Die Farben der Herzen (Debbie Macomber)

Verlag: Mira, März 2009
Originaltitel: Back on Blossom Street,
übersetzt von Christiane Meyer
TB, 464 Seiten, € 7,95
ISBN: 978- 3899416510

Genre: Belletristik


Klappentext

Lydia ist glücklich. Sie ist mit ihrer großen Liebe verheiratet und hat einen kleinen Strickladen eröffnet. Gerade gibt sie dort einen neuen Kurs, als ein Überfall sie und ihre Familie zutiefst verstört. Aber auch ihre Teilnehmerinnen haben es nicht leicht. Alix steht kurz vor der Hochzeit. Mit dem Richtigen? Colette ist schwanger und überzeugt, dass ihr Geliebter ein Verbrecher ist.
In der warmen Geborgenheit von Lydias Laden wagen sie es. Sie öffnen einander die Herzen – und finden gemeinsam den Weg durch das Labyrinth, das man Leben nennt …


Rezension

Willkommen in der Blossom Street, einer beschaulichen kleinen Straße mitten in Seattle, in der kleine, lauschige Geschäfte eine Wohlfühlatmosphäre schaffen. Hier kann man den Mief der Großstadt abstreifen und sich seinen Mitmenschen zuwenden, in einer Umgebung, die auf das Vortrefflichste für Leib und Seele sorgt. Ein Wollgeschäft lädt zum Stöbern in ausgefallenen Garnen ein und bietet mit seinen Strickkursen auch etwas für Ungeübte. Stöbern kann man auch im Buchladen, anschließend genießt man Kaffee und ausgefallene Kuchen in der Bäckerei mit seiner unglaublich begabten Bäckerin. Ein Blumengeschäft darf natürlich auch nicht fehlen, es sorgt für Frische und Farbenpracht. Alle diese Läden sind inhabergeführt, das macht ihren Reiz und Charme aus. Treten Sie ein in eine altmodische, ländliche Welt, ohne auf die neuesten Errungenschaften der heutigen Welt zu verzichten.

Wir kennen sie ein Leben lang, unsere netten Nachbarinnen. Man trifft sich zu einem Plausch, zu Kaffee und Kuchen, oder einfach nur, um mal Hallo zu sagen. Aber wie sieht es wirklich in den Menschen aus? Sind sie immer das, was sie vorgeben, zu sein? In der Blossom Street gibt es eine Menge netter Menschen, mit denen man sich gerne trifft – aber so einige haben ihre Geheimnisse und Probleme. Probleme, die jeden überall treffen können, die zwar nicht ultimativ gelöst werden, aber zum Nachdenken anregen und den Leser geradezu auffordern, seinen eigenen Weg zu finden.

Lydia Goertz gehört das Strickgeschäft, in dem sie auch Strickkurse anbietet. Diesmal hat sie sich für einen Gebetsschal entschieden, einen Schal, dem man jemandem, den man besonders mag, wie eine Umarmung um die Schultern legen soll. Alleine schon die Gedanken, die sich die Teilnehmerinnen über den Empfänger machen, lösen beim Leser ähnliche Überlegungen aus. Wem würden wir einen Gebetsschal schenken? Wer ist der würdige Empfänger für eine Handarbeit, die mit so viel Arbeit, Mühe und Herzblut hergestellt wird? Obwohl Lydia gerade in einer glücklichen Phase ihres Lebens angekommen ist, so schlägt das Schicksal wieder erbarmungslos, diesmal bei ihrer Schwester, zu. Ihrer Tochter wird brutal das Auto geraubt, die physischen Folgen sind nicht schwerwiegend, die psychischen aber umso mehr. Margaret, Lydias Schwester, verbeißt sich völlig in der Suche nach dem Täter, indem sie die Polizei beinahe terrorisiert. Julia, ihre Tochter, traut sich nicht mehr aus dem Haus, will aber keine Hilfe annehmen. Wird wirklich alles mit der Verurteilung des Schuldigen zu Ende sein? Es ist noch ein langer Weg, bis beide erkennen, dass sie Hilfe bitter nötig haben.

