Schnee in Venedig (Nicolas Remin)

Verlag: rororo, September 2009
TB, 350 Seiten, € 9,95
ISBN: 978- 3499252990

Genre: historischer Krimi


Klappentext

Venedig 1862: In der Kabine eines Raddampfers wird ein hoher kaiserlicher Offizier ermordet aufgefunden. Commissario Tron ermittelt mit besonderem Interesse; schließlich steht die faszinierende Principessa di Montalcino auf der Passagierliste. Doch schon bald wird ihm der Fall von der österreichischen Militärpolizei entzogen. Kaiserin Elisabeth von Österreich persönlich hat indes ihre Gründe, Tron bei seinen Nachforschungen tatkräftig zu unterstützen.


Der Autor

Nicolas Remin, 1948 in Berlin geboren, studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin und Santa Barbara, Kalifornien. Eigenen Angaben zufolge hat er sein Leben hauptsächlich lesend auf dem Sofa verbracht – in Los Angeles, Las Vegas und in der Lüneburger Heide. Sein erster Roman um Commissario Tron, „Schnee in Venedig“, wurde auf Anhieb zum Bestseller.


Rezension

Maskenbälle, Paläste und die österreichische Kaiserin Elisabeth statten diesen historischen Krimi zur Zeit der KuK Monarchie mit einem unverwechselbaren Flair aus, welches nur Venedig bieten kann. Venedig, noch unter österreichischer Herrschaft, und die Anwesenheit von Elisabeth sind einzigartig in einem historischen Krimi. Der Geruch von Reichtum in den großartigen Palästen, die den alten venezianischen Adelsgeschlechtern gehören und deren rauschende Feste, an denen wegen der Einzigartigkeit der Masken auch hochstehende Personen inkognito teilnehmen können lassen uns in eine Zeit zurückversetzen, in der Offiziere noch die Hacken schmissen und ihre Schnurrbärte zwirbelten. Oder ist es doch eher der Geruch nach Fäulnis, abbröckelndem Putz und Feuchtigkeit, der durch die Wände der heruntergekommenen Paläste zieht? Denn nichts ist mehr so glanzvoll, wie es einmal war. Venedigs Adelige sind pleite, und um die Fassade aufrecht zu erhalten sind Originale schon längst durch Kopien ersetzt. So ist es auch kein Wunder, dass ein Conte, Alvise Tron, als Commissario seinen Lebensunterhalt fristet. Aber nichts in der Welt kann seine Mutter davon abhalten, wie jedes Jahr einen glanzvollen Maskenball zu veranstalten. Und durch die Anwesenheit einer hochgestellten Persönlichkeit, die einfach mal nur sie selbst sein möchte, wird es auch ein ganz besonderes Ereignis. Leider ist auch dieser Traum irgendwann wieder zu Ende.

Dieses einzigartige Flair macht allerdings ein bisschen die Unzulänglichkeiten der Geschichte wieder wett. Sie ist oft etwas langatmig und am Anfang ziemlich verwirrend. Venezianische Polizei, österreichisches Militär, die Zuständigkeiten und Personen wechseln rasend schnell und man hat so seine Schwierigkeiten, den Überblick zu behalten. Kompetenzgerangel anstatt Aufklärung steht mehr im Vordergrund, politische Züge haben halt immer Vorrang. Viele Fragen, die sich dem Leser sofort aufdrängen, werden erst spät in der Geschichte aufgeworfen und man kann die Hilflosigkeit Trons sehr gut nachvollziehen, dem so manche Knüppel zwischen die Beine geworfen werden.

Einzigartig ist natürlich das Erscheinen Elisabeths, die sehr natürlich und nicht verherrlichend dargestellt wird. Es entsteht das Bild einer sehr unglücklichen jungen Frau, die Elisabeth ja wirklich zu dieser Zeit gewesen ist. Interessant zu lesen, welchen Zwängen sie durch das Hofprotokoll ausgesetzt war und wie sie einfach versucht, sich daraus zu befreien. Durch unglückliche Zufälle gerät sie dann auch noch in verheerende Situationen.

Der Krimiplot ist eher nebensächlich, der Hauptteil der Geschichte bezieht sich auf den Lebensstil der Venezianer, die mit der österreichischen Herrschaft nicht wirklich zufrieden sind. Ihre Bemühungen, nach außen hin eine glanzvolle Fassade aufrecht zu erhalten, werden eindrucksvoll geschildert, die Hilflosigkeit, die Tron überfällt, wenn wieder ein neuer Riss im Gemäuer entdeckt wird, ist gut nachzuvollziehen. Aber auch der Respekt, den die Jüngeren vor der älteren Generation haben, leistet seinen Beitrag, Tron würde nie auf die Idee kommen, seiner Mutter etwas abzuschlagen. Die Contessa bestreitet hartnäckig sämtliche Geldprobleme, für sie ist ein nicht stattfindender Maskenball der Untergang des Rufes ihres Geschlechts. Also obliegt es Tron, das nötige Geld aufzutreiben. Leider ist der Job des Commissarios nicht wirklich lukrativ, da käme schon eher die Ehe mit einer vermögenden Erbin in Betracht. Wird seine heimliche Liebe, die Principessa di Montalcino, ihn wohl erhören? Es scheint so, als ob auch sie in die Morde verwickelt ist. Zum Ende löst sich aber alles schlüssig auf und man kann gespannt auf den nächsten Fall mit Commissario Tron sein.


Fazit

Ein interessanter Einstand für einen historischen Krimi mit bekannten Persönlichkeiten - sicherlich werden in den Folgebänden weitere interessante, historische Persönlichkeiten aus der österreichischen Monarchie auftreten. Durch das unnachahmliche Flair der Zeit kann man leichter über einige Längen in der Geschichte hinwegsehen, sie fesselt zwar nicht immer, ist aber interessant zu lesen und bietet eine Menge an historischen Fakten und Einblicken.


Pro und Contra

+ Venedig
+ Flair
+ Elisabeth
+ interessante Charaktere

- einige Längen
- zu viel Kompetenzgerangel
- am Anfang zu unübersichtlich

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5