Das Brandhaus (Helene Tursten)

Verlag: btb, Juni 2009
HC, 336 Seiten, € 19,95
ISBN: 978- 3442752263

Genre: Krimi


Klappentext

Göteborg im Mai: An der Küste wird die Leiche eines Mädchens aus dem Meer gefischt. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um die 14jährige Alexandra handelt, deren Verschwinden seit Tagen die lokale Presse beschäftigt. Seltsame Schnittverletzungen an ihrem Körper weisen auf ein brutales Gewaltverbrechen hin: Offensichtlich hatte der Mörder versucht, ein Muster in die Haut zu ritzen. Die Mordkommission – zudem mit dem Fall eines mysteriösen Leichenfunds nach einem Brand befasst – hat alle Hände voll zu tun, als bald darauf ein Spaziergänger im Wald ein weiteres totes Mädchen entdeckt. Auch ihr wurden ähnliche Verletzungen zugefügt. War es derselbe Täter? Kannten die Mädchen ihren Mörder womöglich? Als die Polizei den Internet-Aktivitäten der Teenager nachgeht, erhärtet sich der Verdacht von Irene Huss, und schon bald kommt sie dem Mörder näher, als ihr lieb ist …


Die Autorin

Helene Tursten wurde 1954 in Göteborg geboren und war lange Jahre als Zahnärztin tätig, bevor sie sich ganz auf das Schreiben konzentrierte. Sie lebt in Sunne/Värmland und ist verheiratet mit einem ehemaligen Polizisten. Helene Tursten ist eine der meistgelesenen Krimiautorinnen Schwedens. Ihre Serie um Kriminalinspektorin Irene Huss hat mittlerweile auch in Deutschland eine riesige Fangemeinde und wurde erfolgreich fürs Fernsehen verfilmt.


Rezension

Gleich zwei Fälle, die aber nichts miteinander zu tun haben, beschäftigen uns in diesem neuen Buch mit Irene Huss. Ihre Kinder sind mittlerweile aus dem Haus und so muss sich die Inspektorin auf ein neues Leben mit ihrem Mann Krister einrichten. Ihre Mutter wird auch immer pflegebedürftiger und so hat sie schon privat einiges um die Ohren, als die beiden Mädchenleichen gefunden werden. Hinzu kommen noch die Neuordnungen in der Abteilung, eine neue Chefin, von der Irene sich benachteiligt fühlt.

Früh keimt der Verdacht auf, dass es sich bei den beiden um den gleichen Täter handelt - aber wo ist die Gemeinsamkeit? Wie hat sich der Täter in das Vertrauen der Mädchen geschlichen und wo hat er sie kennengelernt? Waren es doch nicht die lieben Mädchen, wie die Eltern glauben wollen? Schnell finden die Ermittler Spuren im Internet, und was sie da finden, verschlägt ihnen den Atem. Gibt es womöglich noch mehr Opfer?

Daneben gibt es noch einen weiteren Fall. In einem abgebrannten Haus werden zwei Leichen gefunden, die des Eigentümers und eine zwanzig Jahre alte, eingemauert in einem Kamin. Als sich herausstellt, dass es sich um den Vermissten Mats Persson handelt, der einwandfrei ermordet wurde, schiebt Irenes Chefin geschickt den Fall der Cold Case Einheit zu, sie haben noch ein halbes Jahr Zeit, bevor der Mord verjährt. Auch die Mordwaffe liegt praktischerweise bei der Leiche, zu aller Überraschung stellt sich heraus, dass mit ihr vor vielen Jahren bereits schon einmal jemand ermordet wurde. Und zwar der Vater von Mats Persson, dessen Fall aber nie aufgeklärt wurde. Den Ermittlern ist nun klar, dass sie sehr weit in die Vergangenheit zurückmüssen, bis in den Zweiten Weltkrieg hinein.

Helene Tursten vermag durchaus zu fesseln. Mit Irene Huss hat sie eine sympathische Ermittlerin erschaffen, die ein normales Familienleben hat und nicht durch irgendwelche Drogen-, Alkohol- oder Sexprobleme beeinträchtigt ist. Die immer wieder geschickt eingeflochtenen Familienprobleme nicht nur von Irene lockern den Roman auf und machen die Personen sehr menschlich.

Brisant ist allerdings der Fall der zwei getöteten Mädchen. Trotz aller Aufklärung in Schulen und Medien findet der Täter eine Menge argloser und naiver Mädchen, die glauben, mit einem netten Jungen und Gleichgesinnten zu chatten. Selbst als er nach freizügigen Fotos fragt, finden sie das nicht merkwürdig, sondern eher im Gegenteil sind die meisten bereit, sich ihrem vermeintlichen Freund freizügig zu präsentieren. Er weiß aber auch genau, welche Seiten er bei den Mädchen ansprechen muss, alle fühlen sich einsam und ungeliebt. Erschreckenderweise gibt es immer noch genügend Kinder, die freimütig Daten im Internet preisgeben und sich der Konsequenzen überhaupt nicht bewusst sind. Hier beweist es sich wieder, dass man Jugendliche nie genügend aufklären kann, glücklich können sich diejenigen schätzen, deren Eltern oder Geschwister ein wachsames Auge auf sie haben. Die Aufklärung gestaltet sich völlig normal, Serienvorgehen bei Serientätern.

Der zweite Fall sieht da allerdings schon etwas anders aus. War es wirklich derselbe Täter, der die beiden Männer im Abstand von vierzig Jahren erschoss? Wie alt muss er denn dann heute sein, lohnt sich da das Einsperren überhaupt noch? Die Fragen stellen sich wohl auch die Cold Case Ermittler, denn es ist nicht gerade Begeisterung, die sie zur Lösung des Falles treibt. Sie schaffen es zwar, aber auch dieses Ende ist nicht besonders überraschend. Die Mitwirkenden aber auf alle Fälle, es gibt ein paar sehr interessante Einblicke in Diplomatenlaufbahnen.


Fazit

Wer die Krimis von Helene Tursten um Irene Huss mag, wird auch dieses Buch mögen. Gewohnt gut geschrieben, mit der nötigen Ausgewogenheit zwischen Privatleben und Mordermittlung, bietet es gute Unterhaltung für ein paar Stunden oder Tage – je nachdem, wie schnell man liest. Neueinsteiger in die Reihe werden keine Schwierigkeiten haben, den Ereignissen zu folgen, man muss die Vorbände nicht zwingend gelesen haben.


Pro und Contra

+ brisanter Fall
+ normales Privatleben der Ermittler
+ gewohnt guter Schreibstil
+ man braucht keine Vorinformationen
+ regt zum Nachdenken über die Preisgabe von Daten im Internet an

- unspektakuläre Auflösung
- der zweite Fall ist etwas langweilig

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5