Michelle Raven (02.02.2010)

Interview mit Michelle Raven

Literatopia: Hallo Michelle! Schön, Dir ein paar Fragen stellen zu dürfen. Stell Dich doch bitte allen Lesern kurz mit eigenen Worten vor. – Wer bist Du und was machst, bzw. schreibst Du?

Michelle Raven: Hallo, ich freue mich, hier zu sein. Ich bin im ‚wahren’ Leben Bibliotheksleiterin zweier Museumsbibliotheken in Braunschweig und schreibe in meiner Freizeit Romane. Bis vor einiger Zeit waren das ausschließlich Romantic Suspenses, also romantische Spannungsromane, die meist in den USA spielen, weil ich die Landschaft dort so großartig finde. Im Sommer letzten Jahres kam dann mein erster Roman einer neuen Serie heraus, die neben den Elementen Spannung und Liebe auch Paranormales enthalten, in dem Fall Gestaltwandler. Wenn ich denn mal ein wenig Zeit habe, bin ich gerne in der Natur, am liebsten natürlich im Westen der USA.

Literatopia: Im Juli 2009 erschien Dein neues Buch "Ghostwalker: Die Spur der Katze". Kannst Du uns einen kurzen Abriss zur Story geben? Was erwartet den geneigten Leser?

Michelle Raven: In ‚Die Spur der Katze’ geht es um die Journalistin Marisa Pérèz, die eines Abends auf ihrer Veranda einen nackten, schwer verletzten Mann vorfindet. Es stellt sich dann heraus, dass ihr Nachbar ermordet wurde und die Mörder nun hinter dem Mann – Coyle – her sind und weil sie ihm geholfen hat, auch hinter ihr. Sie fliehen durch den Wald und Marisa merkt bald, dass mit ihrem Begleiter irgendetwas nicht stimmt. Er scheint sich je nach Stimmung zu verändern und als er sie in das Lager bringt, wo seine Familie und Freunde leben, entdeckt sie eine Welt, die fremder ist als alles, was sie sich je vorgestellt hätte.

Literatopia: Mittlerweile gibt es schon einen zweiten Teil, der im Februar 2010 erscheint „Pfad der Träume“. Anfangs wurde von vielen Lesern gerätselt, welches Paar es in dein zweites Buch schafft. Mindestens ein Paar gibt es noch, dessen Geschichte uns Leser brandheiß interessiert. Wie viele Teile wird es noch geben? Hast du schon einen ungefähren Ablauf über die weiteren Geschichten?

Michelle Raven: Das zweite Buch der Serie handelt von Kainda, der Leopardenwandlerin aus dem ersten Teil, die versucht, sich nach Afrika durchzuschlagen, was natürlich ohne Geld und ohne Beziehungen ziemlich schwierig ist. Doch nicht nur das, sie wird auch noch von Verfolgern eingeholt, die sie eigentlich bereits abgeschüttelt hatte. Bei einem Unfall wird sie schwer verletzt in die Tierklinik des San Diego Wild Animal Park eingeliefert, wo sich der Tierarzt Ryan Thorne um sie kümmert. Gleichzeitig gibt es aber auch noch eine zweite Liebesgeschichte, die im Lager der Berglöwen stattfindet. Dazu sage ich aber noch nichts und lasse es die Leser selbst entdecken. ;-)

Ich hatte einige Paare zur Auswahl, über die ich den zweiten Band hätte schreiben können, aber dann stand mir plötzlich Kaindas Geschichte so deutlich vor Augen, dass ich sie zuerst schreiben musste. Und ich muss sagen, das war gut so, denn damit entwickelt sich auch die Rahmenhandlung ein gutes Stück weiter, sodass die nächsten Bände besser anschließen.

Im dritten Teil, von dem ich gerade das Ende schreibe, geht es um Griffin und Amber, die das kleine Problem haben, dass er ein Adlerwandler ist und sie eine Berglöwenwandlerin. Und auch sonst wird das Leben der Wandler nicht gerade einfacher.

