Heaven - Stadt der Feen (Christoph Marzi)

Arena Verlag (August 2009)
Hardcover, 358 Seiten, 14,95 EUR
ISBN: 978-3401063829

Genre: Urban Fantasy / Jugendbuch


Klappentext

London – das ist seine Stadt. Und über den Dächern von London – dort hat David sein zweites Zuhause gefunden. Hier oben kann er den Schatten der Vergangenheit entfliehen. Bis er eines Tages auf ein Mädchen trifft, das alles auf den Kopf stellt, woran er bisher geglaubt hat. Ihr Name ist Heaven. Sie ist wunderschön. Und sie behauptet, kein Herz zu haben. Ehe David begreifen kann, worauf er sich einlässt, sind sie gemeinsam auf der Flucht. Und sie werden nur überleben, wenn sie Heavens Geheimnis lüften.

LESEPROBE


Rezension

Über den Dächern von London schneidet Mr. Drood, der in jedem Stadtteil unter einem anderen Namen aus Charles Dickens’ Geschichten bekannt ist, einem jungen Mädchen das Herz heraus. Alles verläuft zu seiner Zufriedenheit – bis das Mädchen plötzlich aufsteht und wegläuft. Zunächst für Mr Drood kein Grund, sich Gedanken zu machen. Schließlich hat er, was er wollte: ein Herz voller Lebensfreude. Doch als sein Auftraggeber Interesse an dem Mädchen bekundet, geht der geheimnisvolle dunkle Mann wieder auf die Jagd …
Währenddessen nimmt David den Weg über Londons Dächer, um einem Kunden ein seltenes Buch zu überbringen. Beinahe hat er sein Ziel erreicht, als er über Heaven stolpert. Das schwarzhaarige Mädchen ist offensichtlich ziemlich verstört und erzählt ihm schließlich, dass ihr Herz gestohlen wurde. Anfangs glaubt David ihr natürlich nicht, doch bald muss er erkennen, dass sie die Wahrheit spricht und dass sie in großer Gefahr schwebt …

Christoph Marzi bleibt bei seiner Geschichte nahe an David dran und lässt den Leser Heaven durch seine Augen kennen lernen. Zu Beginn des Romans wirken beide noch recht unterschiedlich, erkennen aber im Verlauf zunehmend mehr Gemeinsamkeiten. David beispielsweise ist von Zuhause weggelaufen, da er sich durch den zurückgezogenen Lebensstil seiner Familie, bedingt durch eine psychische Erkrankung der Mutter, eingesperrt gefühlt hat. Auch Heaven streift alleine in London umher. Ihre Eltern hat sie beide recht früh verloren und auch wenn sie ein riesiges Vermögen geerbt hat, lebt sie lieber auf einem kleinen Hausboot und beobachtet nachts den Sternenhimmel. Allerdings geht das nur über den äußeren Stadtbezirken – über Londons Zentrum prangt nämlich ein schwarzes Loch im Nachthimmel. Tagsüber ist es nicht zu sehen, aber sobald es dunkel wird, breitet sich die Leere über der Stadt aus.

Insgesamt nimmt sich der Autor viel Zeit, um seinen Protagonisten vorzustellen, und so gestaltet sich der Anfang ein wenig langatmig. Mit viel Liebe zum Detail werden Rückblenden gestaltet, in denen man David besser kennen lernt und ihn so auch schnell einschätzen kann. Seine dunkle Vergangenheit übt dabei eine gewisse Faszination auf den Leser aus bzw. eher die Bewältigung seiner Fehler. Für seine jungen Jahre wirkt er sehr erwachsen und dass er die schiefe Bahn verlassen hat, bringt ihm Respekt von Seiten der Leserschaft ein. Heaven dagegen bleibt zunächst geheimnisvoll, dabei aber durchweg authentisch. Genauso wie David. Christoph Marzi hat schlichtweg ein verdammt gutes Gespür für sympathische Charaktere, die vermögen, das Herz des Lesers zu gewinnen.

Die Geschichte selbst bleibt dabei bis zum Ende spannend, wobei manche Details doch etwas vorhersehbar waren. Hier gibt es ein klares „Gut“ und „Böse“ und wer aufmerksam liest, kann erahnen, was die Protagonisten Böses erwartet. Dennoch hält der Autor bis zum Ende Überraschungen parat, inklusive dramatischer Wendungen. Auf den letzten Seiten fiebert man dann regelrecht der Auflösung entgegen und nachdem mit Mr. Drood ein übles Feindbild existiert hat, löst sich der Schluss etwas zu sehr in Wohlgefallen auf – sprich: Er ist nach dem Handlungsverlauf einfach nicht richtig glaubwürdig. Dieses einzige Manko verzeiht man Christoph Marzi aber gern, wo es ihm doch abermals gelingt, seine Leserschaft in eine verzauberte Metropole zu entführen. Dem düsteren Charme Londons können zudem auch erwachsene Leser erliegen, wobei man dem Roman doch stark anmerkt, dass er für ein jüngeres Publikum geschrieben ist. So zart wirken die Gefühle der Protagonisten füreinander und so verträumt die Geschichte selbst mit ihren kreativen Ideen. Marzis Feenbild ist nämlich ein ganz eigenes und auch in diesem Buch erkennt man den Autor als das, was er nun einmal ist: Ein großer Geschichtenerzähler.

Der Arena Verlag präsentiert „Heaven – Stadt der Feen“ als traumhaft gestaltetes Hardcover. Das wunderschöne Covermotiv wird durch Silberprägungen zusätzlich aufgewertet und ein tief violettes Lesebändchen rundet den positiven Gesamteindruck ab. Dazu kostet das sehr gut verarbeitete und stabile Hardcover nicht einmal ganz 15 Euro, was bei diesem Format preislich mehr als fair ist. „Heaven“ ist ein echtes Schmuckstück im Bücherregal!


Fazit

Mit „Heaven – Stadt der Feen“ gelingt es Christoph Marzi, seine Leser zu verzaubern. Londons leerer Nachthimmel wirkt durch seine Worte unheimlich lebendig, während er mehr und mehr phantastische Elemente in die Geschichte um David und Heaven webt. Ein Buch zum Träumen!


Pro & Contra

+ sympathische Protagonisten
+ kreative, verzauberte Ideen
+ originelle Nebencharaktere
+ verträumte Atmosphäre

- Story zum Ende hin etwas unglaubwürdig

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


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