oder ihrer sinnlichen Lippen wartend.
„Nicht schlecht“, sagte sie. „Du bist wahrlich wohlgewachsen, mein Freund.“
Blut schoss ihm in die Wangen. Er hatte nie die Gelegenheit gehabt, Vergleiche anzustellen, aber ihre Worte hinterließen ein stolzes Gefühl.
Er hörte das Knarren des Bettes, und sie setzte sich auf seine Oberschenkel. Ihre Unterröcke breiteten sich über ihm aus und ihre heiße Scham berührte seine Haut. Ein aufregendes Prickeln schoss durch seinen Unterleib, der schmerzte vor Erregung. Sie nahm ihn in beide Hände. Es fühlte sich himmlisch an. Für einen Moment vergaß er seine Fesseln und gab sich ganz diesen wundervollen Berührungen hin.
Er blickte an sich herunter und sah, wie sie kurz davor war, ihn in den Mund zu nehmen. Erneut jagte ein Schauer durch sein Rückgrat. Ein Schauer, der so herrlich sinnlich und aufregend war, dass er Raum und Zeit vergaß. Er glaubte zu schweben, irgendwo über den Wolken. Dem Hochgefühl folgte ein Schmerz, der in jeden Teil seines Körpers ausstrahlte und ihn abrupt in die Realität zurückriss.
Oh nein. Nicht schon wieder.
„Jade …“, keuchte er. „Zieh … den Vorhang zu … bitte.“
„Den Vorhang?“
„Das Mondlicht … es darf meine Haut nicht …“
Es gelang ihm nicht, den Satz zu Ende zu sprechen. Er riss die Augen auf, sah die Veränderung seines Körpers, das Anschwellen seiner Muskeln, die sein Rüschenhemd zerrissen, und Jades Blick. Ein süffisantes Lächeln umspielte ihre Lippen, offenbar war ihr nicht fremd, was sie sah.
„Bitte, ich … halte diese Schmerzen nicht … länger aus.“
Seit er herausgefunden hatte, dass das Licht des Vollmondes die Verwandlung herbeiführte, hatte er es gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Doch die Verlockung hatte ihn unvor-sichtig werden lassen. Er hatte die Gefahr verdrängt, die hinter den vorbeiziehenden Nachtwolken lauerte.
Ein Schrei entdrang seiner Kehle, als die Verformung seines Gesichts einsetzte. Es fühlte sich an, als breche ihm jemand mit roher Gewalt jeden einzelnen Knochen. Jade kletterte von ihm herunter und stellte sich neben das Bett, offensichtlich wollte sie das Ungeheuer sehen, in das er sich verwandelte und sie wurde nicht einmal nervös. Ihre Augen glühten, ihr Mund war leicht geöffnet, sie sah erregt aus.
Er konnte sehen, wie sich aus seiner Nase eine Schnauze formte, spürte seine Ohren wachsen, überall sprossen Haare.
Mühelos zerriss er die Seidenschals, die ihn an das Bett gefesselt hatten.
„Ich wusste es“, sagte Jade und rieb sich die Hände wie ein eifriger Händler, der ein gutes Geschäft witterte. „Ich wusste, was du bist. Ich habe es gespürt.“ Sie leckte sich über die Lippen.
Er blickte an sich herab und sah den Körper eines haarigen Kolosses, dessen Pranken so groß waren wie ein menschlicher Kopf. Er rollte sich aus dem Bett und landete auf den Hinterläufen. Wegen der niedrigen Deckenhöhe musste er den Rücken und die Beine krümmen.
Auch wenn er äußerlich ein Ungeheuer war, so schlug in seiner Brust noch immer das Herz eines verunsicherten Jünglings, der nicht begriff, was mit seinem Körper jede Vollmondnacht geschah, warum es geschah und woher dieser Fluch stammte, dem er anheim gefallen war.
Er hatte die alten Schriften gelesen, in denen sich Männer in Wölfe verwandelten, weil sie von einem Werwolf gebissen worden waren. Doch ihm war nichts dergleichen geschehen, er hatte noch nicht einmal einen echten Wolf je gesehen. Unfähig in seiner monströsen Gestalt auch nur ein Wort zu sprechen, stieß er ein Grollen aus, das gefährlicher und aggressiver klang als das Brüllen eines ausgehungerten Löwen.