Im vierten Teil, den ich danach beginne, wird es um einen Berglöwenherrn gehen, der in allen drei Teilen mitspielt und mir ausdrücklich gesagt hat, dass er niemanden mehr lieben will. Nun ja, da muss er durch. ;o)

Da auch nach Isabel und Bowen, dem Nebenpaar im ersten Band, oft gefragt wird, kann ich hier gleich anfügen, dass die beiden noch ein wenig jung sind, aber bestimmt noch ihre Geschichte bekommen werden. Ich weiß noch nicht, wie viele Teile es geben wird, das hängt einerseits davon ab, welche Charaktere ich interessant genug für eine eigene Geschichte finde und andererseits natürlich vom Verlag, der sich sicher auch nach den Verkaufszahlen richten wird, wenn er entscheidet, ob die Serie fortgesetzt wird. Für die genannten vier Bände habe ich den Ablauf mehr oder weniger fertig gestellt, zu einem fünften habe ich erste Ideen, aber mehr habe ich derzeit noch nicht geplant. Mal sehen, was mir noch alles dazu einfällt.

Literatopia: Du hast mit Ghostwalker das Genre gewechselt, obwohl dein Buch „Perfektion“ im Genre der Ladythriller Preise gewonnen hat. Gab es dafür einen besonderen Anlass?

Michelle Raven:Die Spur der Katze’ war anfangs nur eine Spielerei, etwas, das ich zwischendurch geschrieben habe und eigentlich gar nicht zur Veröffentlichung vorgesehen war. Die ersten Kapitel habe ich dann meiner Freundin und meiner Kritikleserin gezeigt, die sich gut dabei amüsiert haben und meinten, ich sollte das doch auch einem Verlag anbieten. Also habe ich ein Exposé fertig gemacht und alles an meinen Agenten weitergegeben, der auch begeistert war und es an Lyx geschickt hat. Und plötzlich wurde aus dem Spaß Ernst und ich war Romantic Fantasy-Autorin. Wobei ich sagen muss, dass es sich eigentlich gar nicht so sehr von meinen anderen Büchern unterscheidet, es kommt eben nur das paranormale Element dazu, was aber eigentlich eher dezent ist. Die Geschichten spielen in der heutigen Zeit, in der realen Welt und so gut wie alle Menschen wissen überhaupt nichts von den Gestaltwandlern.

Was aber nicht heißt, dass ich nicht auch meine Romantic Suspenses weiterschreiben werde. Schließlich warten noch zwei Mitglieder der Familie Hunter auf ihre Geschichten und ich habe noch etliche Ideen. Am liebsten würde ich beides abwechselnd schreiben, also je ein Buch pro Genre im Jahr herausbringen. Mal sehen, ob dieser Wunsch in Erfüllung geht.

Literatopia: Wirst du wieder zu den Ladythrillern zurückkehren oder lässt du dich einfach, wenn die Zeit wieder reif für etwas anderes ist, inspirieren?

Michelle Raven: Ja, ich werde definitiv zu den Ladythrillern zurückkehren. Allerdings habe ich auch schon eine Idee für eine andere paranormale Serie, die mich auch reizen würde. Wenn ich nur mehr Zeit hätte …

Allgemeine Fragen

Literatopia: Du bist sehr aktiv in vielen Foren, du schreibst hinreissende Bücher und hast noch einen Vollzeitjob. Uns Fans freut natürlich deine Anwesenheit, findest du überhaupt noch genug Zeit zu schreiben? Hat dein Tag vielleicht mehr als 24 Stunden?

Michelle Raven: Leider hat mein Tag nicht mehr als 24 Stunden, manchmal kommt er mir sogar deutlich kürzer vor. In einige Foren schaue ich hin und wieder mal rein, aber wirklich viel kann ich nicht posten oder gar alle Posts lesen, das würde zu viel Schreibzeit kosten. Aber ich finde es sehr wichtig, mit den Lesern in Kontakt zu treten, denn schließlich schreibe ich ja für sie und freue mich dann immer, wenn ich Feedback zu meinen Büchern bekomme. Sonst würde ich als Autor ja im luftleeren Raum schweben, Buch um Buch abliefern, ohne je zu wissen, ob es überhaupt den Geschmack der Leser trifft. (Gut, das kann man auch an den Verkaufszahlen ablesen, aber das ist so unpersönlich.)

Die Zeit zum Schreiben muss ich mir mühsam zusammenklauben, meist abends nach der Arbeit ein paar Stunden und dann am Wochenende den ganzen Tag. Alle anderen Hobbys und Tätigkeiten sind dadurch auf Eis gelegt, mal sehen ob ich jemals wieder dazu komme.

