Daniela Winkler (29.07.2010)

Interview mit Daniela Winkler

Literatopia: Hallo Daniela! Mit „Grablicht“ hast Du Dir den Traum einer eigenen Mangaserie erfüllt. Was erwartet den geneigten Leser?

Daniela Winkler: In Grablicht geht es um ein junges Mädchen, das plötzlich feststellen muss, dass sie kein Mensch mehr ist, sondern ein Vampir. Ohne jegliche Erinnerung an ihr früheres Leben muss sie sich in einer neuen Welt zurechtfinden. Dabei trifft sie auf viele zwielichtige Gestalten wie bissige Charmeure, Kindsvampire, eifersüchtige Frauen und Zahnärzte.

Literatopia: Wieso hast Du Dich für Deine Arbeit für den eher fernöstlich geprägten Mangastil entschieden? Was fasziniert Dich an Mangas und wann haben sie erstmals Dein Interesse geweckt?

Daniela Winkler: Seit der Grundschule wollte ich schon immer Comiczeichnerin werden. „Sailor Moon“ war unter anderem dafür verantwortlich, dass ich auf den Manga-Stil gekommen bin, allerdings war ich eher in der „Pokémon-Generation“ und bin dadurch erst wirklich Fan von Manga und Animes geworden. Als ich dann so richtig begeistert von allen möglichen Mangas war, fing ich an, zeichnerisch nach und nach immer mehr in diese Richtung zu gehen, und nachdem ich mitbekommen hatte, dass es mittlerweile auch deutsche Zeichner/innen gibt, dachte ich mir „Ich will auch!“ Meine erste Bewerbung an einen Verlag habe ich weggeschickt, als ich 13 Jahre alt war. Generell gilt mein Interesse aber nicht nur dem Manga. Ich habe viele andere Comics der unterschiedlichsten Richtungen in meinem Bücherschrank.

Literatopia: Was gehört für Dich alles zu einem richtig guten Manga? Welchen Stil bevorzugst Du? Und gibt es Serien / Oneshots, die Deine Arbeit maßgeblich beeinflusst haben?

Daniela Winkler: Zu einem richtig guten Manga oder Comic gehört für mich „ein gutes Gesamtes“. Was will ich mit herausragenden Bildern, wenn die Geschichte langweilig ist? Was habe ich von einer packenden Geschichte, wenn die Zeichnungen diese nicht tragen können? Ich bevorzuge keine Stile, wenn mir etwas gefällt, dann gefällt es mir einfach... Genre und Co ist mir dabei recht egal... Solange es gut gemacht ist und mich unterhält bin ich dabei!

Literatopia: Hast Du das Mangazeichnen mit Hilfe von Kursen und / oder Büchern erlernt? Oder Dir eher autodidaktisch beigebracht? Vielleicht vom Abzeichnen Deiner Lieblingscharaktere aus anderen Mangas?

Daniela Winkler: Ich denke die meisten Zeichner beginnen mit dem Abzeichnen ihrer Lieblingsfiguren. Beim Entwickeln des eigenen Stils kann dir aber kein Buch der Welt helfen. Man kann sich inspirieren lassen, man kann sich an etwas anlehnen oder sich bestimmte Techniken aneignen... Aber letztendlich kommt es immer drauf an was man aus dem macht, was man liest, hört und sieht. Ich hatte früher ne Menge Zeichenbücher, habe diese aber nie angerührt sondern selber immer rumprobiert und geübt.

Literatopia: Emily kommt in „Grablicht“ etwas schusselig daher. Dennoch merkt man ihr auch an, dass sie mit ihrem neuen Dasein nicht gerade glücklich ist. Hattest Du sie sofort so im Sinn oder hat sie sich erst zu einer zerstreuten jungen Dame entwickelt während des Zeichnens?

Daniela Winkler: Das Konzept zu Grablicht existiert ja nun schon einige Jahre. Emily hatte in dieser Zeit genug Platz sich zu entwickeln. Als ich die Geschichte für Comicstars begonnen hatte, wusste ich bereits genau wer und wie Emily ist. :)

Literatopia: David ist ziemlich frech und wirkt teilweise auch arrogant. Dennoch merkt man ihm seine Gefühle für Emily deutlich an. Hat David Eigenschaften, die Dir beim anderen Geschlecht gut gefallen oder hast Du ihn unabhängig von Deinen Vorlieben entworfen?

