Judassohn (Markus Heitz)

Knaur (März 2010)
Taschenbuch, Seiten: 686
Preis 14,95€
ISBN: 978-3426652251

Genre: Vampirbuch / Thriller


Klappentext

Sie glaubt, sie sei die letzte ihrer Art: Theresia Sarkowitz, genannt Sia, ein »Kind des Judas«, uralt und ewig jung. Sorgfältig getarnt wacht sie über ihre Nachkommen, eine unschuldige junge Frau und ihr Kind, damit diese nicht dasselbe Schicksal erleiden wie sie - einst als Untote wiederauferstehen zu müssen. Doch dann taucht eine Gestalt auf, die Sia seit Jahrhunderten gesucht hat. Eine Gestalt, deren Kräfte ausreichen, sie zu töten. Und die voll Rachedurst ist ...


Rezension

Markus Heitz bringt etwa zwei Bücher im Jahr auf den Markt. Das ist ein beachtlicher Schnitt und sieht man von „Blutportale“ ab, waren alle überdurchschnittlich gut. Bei seinen Büchern trifft man grundsätzlich auf bekannte Themen in unbekanntem Gewand. Ihm gelingt es immer mit seinem einfachen Schreibstil, einen an das Buch zu fesseln, bis die letzte Seite erreicht wurde. Das ist es, was ein Heitz-Buch ausmacht. Geht man mit diesen Erwartungen an „Judassohn“ heran, wird es nicht lange dauern, bis man feststellen muss, dass dieses Buch auf ganzer Linie enttäuscht.

Der Roman beginnt vielversprechend. Wir treffen Theresia Sarkowitz – inzwischen Sia – zeitlich angesiedelt nach dem Vorgängerroman „Kinder des Judas“. Sie tut alles, um ihre Identität zu wahren und ihre Familie zu schützen. Doch es taucht ein unbekannter Feind aus der Vergangenheit auf. Anschließend fokussiert sich Heitz auf das 18. Jahrhundert kurz vor der französischen Revolution. Tanguy ist der neue Hauptcharakter und auch dieser Teil lässt auf vieles hoffen. Das Schicksal, das Tanguy ereilt, ist traurig und seine Entwicklung als Vampir ist spannend. Doch dann ist es plötzlich vorbei. Nach über zweihundert Seiten muss sich der Leser damit arrangieren, dass Sandrine und kurz darauf Dominic de Marat die neuen Protagonisten sind.
Keiner der beiden Geschichtsstränge kann überzeugen. Sandrine lernt eine Tenjac, eine Unterart der Vampire, kennen. Zwischen ihnen entwickelt sich eine unendliche Liebe, die so hanebüchen daherkommt, dass man nur genervt den Kopf schütteln kann. Ihr gemeinsames Dasein scheint einem Softporno entnommen zu sein. Ununterbrochen wollen sie ihrer lesbischen Sexualität frönen. Wenn sie sich nicht gerade lieben, versuchen sie sich durchzuschlagen, ohne unter den Menschen aufzufallen. Irgendwann verschlägt es sie nach Serbien, wo sie sich unerwarteten Problemen gegenübersehen.
Parallel dazu geht Dominic de Marat seinen Weg. Als Vampir und Räuber überfällt er die Adligen während der französischen Revolution. Er infiltriert die Villa einer reichen Dame mit zwei Töchtern. Wieder lebt Heitz seine Sexfantasien aus. Dominic treibt es mit der einen, dann mit der anderen und damit es nicht langweilig wird auch mit beiden gleichzeitig. Glücklicherweise wird die Orgie irgendwann von Werwölfen unterbrochen. Dominic wird von Baron Illicz gerettet, der ihm offenbart, dass er ein Kind des Judas ist, und nimmt ihn unter seine Fittiche. Von da an versucht Dominic herauszufinden, was ihn zu einem Vampir gemacht hat und wie er den Fluch loswerden kann. Einiges wird angeschnitten, vieles erwähnt, aber aus irgendeinem Grund nicht konsequent zu Ende gebracht.
Alle drei Geschichtsstränge, die in der Vergangenheit spielen, überschneiden sich kaum, sind zeitlich zueinander versetzt und haben scheinbar nichts miteinander zu tun. Bis zum Schluss lässt Heitz den Leser im Dunkeln, welches Geheimnis hinter den drei Figuren steckt. Zugegebenermaßen überrascht die Wendung wirklich und gibt dem Ganzen Geschehen einen Sinn und leitet erfolgreich ein logisches Ende in der Gegenwart ein. Jedoch kann sie nicht die einzelnen sinnlosen und unzweckdienlichen Passagen wieder gut machen, die mit Brutalität und Sex verschwendet wurden. Letzteres soll vermutlich Freunde von Dark Fantasy anlocken.