Literatopia: Ich finde es bewundernswert, wie du dich um deine Leser kümmerst, du gehst auf jeden ein und schreibst auch immer einen passenden Beitrag in den jeweiligen Foren. Hat sich die Fanarbeit durch das Internet sehr verändert? Zum Vor- oder zum Nachteil?

Michelle Raven: Mein erstes Buch erschien 2002, deshalb kenne ich nur die Internetzeit als Autor. Meine erste Homepage habe ich mir erstellt, bevor das erste Buch erschien, später kamen dann noch ein Gästebuch und ein kleines Forum dazu. Für mich ist es normal, als Autor im Internet präsent zu sein, doch es gibt auch immer noch Autoren (sogar bekannte!) die keine eigene Homepage haben. Oft wird ihnen dann eine vom Verlag erstellt, was natürlich auch sehr praktisch ist, weil man dann selber keine Arbeit damit hat. Was für mich auch wichtig ist, ist per Email erreichbar zu sein. Ich denke, da hat sich schon einiges verändert, es ist nicht so eine große Hürde, wie z.B. einen richtigen Brief an den Autor oder Verlag zu senden (dementsprechend habe ich auch noch nie einen Brief von einem Leser bekommen). Ein Nachteil ist, dass im Internet auch die Hemmschwelle sinkt, was man an einigen Rezensionen oder auch sonstigen Beiträgen im Internet sehen kann. Es gibt immer Leute, die nur zum Stänkern ins Internet gehen, sich aber nie trauen oder auch die Zeit opfern würden, so etwas per Brief zu tun. Glücklicherweise bin ich bisher davon weitgehend verschont geblieben. Aber generell bin ich sehr froh, dass es das Internet gibt und ich so die Informationen über meine Bücher viel schneller und gezielter unter die geneigten Leser bringen kann.

Literatopia: Lange Zeit hast du in Amerika gelebt, kennst du alle Gegenden, in denen deine Romane spielen?

Michelle Raven: Also eigentlich habe ich nur kurz da gelebt (das hört sich in der Biographie nur so an, weil der Verlag ein paar Sätze weggekürzt hat ;o)), aber ich bin seit 1999 regelmäßig in den USA gewesen und habe auch alle Schauplätze meiner Romane selbst gesehen (meist mehrfach), oder besser erfahren. Denn wenn ich authentisch darüber schreiben möchte, muss ich nicht nur wissen, wie es aussieht, sondern auch, wie es riecht und wie es sich anfühlt.

Literatopia: Vermisst du etwas, was es nur in Amerika gibt? Typisch Amerikanisches?

Michelle Raven: Die Landschaften, eindeutig. Einfach diese Weite und Leere der Landschaft, das Gefühl, der einzige Mensch weit und breit zu sein.

Literatopia: Weihnachten ist noch nicht so lange her, gibt es Rituale oder einen Brauch für dich, speziell an Weihnachten? Hast du etwas aus Amerika übernommen?

Michelle Raven: Nein, Weihnachten ist für mich einfach eine schöne Gelegenheit, mal ganz gemütlich ein paar Tage zu verbringen. Einen Weihnachtsbaum fände ich schön, aber dazu kommen wir meist nicht. Aber Kerzen, die sind wichtig!

Literatopia: Eine allseits beliebte Frage, die in einem Interview nicht fehlen darf: Wann und warum hast Du mit dem Schreiben begonnen? Gab es eine Art „Auslöser“ oder hast Du "schon immer" zur Feder gegriffen?

Michelle Raven: Ehrlich gesagt, habe ich nie freiwillig geschrieben. Aufsätze in der Schule fand ich furchtbar. Diktate waren gut, zumindest bis man die Kommata selbst setzen sollte. ;o) Nach der Schule habe ich sieben Jahre lang überhaupt nichts geschrieben (von diversen Klausuren im Studium und der Diplomarbeit mal abgesehen). Ich wäre auch nie darauf gekommen, eine Geschichte schreiben zu wollen, wenn ich nicht beim Blättern in einem Reiseführer auf ein Bild des Fiery Furnace im Arches National Park gestoßen wäre und plötzlich eine Idee hatte. Ich habe dann ein wenig darüber nachgegrübelt, mir Charaktere ausgedacht, die dazu passen würden und ein paar Stichpunkte zur Handlung notiert. Danach habe ich einfach angefangen zu schreiben, um zu sehen, was passieren würde. Ich habe dann immer mal ein wenig geschrieben, aber auch teilweise monatelang pausiert (ein Fehler, wie ich jetzt weiß). Nach drei Jahren war die Geschichte fertig und ich war ganz erstaunt, dass ich tatsächlich so etwas hinbekommen habe. Damit wäre die Sache für mich erledigt gewesen (ausprobiert, geschafft, abgehakt), wenn mir nicht meine Freundin, die als einzige die Geschichte gelesen hat, den Tipp gegeben hätte, dass beim damaligen Momentsclub (Unterclub von Bertelsmann) noch ein Manuskript gesucht wurde.

