Krieger des Feuers (Brandon Sanderson)

Heyne Verlag (Februar 2010)
Taschenbuch, 990 Seiten, 15,00 €
ISBN: 978-3-453-52337-1

Genre: Fantasy


Klappentext

Weiße Nebel verhüllen die Welt, und Asche regnet vom Himmel. Lange Zeit regierte der Oberste Herrscher über das versklavte Volk der Skaa, bis eine Schar von Rebellen, Nebelgeborene mit den magischen Kräften der Metalle, den Tyrannen gestürzt und die Skaa befreit haben. Doch mit dem Tod des Obersten Herrschers regt sich ein noch dunkleres und älteres Grauen in den Nebeln der Welt ...


Rezension

Nach Brandon Sandersons außergewöhnlichem Debüt-Erfolg Elantris präsentierte der amerikanische Autor den wortwörtlich nebulösen Trilogieauftakt Kinder des Nebels, der auf Anhieb zu überzeugen wusste. Nun, wenige Monate danach, darf sich der geneigte Leser über den zweiten, deutschsprachigen Band dieser Reihe freuen. Die Erwartungen sind hoch und die Möglichkeiten so vielseitig, dass sie die Gedankenkräfte des Lesers übersteigen. Was hat Brandon Sanderson nun im zweiten Band vor? Wird er erneut eine in sich abgeschlossene Handlung bieten? Werden Elant und Vin nun doch noch Steine in den Weg geworfen, um Spannung zu schüren, oder ist das zentrale Problem in „Krieger des Feuers“ gänzlich anderer Natur?

Ihr könnt mich närrisch nennen, aber ich sage euch, dass sich die Worte der Prophezeiung verändern. Die Veränderungen sind kaum merklich. Sie sind klug eingefügt. Ein Wort hier, eine andere Wendung dort. Aber die Worte auf den Seiten sind anders als die in meiner Erinnerung. Etwas verändert die Prophezeiung, damit sie auf Alendi passt.
aus dem Buch

Helden und Widersacher, Sklaven und Unterdrücker – im letzten Reich herrschte kontrolliertes Chaos, während der Adel sich die Zeit mit großen Gesellschaften zu vertreiben verstand. Skaas starben auf den Straßen unter ihren Lasten, auf Plantagen oder in Minen. Nur wenige widersetzten sich und einer dieser Außergewöhnlichen war Kelsier, der Überlebende von Hathsin. Als „Nebelgeborener“ war er mächtig, doch nicht unschlagbar. Jetzt ist er tot. Zurückgeblieben sind seine alten Gefährten, die ihm erfolgreich geholfen hatten, den Obersten Herrscher zu stürzen.

Nun versuchen sie, ihr Bestes zu geben, um die so mühsam eroberte Stadt halten zu können, doch Elant Wager, der neue König von Luthadel, muss dabei ebenso lernen wie die junge Vin. Sie ist Nacht für Nacht damit beschäftigt, ihren Geliebten vor Attentätern zu schützen, doch selbst sie kommt als Nebelgeborene nicht gegen drei Armeen an, die sich vor Luthadel sammeln, um die Hoffnung auf ein besseres Leben zu zerstören, für die Kelsier sein Leben gelassen hat ...
 
 
„In dem Ihr mich tötet, verdammt Ihr Euch selbst!“ – Das waren die letzten Worte des Obersten Herrschers und sie haben am Ende des ersten Bandes einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Völlig zurecht, wie der Leser in „Krieger des Feuers“ nun feststellen muss, denn die ohnehin schon gefährlichen Nebelschwaden ziehen nun schneller auf, als es möglich sein dürfte. Sie sind gefährlicher, dunkler und manchmal sogar tödlich. Genau an diesem Punkt bringt Brandon Sanderson seine Handlung wieder ins Rollen und wirft damit gelungen die Fragen nach dem einstmals vom Obersten Herrscher besiegten Dunkelgrund wieder auf. Waren es tatsächlich die Nebelschwaden, die in den Legenden so bezeichnet wurden? Eine feindliche Invasion, oder doch eine Krankheit, deren Symptome man mit diesem Ausdruck in Verbindung brachte? Niemand kann sich in diesem Punkt völlig sicher sein, wie Elant zugeben muss, der seine junge Regenschaft von gänzlich anderer Art bedroht sieht. Denn sein Vater, Straff Wager, und dessen politischer Gegner, Aschwetter Cett, warten nur auf die Gelegenheit, die Stadt zu stürzen, um sich selbst bereichern und jeweils über den anderen triumphieren zu können.