„Wir sind uns sehr ähnlich, ob du es glaubst oder nicht“, sagte Jade und stellte sich vor ihn. „Ich bin eine Gestaltwandlerin, ein höheres Wesen. Eines, das im Gegensatz zu dir jegliche Form annehmen kann, wann immer es will.“ Ihre Worte klangen herablassend. „Ich nehme an, du fühlst dich in diesem Körper nicht wohl“, fuhr sie fort. „Nun, sonderlich ansehnlich bist du in der Tat nicht. Und eine Unterhaltung scheint ebenso unmöglich. Dennoch schlage ich dir ein Geschäft vor, über das du nachdenken solltest. Ich werde dich lehren, deine Kräfte zu gebrauchen, denn ich weiß alles über deine Art. Im Gegenzug wirst du mir zur Verfügung stehen, wann immer ich es will, denn du gefällst mir.“
Sie sah ihm in die Augen und er hatte das Gefühl, sie könne in sein tiefstes Inneres blicken. Jade war ihm unheimlich. Aber sie behauptete die Antworten auf die Fragen zu kennen, die ihn quälten. Für diese Antworten war er bereit einiges zu geben.
Jade ging zum Fenster und zog die dicken Samtvorhänge zu, sodass das Licht des Mondes nicht länger auf seinen Körper fiel. Erneut brandeten die schrecklichsten Schmerzen durch seinen Leib. Sie ließen ihn schreien, als durchbohrten Hunderte Pfeilspitzen seinen gepeinigten Körper. Er sank auf die Knie, einer Ohnmacht nahe. Das Knirschen seiner Knochen klang in seinen Ohren, er spürte, wie sich die Haare in seine Haut zurückzogen und seine Gestalt schrumpfte. Mehrere Male drohte es dunkel um ihn zu werden, bis er schließlich benommen am Boden liegen blieb. Die glatten Dielen kühlten seinen nackten Körper. Geschwächt hob er den Kopf und blickte zu Jade.
Sie sah auf ihn herab und schmunzelte. „Du musst noch viel lernen, junger Werwolf.“
Sie beugte sich vor und reichte ihm die Hand, um ihm aufzuhelfen. Zögernd nahm er sie an.


Band 2 – BLUTSKLAVIN – erzählt die Geschichte von Theresa Straub, die sich schon immer zu dunklen Mächten hingezogen fühlte und ihre Bestimmung bei dem Vampir Levan gefunden zu haben glaubt. Doch aus der anfänglichen Romanze wird schnell ein Alptraum, in dem sie Levan nur noch als Blutspenderin dient. Als die Vampire auch noch finstere Pläne schmieden, um ihre Königin zu befreien, weiß Theresa, dass sie das verhindern muss. Zur Seite steht ihr der sanftmütige Werwolf Correy Blackdoom, der in ihr seine Wolfsängerin erkennt. Doch Theresa kann sich nicht gänzlich von Levan lösen. Ein metaphysisches Band fesselt sie an ihn und Correy will alles in seiner Machst stehende tun, um sie befreien.

BLUTSKLAVIN
Kerstin Dirks
Sieben Verlag
Roman – LYKANDRAS KRIEGER, Band 2, Dark Romance
Broschiert, 200 Seiten - 14.90 EUR
ISBN: 9783940235848
Oktober 2009

Die Blutsklavin Theresa Straub ist der Vampirgesellschaft bedingungslos ausgeliefert. Als sie jedoch von den Plänen der Vampire erfährt, die Welt zu unterwerfen, weiß sie, dass sie das verhindern muss. Der charismatische Privatdetektiv und Werwolf Correy Blackdoom spürt in ihr seine Wolfsängerin und kommt ihr zur Hilfe. Correy muss erkennen, dass durch Theresas Verbindung zu den Vampiren weder eine Chance auf eine Verschmelzung mit dem Wolfsauge besteht, noch der Vampirbann gebrochen werden kann. Werden die beiden die Bedrohung abwenden können und wird Correys Liebe stark genug sein, seine Wolfsängerin zu erlösen?