Literatopia: Wo und wann schreibst Du am liebsten? Bist Du eher der Schreibtisch-Typ oder schreibst Du gerne unterwegs, z.B. im Zug oder in einem Straßencafé?

Michelle Raven: Schreibtisch, absolut. Am besten noch mit weißer Wand vor mir und nichts, was mich irgendwie ablenken könnte. Ich lasse mich nämlich sehr gerne ablenken und dann schaffe ich nichts. Im Zug habe ich es noch nicht probiert, aber ich glaube, da wäre es mir auch zu laut. Bei dem ‚wann’ richte ich mich nur danach, wann ich Zeit habe zu schreiben, ich kann es mir nicht leisten, darauf zu warten, dass meine Lieblingszeit kommt.

Literatopia: Wie ist es mit der Konkurrenz, schaffst du es überhaupt noch, selbst zu lesen? Ein bevorzugtes Genre? Oder ein Lieblingsautor? Welches Buch liegt gerade jetzt auf deinem Nachttisch?

Michelle Raven: Doch, ich lese jetzt immer auf meinem geliebten Ebookreader in Bus und Bahn, dabei schaffe ich erstaunlich viel. Lieblingsgenre ist immer noch Romantic Suspense, wobei es da im Moment relativ wenige neue gute Autoren gibt, was sehr schade ist. Hin und wieder schiebe ich einen Romantic Fantasy dazwischen, da gefällt mir Nalini Singh am besten. Ich lese auch ein paar Krimi/Thrillerreihen, wie zum Beispiel die Joanna Brady-Serie von J.A. Jance oder auch die Anna Pigeon-Serie von Nevada Barr. Auf meinem Nachttisch liegt gerade ‚Rubinrot’ von Kerstin Gier. Ein sehr schönes Buch von einer sehr netten Kollegin, kann ich nur empfehlen.

Literatopia: Gibt es Interviewfragen, die Du nicht mehr hören kannst? Oder gibt es vielleicht sogar eine, auf die Du schon viele Jahre wartest, die Du aber noch nie gefragt wurdest? Beantwortest Du sie uns gleich?

Michelle Raven: Ach, ich bin da eigentlich ganz schmerzlos. ;-) Und mir fällt jetzt tatsächlich keine Frage ein, auf die ich warte.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview

Michelle Raven: Bitte, gern geschehen.


Zur Rezension - "Ghostwalker: Die Spur der Katze"

Autorenfoto: Copyright by Michelle Raven

1972 in Hannover geboren und aufgewachsen, studierte Michaela Rabe Bibliothekswesen und war einige Jahre in verschiedenen Bibliotheken tätig. Nach einem siebenjährigen Zwischenspiel in Köln, wo sie Institutsbibliotheken des Historischen Seminars der Universität leitete und einem Aufenthalt in Washington, DC, wo sie in der Library of Congress arbeitete, ist sie seit 2009 zurück in Niedersachsen. Im Braunschweigischen Landesmuseum und Staatlichen Naturhistorischen Museum ist sie auch weiterhin als Bibliotheksleiterin tätig.

2002 veröffentlichte Michaela Rabe unter dem Pseudonym Michelle Raven ihren ersten Roman „Canyon der Gefühle“. Es folgten „Riskante Nähe“, „Eine unheilvolle Begegnung“, „Abgründe des Verlangens” und "Gefährliche Vergangenheit". Unter ihrem eigenen Namen veröffentlichte die Autorin den romantischen Thriller "Perfektion". Die Schauplätze ihrer Bücher recherchiert sie vor Ort auf ihren zahlreichen Reisen in den Westen der USA.

2008 gewann „Perfektion“ die DeLiA als Auszeichnung für den besten deutschsprachigen Liebesroman 2007 von der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautor/Innen.

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Dieses Interview wurde von Patricia Twellmann für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.