Die hierbei entstehenden, politischen Ränke stehen mit voranschreitender Seitenanzahl immer öfter im Vordergrund, heben die Spannungskurve an und lassen insgeheim auf ein gutes, den Protagonisten wünschenswertes Ende hoffen. Denn all die anderen Auswege, die sich bieten würden, wären fatal. Und sehr zur Überraschung des Lesers, ist der Autor diesmal auch bereit, fatale Wege zu gehen, die man beinahe als episch bezeichnen kann. Ein Wort, das bisher nur bedingt zu Brandon Sanderson passte, diesmal jedoch stimmig klingt. Trotzdem wird diesem Eindruck immer wieder etwas entgegen gesetzt. Manchmal sind das lange, bedeutlungslos wirkende Ausschweifungen, meist aber intensive Charakterstudien, die das ganze Buch umfassen. Sie formen die liebgewonnen Helden wunderbar und geben das Gefühl, selten die Möglichkeit zu haben, einen Roman zu lesen, der so viele Nuancen miteinander zu verbinden versteht und dabei zu jeder Zeit menschlich bleibt. Ab und an sogar menschlicher als die Realität des Alltags selbst in der Welt der großen Zweifler, Freidenker und Idealisten.

Dieser Umstand mag für Leser, die eine etwas actionlastigere Lektüre suchen, abschreckend sein, zeigt aber auch klar die angestrebte Richtung des zweiten Nebelkinder-Romans. So ist es auch nicht verwunderlich, betrachtet man die gewaltige Seitenanzahl (die gerne auch Kürzungen vertragen hätte), dass die vorhandene Action subtiler gestreut und ihr Höhepunkt erst zum Ende der Geschichte erreicht ist. Und bis zur letzten Seite dauert es lang. Sehr lang. Immer wieder behindern kleinere Längen, die gleichzeitig innere Konturen füllen und fördern, das rasche Vorankommen im Gesamtkonzept des Romans. Menschen, die es gerne in Kauf nehmen, wenn sich der Autor nicht scheut, etwas zu wiederholen, oder sich mit gewissen Dingen sehr ausführlich zu beschäftigen, sind hier richtig. Sie werden es genießen, zwischen vielen Zeilen kluge Andeutungen zu finden, die einen oftmals stutzen und über sich selbst und seine Neigungen, aber auch die Neigungen der Gesellschaft nachdenken lassen. Ist es tatsächlich möglich, aufrichtig zu sein und damit in einer Welt zu punkten, die Fehler nur ungern vergibt? Betrügt man sich selbst im Alltag zu leicht? Erwartet man sich zu viel von sich oder den anderen, oder muss man – wenn man etwas erreichen will – eben doch stets „die Klingen“ ziehen? Genießer des wahren Lebens mit einer Symphatie für Charaktere, die immer nur das Richtige tun bzw. ihr Bestes geben wollen und dabei vorwiegend an der eigenen Menschlichkeit scheitern, sollten zugreifen und den oftmals psychologischen Tiefsinn entdecken, der ebenso wie das ausgewogene Magiesystem seinesgleichen sucht.


Fazit

Nicht nur Fans der Reihe dürften bei „Krieger des Feuers“ einen wahren Hochgenuss erleben. Der zweite Teil der Trilogie von Brandon Sanderson ist, wie für den Autor typisch, ruhig und gefühlvoll angelegt, besticht aber so wie noch nie durch Tiefsinn und liebevolle Charaktere, die jeden Vorworf der Schwarz- und Weißmalerei vergessen lassen. Wer es gerne actionloser, aber doch spannend mag und sich auf die Geschichte einlassen kann, wird lieben, was er geboten bekommt und sich vermutlich schnell nach einer Fortsetzung sehnen.


Pro und Kontra

+ teilweise sehr spannend
+ innovativ & tiefgründig
+ wunderbare Charaktere
+ ruhige, intelligente Fantasy
+ überraschende Wendungen
+ auch ohne Vorwissen zu lesen

o Zusammenfassung des ersten Bandes & Glossar vorhanden
o wenig Action, dafür Politik und Religion
o Protagonisten sind klischeehaft

- Logik-Schwächen
- zu viele Zufälle

Bewertung:

Handlung 4,5 / 5
Charaktere: 5 / 5
Lesespaß: 4,5 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5


Interview mit Brandon Sanderson (deutsch / englisch)

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