Leseprobe:

Prolog
Frankreich 1377


Die Leute in den kleinen Dörfern nahe der Küste zahlten gut, um einige zirkusreife Kunststücke zu sehen. Keith konnte auf den Händen gehen und sich überschlagen, während Killian auf der Flöte spielte. Er kannte nur wenige Stücke. Doch die, welche er beherrschte, spielte er ohne jeden Fehler. Correy ging unterdessen mit einem Hut durch die Zuschauer und sammelte die Münzen, die man ihm zuwarf. Manchmal hatten sie Glück und durften auf einem Jahrmarkt auftreten, der viele Besucher mit gefüllten Geldbeuteln anlockte. Sie zogen von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf. Immer dort, wo es etwas zu feiern gab, ließen sie sich nieder, in der Hoffnung, sich etwas dazuverdienen zu können. Seit dem Tod ihrer Eltern waren die drei Brüder auf sich allein gestellt. Keith übernahm als Ältester die Führung und sorgte dafür, dass zumindest Killian und Correy etwas in den Magen bekamen. Wenn das Geld knapp wurde, nahm er kleinere Dienste an und verrichtete Botengänge. Selten kam es vor, dass er auch mal etwas stahl. Ein Brot oder eine Forelle vom Markt. Die Brüder schliefen unter Brücken oder heimlich in den Kuhställen der Bauern, um ein Dach über dem Kopf zu haben. Es waren schwere Zeiten. Doch sie gewöhnten sich an die Umstände und daran, immer auf Wanderschaft zu sein. Keith ließ nicht zu, dass jemand ihnen etwas antat. Er beschützte sie. Doch mit der Zeit veränderte er sich.
Die Brüder beobachteten sein Verhalten mit Argwohn. So kannten sie ihn nicht. So kannte er sich selbst nicht. Er wurde strenger, kälter, doch es war mehr als das. Weder er, noch seine Brüder konnten es in Worte fassen. Es war mehr ein Gefühl oder Gespür, als sei da etwas Dunkles in seinem Inneren. Etwas, das ausbrechen wollte. Immer leichter wurde er aggressiv. Zuvor hatte er seine jüngeren Brüder nie geschlagen. Sagte Killian ein falsches Wort, rutschte ihm die Hand aus. Später tat es Keith leid. Doch selbst vor dem kleinen Correy machten seine Wutausbrüche nicht Halt. Sie verunsicherten ihn und es kam der Punkt, an dem er sich schlichtweg vor Keith fürchtete. Wenn dieser seine finsteren Phasen hatte, sprach man ihn besser nicht an. Keith starrte dann nur mit heruntergezogenen Brauen vor sich hin, die Arme um seine angewinkelten Beine gelegt und den Kopf im Nacken, so dass seine Haare nach hinten glitten und die spitzen Ohren frei ließen. In Vollmondnächten war es am schlimmsten. Dann war Keith kaum zu beruhigen. Schlaf fand er keinen. Er musste sich immerzu bewegen, war übel gelaunt und klagte über Kopfschmerzen. Correy traute sich nicht, mit Killian darüber zu sprechen, denn auch dieser wurde zusehends ärgerlicher und ließ alles, was Keith ihm antat, an Correy aus.
Die Veränderungen verunsicherten die Brüder, doch wie sollten sie ahnen, dass ein Fluch auf ihrer Familie lag.
Weder Vater noch Mutter hatten je ein Wort darüber verloren. Die Menschen in ihrer Heimatstadt Westminster hatten es wohl geahnt und ihre Familie immer gemieden, solange sie denken konnten. Ihr Vater Ronald Blacksmith war ein guter Schmied, der hart für sein Geld gearbeitet hatte. Dennoch waren die Geschäfte schlecht gelaufen und lediglich Durchreisende hatten seine Hilfe in Anspruch genommen. Der junge Correy hatte zu diesem Zeitpunkt nicht verstanden, warum die Leute ihnen gegenüber so feindselig waren. Die Stadtbewohner wechselten die Straße, wenn sie einen von ihnen sahen, und keines der anderen Kinder durfte mit ihnen spielen. Die Nachbarn verrammelten ihre Türen und auch an den Gottesdiensten durften sie nicht teilnehmen. Eine Antwort darauf hatte er nie bekommen.
Eines Tages stand die Schmiede in Flammen. Ronald und Mary Blacksmith waren darin umgekommen. Niemand wusste, ob es ein Unglück gewesen war oder ein Attentat. Eines war jedoch sicher. Die Brüder wurden nicht länger in Westminster geduldet. Also zogen sie nach Süden und schmuggelten sich als blinde Passagiere im Frachtraum eines Handelsschiffes nach Frankreich, dem Land, von dem ihre Großmutter Francoise bis zu ihrem Tode geschwärmt hatte. Sie hofften, dort Familie zu finden, aber Francoises Spuren waren unwiederbringlich verwischt.