Die Geschichte ist zwar etwas verzwickt und schwer zu durchschauen. Sie bietet im Grunde aber genug, um gut zu sein, scheitert letztendlich aber gnadenlos an den Charakteren. Tanguy funktioniert als tragische Identifikationsperson noch am Besten. Er verliert alles, was er hat und das durch eigenes Verschulden. Seine Absichten ähneln denen von Sia. Er will die Vampire bekämpfen, die ihm die Tragödie eingebracht haben. Umso erschreckender sind Sandrine und vor allem Dominic de Marat geraten. Wie erwähnt, ordnet sich Sandrine in die klischeehaft verliebten, dauerhaft paarungsbereiten Vampirinnen ein. Die Liebe zwischen ihr und der Tenjac haben weder Hand noch Fuß und stellen einfach eine Tatsache dar. Ihr Auftauchen in Serbien kommt plötzlich und ist zweckdienlich für die spätere Auflösung. Außerdem bietet sie die schlechteste Idee seit langem, ihre Einschränkungen als Vampirin zu umgehen. Stichwort: Über fließendes Wasser reisen.
Dominic wiederum fällt unter die Kategorie des bösen Vampirs. Er mordet, er nimmt sich jede Frau, die er kriegen kann, und … mordet noch ein wenig mehr. Er verfolgt egoistische Ziele. Seine Gedankengänge, die Heitz alle fünf Zeilen in kursiv präsentiert, sind so platt und gekünstelt bösartig, dass es wahrlich schwer fällt, das Buch nicht an die Wand zu schmettern.

Immerhin bleibt der Autor, seiner Art zu schreiben treu. Die Sprache ist einfach und frei von verkrampft komplizierten Formulierungen. Wären die Geschichten um Sandrine und Dominic nicht so platt, würde man es nicht schaffen das Buch wegzulegen. Etwas zurückschrauben könnte man die ununterbrochenen Gedanken, die den Leser besonders, bei Dominic de Marat an die Grenzen des Erträglichen reicht.

Judassohn“ lässt sich ohne Vorkenntnisse anderer Heitz-Bücher lesen. Es ist eine Erweiterung zu „Kinder des Judas“, weist aber auch viele Parallelen zu „Blutportale“, „Ritus“ und „Sanctum“ auf. Eine Bereicherung ist dieses Buch aber nicht.


Fazit

In der Danksagung erwähnt Markus Heitz einen Fluch, der über diesem Projekt zu lasten schien. Bleibt zu hoffen, dass er sich von diesem befreien kann, denn „Judassohn“ ist belanglos und nur schwer zu Ende zu lesen. Auch die gute Wendung kann die nervigen und klischeehaften Charaktere und die platte Brutalität nicht ungeschehen machen.


Pro und Kontra

+ Verlinkung zu anderen Romanen
+ Tanguys Geschichte
+ Auflösung

o lesbar ohne Vorwissen

- Sandrines Liebesbeziehung
- Sandrines unfreiwillig komische Überquerung von fließendem Wasser
- Dominc de Marats Gedanken und Taten
- Gewalt der Gewalt wegen

Beurteilung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 2/5
Lesespaß: 2/5
Preis/Leistung: 2,5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Markus Heitz:

Rezension zu Die Legenden der Albae - Die Vergessenen Schriften
Rezension zu Die Legenden der Albae - Gerechter Zorn (1)
Rezension zu Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass (2)
Rezension zu Die Legenden der Albae - Dunkle Pfade (3)
Rezension zu Die Zwerge
Rezension zu Der Triumph der Zwerge
Rezension zu Die Zwerge Bd.1 - Tungdil (Comic) 
Rezension zu Drachenkaiser
Rezension zu Drachengift
Rezension zu Collector
Rezension zu Oneiros
Rezension zu Totenblick
Rezension zu Exkarnation – Krieg der alten Seelen
Rezension zu Exkarnation - Seelensterben
Rezension zu Wédora
Rezension zu Des Teufels Gebetbuch

Interview mit Markus Heitz (04.02.2015)
Interview mit Markus Heitz (31.03.2010) 
Interview mit Markus Heitz (05.12.2008)

Tags: Vampire, Markus Heitz