Alix Townsend, die begabte Bäckerin aus dem Café, bereitet ihre Hochzeit mit dem Reverend Jordan Turner vor. Aber ist es wirklich ihre Hochzeit? Ihre mütterliche Freundin und ihre Schwiegermutter nehmen ihr alle Vorbereitungen ab, planen die Hochzeit und vergessen über ihre Begeisterung völlig, Alix zuzuhören und darauf einzugehen, was sie will. Alix zweifelt immer mehr an der Richtigkeit ihrer Entscheidung. Ist ein Reverend wirklich der Richtige für ein ehemaliges Straßenkind? Wird sie als Pfarrersfrau überhaupt ernst genommen? Will sie wirklich so eine opulente Hochzeit? Es wird Zeit, dass sie einige Entscheidungen trifft – hoffentlich die richtigen.

Colette Blake wohnt über Lydias Laden. Sie ist schwanger von ihrem ehemaligen Chef, den sie für einen Verbrecher hält. Aus diesem Grund will sie nichts mehr von ihm wissen und ihm die Neuigkeit vorenthalten, dass er Vater wird. Eigentlich passt das Verbrechen gar nicht zu Christians Charakter, Collette glaubt aber an das, was sie auf seinem PC gefunden hat und Dateien lügen nun mal nicht. Oder doch? Kennt sie wirklich die Wahrheit über Christian, den sie immer noch liebt?

Einfühlsam und warmherzig lösen sich natürlich alle Probleme in diesem Buch. Debbie Macomber zieht den Leser in eine vermutlich heile Welt, die ein paar Risse bekommen hat. Jeder geht unterschiedlich mit den Anforderungen um, in den Personen kann jeder ein bisschen von sich selbst wiederfinden. Die Probleme sind zum Teil sehr real und auch glaubwürdig umgesetzt und gelöst. Colettes Geschichte wirkt allerdings sehr unglaubwürdig und wird dabei noch von kuriosen Ereignissen und Zufällen unnötig in die Länge gezogen. Die Handlungen passen nicht zu den Charakteren und das Phänomen des Nichtmiteinander-Redens wird von beiden auf hohem Niveau gepflegt. Beide Charaktere bleiben dadurch sehr blass, obwohl ihnen viel Raum im Roman gegeben wird. Viel interessanter ist es dagegen, wie Alix sich schließlich gegen ihre Mütter durchsetzt, aber auch hier ist das Ende doch ein bisschen zu süßlich.

Das Buch lebt durch seine Atmosphäre, das Stricken und die Freundschaft unter den Frauen. Ihre Fähigkeiten, miteinander und mit Problemen umzugehen, sind belebend und die Ereignisse absolut nachvollziehbar. Unwillkürlich fragt man sich immer, wie man selbst reagiert hätte. Auch das Cover ist wundervoll ausgewählt, so stellt man sich den Blumenladen in der Blossom Street vor.


Fazit

Beschaulich, einfühlsam und lebhaft hat Debbie Macomber eine Welt der Freundschaft geschaffen, die eine behagliche Atmosphäre schafft. Schon beim Lesen möchte man am liebsten die Stricknadeln hervorkramen und sich zu seinen Freundinnen gesellen. Denn das sind sie alle geworden, Freundinnen, die miteinander durch dick und dünn gehen und sich in jeder Lebenslage eine helfende Hand reichen. Zwischendurch verliert sich Macomber zwar etwas in die Langatmigkeit, auch Collettes Schwierigkeiten wirken aufgesetzt und selbst verschuldet, aber die anderen Personen wiegen das schnell wieder auf. Gut gezeichnete Charaktere selbst in den kleinsten Nebenrollen lassen das Buch zu einem wahren Lesevergnügen werden.


Pro und Contra

+ Wohlfühlatmosphäre
+ vor jedem Kapitel nette Einwürfe über das Stricken
+ Probleme in der gar nicht so heilen Welt
+ originelle Problemlösung
+ wie man bei den Schwierigkeiten des Lebens über sich selbst hinauswachsen kann

- stellenweise zu sehr in die Länge gezogen
- Collettes Probleme sind unglaubwürdig und die folgenden Ereignisse zu kurios
- die Enden zu süßlich

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5