Ein Jahr später schlossen sie sich einer Gruppe von Schaustellern und Artisten an, die mit ihnen den Lohn gerecht teilten. Der Anführer der Gruppe, er nannte sich Ornello, hatte eine Tochter namens Isida, die in Keiths Alter war und die dunkelsten Augen hatte, die Correy jemals gesehen hatte. Wann immer sie Keith ansah, und niemand sonst außer Correy es bemerkte, klimperte sie verführerisch mit den Wimpern und spitzte die Lippen. Correy wusste, dass auch Keith eine Schwäche für das Mädchen hatte. Man sah es in seinen Augen. Sie leuchteten förmlich, wenn er die üppigen Brüste des Mädchens betrachtete, die an zwei reife Äpfel erinnerten. Wenn sie das Publikum mit ihrem Tanz erheiterte, stellte sich Keith in die erste Reihe, um sie aus der Nähe betrachten zu können. Er applaudierte am lautesten und bekam zum Dank die meisten Handküsse von ihr zugeworfen.
Eines Abends saßen die Schausteller am Lagerfeuer vor den Toren der Stadt. Es wurde gelacht, musiziert und Wein getrunken, weil man am Nachmittag viele Einnahmen erzielt hatte, die in Alkohol umgesetzt worden waren. Auch Isida trank viel und lachte unentwegt. Es war ein heiseres Lachen, mit dem sie Keith becircte. Außer Correy schien niemand zu bemerken, dass sie einander zugetan waren. Correy hatte trotz seines jungen Alters andere Männer schon oft um die Gunst von Frauen werben sehen. Er sorgte sich um Isida. Dem früheren Keith hätte er keine Gewalttätigkeiten zugetraut. Doch bei diesem neuen, dunklen und unberechenbaren Keith war er nicht mehr so sicher. Etwas Wildes schlummerte tief in seinen Augen, das nur manchmal aufleuchtete. Doch wenn Correy es aufflackern sah, stellten sich ihm alle Haare auf. Panik ergriff ihn, ohne dass er benennen konnte, was diese konkret auslöste. Keith sagte dann nichts. Aber die Unruhe merkte man ihm an. Es war etwas Finsteres, das ihn umgab wie eine zweite Haut. Das Besitz von ihm ergriff. Doch niemand außer ihm und Killian konnte es sehen. Correy behielt die junge Frau im Blick, die am Feuer näher an Keith heranrückte. Die anderen Männer und Frauen waren mit sich selbst beschäftigt. Sie schienen blind. Killian schlief längst im Zelt, so dass Correy der Einzige war, der etwas bemerkte. Keith hatte wieder diesen merkwürdigen Gesichtsausdruck, der Correy Angst einjagte. So sah er immer dann aus, wenn er Killian oder ihm Prügel androhte. Und nun, da er Isida mit demselben leeren und dennoch wilden Blick musterte, wurde Correy plötzlich klar, was es war, dass ihn ängstigte.
Keith sah aus wie ein Raubtier, das eine lohnende Beute gewittert hatte. Als Isida aufstand und mit Keith zwischen den Büschen verschwand, versuchte Correy einen der Männer zu animieren, ihnen zu folgen. Aber der war längst mit einem anderen Mädchen beschäftigt und niemand sonst wollte ihn beachten.
Etwas Schreckliches würde heute Nacht passieren. Er wusste es, er musste es verhindern. Er durfte nicht zulassen, dass Keith dem Mädchen etwas antat.
Rasch folgte er ihren Spuren, doch hielt sich hinter Büschen und Bäumen verborgen. Isida rannte tiefer in den Wald hinein. Es war leicht, ihr zu folgen. Die Brüder waren von Natur aus gute Fährtenleser.
Der Vollmond schien sanft durch das Blätterdach. Im Schutz eines Strauches beobachtete Correy, wie sich Isida auf einem umgekippten Baumstamm niederließ. Sie hatte ein Bein über das andere geschwungen und streckte die Brüste vor, die fast aus den schillernden Körbchen, die zu ihrem Tanzkleid gehörten, zu springen drohten. Keith blieb nur wenige Schritte von ihr entfernt stehen und beobachtete sie. Alles an ihm erinnerte an ein lauerndes Raubtier. Seine Muskeln waren angespannt, die Körperhaltung in Lauerstellung und seine Bewegungen merkwürdig geschmeidig und gefährlich zugleich.
„Komm doch zu mir“, lockte Isida leise.
Keith schlich um den umgekippten Baumstamm und löste das Oberteil, das ihre Brüste zusammengehalten hatte. Achtlos ließ er es neben ihr fallen. Ihr Busen kam zum Vorschein, wippte leicht im Abendwind. Correy war noch zu jung, um die Vorzüge eines Weibes zu sehen. Doch er ahnte, dass der Anblick etwas in seinem Bruder auslöste.
„Keine Scheu, ich tue dir nichts“, sagte Isida und lächelte ihn an.
Keith schien ihren Reizen nicht länger widerstehen zu können. Er machte einen Schritt auf sie zu und senkte seine Lippen an ihren Hals. Sie stöhnte auf und erschrocken fuhr Correy zusammen. Der Laut war schmerzerfüllt und es dauerte einen Moment, ehe ihm gewahr wurde, dass es gar nicht Isida war, die aufschrie.
Sein Bruder krümmte sich und stieß Schreie aus wie ein Wahnsinniger, der den letzten Funken Verstand verloren hat. Isida wurde blass und wich zurück. Das Dunkle schien nun mit aller Gewalt aus ihm herauszubrechen.
Correy hatte den Schutz des Gebüschs verlassen und wollte seinem Bruder helfen. Doch Isida packte ihn am Arm und hielt ihn davon ab, während Keith erst auf die Knie und dann der Länge nach auf den Boden sank und sich wie ein Irrer im Sand wälzte. Auf Zurufe reagierte er nicht. Das Zerbersten von Knochen hallte durch den Wald. Correy und Isida beobachteten entsetzt, wie sich Keiths Arme und Beine in unnatürliche Winkel verbogen, sich neu formierten und sein Körper sich gewaltig aufblähte. Er rief um Hilfe und krallte seine Finger in den weichen Waldboden, als wolle er sich festhalten. Aber wo eben noch seine Finger waren, ragten nun Klauen hervor. Gewaltige Klauen. Haare schossen aus allen Poren und seine Kleidung zerriss. Muskelberge türmten sich auf seinen Armen, weiteten seine Brust und seine Stimme klang wie das Grollen des Donners.
Isida hielt es nicht länger aus. Sie zog an Correys Arm und floh. Doch Correy riss sich von ihr los und blieb stehen. Ungläubig beobachtete er seinen Bruder, aus dessen riesigem Maul nur ein Grunzen und Knurren, aber kein verständliches Wort mehr drang. Mit einem Satz stand er vor ihm. Correy war wie gelähmt, unfähig sich zu rühren oder etwas zu sagen. Erst als Keith sein riesiges Maul aufriss und eine Reihe gewaltiger Reißzähne entblößte, ergriff Correy ebenfalls die Flucht.
War dieses Monster wirklich sein Bruder? Oder ein Hirngespinst? Er wollte es nicht darauf ankommen lassen, das herauszufinden. Zu groß war seine Angst es würde ihn verschlingen. So schnell er konnte rannte er durch den Wald, duckte sich unter niedrigen Zweigen hindurch und sprang über knöcherne Wurzeln hinweg. Hinter ihm vibrierte der Boden unter schweren Schritten.
Er hörte die aufgebrachten Stimmen der Männer, die ihm bereits entgegen eilten. Hinter einer Weggabelung konnte er sie sehen. Sie hatten ihre Dolche gezückt und griffen nach dicken Ästen, die sie als Schlagstöcke verwenden konnten.
„Schnell Correy, hier her!“, rief ihm Isidas Bruder zu.
Die anderen stellten sich dem Untier mutig in den Weg, das mit nur wenigen Sätzen durch das Dickicht preschte. Der Anblick ließ die Männer verstummen.
„Ein Monster!“, rief jemand von weiter hinten, der als erstes die Sprache wiedergefunden hatte.
„Holt die Stadtwache!“
„Mein Gott, was ist das nur?“
„Ein Werwolf! Rasch, wir brauchen etwas aus Silber!“
Correy schluchzte und folgte den anderen zu den Zelten. Sie würden Keith töten. Ganz bestimmt würden sie ihn umbringen.
Er wandte den Kopf, während er in Richtung Lager stolperte und sah, wie jemand mit einem silbernen Armreif an ihnen vorbei zu der Kreatur rannte. Als das Monster den Armreif sah, wich es grollend zurück und wandte sich um. Die Männer folgten ihm in den Wald. Immer mehr schlossen sich der Jagd an. Er hörte in der Ferne, wie sich die Stadttore öffneten, wie Männer miteinander sprachen und Pferde bestiegen wurden. Die ganze Stadt war aufgewacht. Alle jagten das Monster. Correy wurde in das Zelt gebracht und sank neben Killian, der durch den Lärm geweckt wurde, auf die Knie, und betete für seinen Bruder.

Somit beende ich erst einmal den VAMPIR-Reigen des Sieben Verlag – doch zuvor befrage ich in dem nächsten Beitrag einige der Autoren zum Thema Vamp-Lit allgemein.

Alisha Bionda, Dezember 2009