Daniela Winkler: Eeeehm... Wie auch Emily hat sich David in seiner Charakterentwicklung selbstständig gemacht. Ich mag David, aber ich muss doch sagen, dass er nicht so ganz mein Fall ist *lach*. Ich persönlich empfinde ihn nicht als sonderlich arrogant sondern sehe ihn als selbstsicheren Charmeur und Frauenheld der sich nun in einer neuen Rolle wieder findet; nämlich in der eines ernsthaft verliebten jungen Mannes. Was ihn für mich symphatisch macht, ist die Tatsache, dass es ihm nicht peinlich ist, seine Gefühle zu zeigen, wobei es schwierig ist zu unterscheiden ob diese schmalzigen Worte nun ernst gemeint sind oder aus Gewohnheit über seine Lippen kommen.

Literatopia: Wie bist Du zur Verlagsgruppe Droemer Knaur gekommen? Kam jemand über Comicstars auf Dich zu oder bist Du selbst an den Verlag herangetreten?

Daniela Winkler: Ich habe mich jahrelang erfolglos beworben, hauptsächlich bei Carlsen und Tokyopop. Allerdings hatte ich meistens mit netten Redakteuren zu tun, die sich zwischendurch auch mal die Zeit genommen hatten, um mir ausführliche Kritik zu geben, die mich immer weitergebracht hat. Aber obwohl regelmäßig Interesse bekundet wurde, bekam ich immer wieder eine Absage, was mich ziemlich fertig gemacht hat. Mit dem „Grablicht“-Konzept hatte ich mich erstmal vor zwei Jahren beworben, eher hatte ich mich nicht getraut, da die Geschichte ja nun doch etwas umfangreicher ist, und ich den Eindruck hatte, dass Neulinge eher Kurzgeschichten beziehungsweise Einzelbände bekommen als gleich eine Serie. Allerdings hat mich die recht große Leserzahl auf Animexx (neben meinen Freunden und meiner Familie) immer wieder ermutigt und bestärkt, mein Herzensprojekt vorzustellen. An dieser Stelle möchte ich mich noch mal ganz herzlich bei allen bedanken, die mich unterstützt haben und seit sechs Jahren „Eternal Sapphire“ verfolgen. Doch da waren meine Zeichnungen noch nicht gut genug, und es wurde mir ans Herz gelegt, noch ein wenig zu üben und im nächsten Jahr Emilys Geschichte erneut vorzustellen. Gesagt, getan. Aber obwohl ich für die Story, die Charaktere und mittlerweile auch für die Zeichnungen gelobt wurde, bekam ich wieder eine Absage. Es fehlte das „Tüpfelchen auf dem i“ und mit dieser Kritik wusste ich gar nichts anzufangen. Also habe ich mich (Ende November/ Anfang Dezember) wieder an den Zeichentisch gesetzt und fing an, eine Weihnachtskurzgeschichte zu zeichnen, ehe ich mich wieder an eine neue Bewerbung dran setzen wollte, als Martina Peters mir erzählte, dass es bald einen neuen Verlag geben wird, der Zeichner sucht: Comicstars. Sie gab mir die Kontaktdaten der Redaktion, und ich wurde auch gleich gebeten, ein Konzept einzureichen. Frei nach dem Motto „Was hast du schon zu verlieren?“ habe ich dann die Bewerbung für „Grablicht“ hin geschickt, die mir mehrere Absagen beschert hatte. Zwei Tage später meldete sich meine jetzige Redakteurin Anne Delseit und sagte mir, dass Comicstars mit mir zusammenarbeiten will. Das kam mir alles so unwirklich vor. Ich war es gewöhnt, sechs bis zwölf Monate auf eine endgültige Antwort von einem Verlag zu warten, und dann waren es immer Absagen.

Literatopia: Erzähl uns doch bitte ein bisschen von Comicstars. Was gibt es dort alles? Und kann jeder dort seine Comics / Mangas vorstellen?

Daniela Winkler: Comicstars ist eine Plattform für Zeichner. Dort kann jeder seine Comics als ebook gratis oder zum Verkauf anbieten. Es gibt aber auch eine Gruppe von Zeichnern, zu der ich gehöre, die direkt für Comicstars zeichnen. Wir laden unsere Kapitel dort also nicht selbst hoch, sondern sie werden von Comicstars angeboten.

Literatopia: Dein Zeichenstil passt gut zur Bezeichnung „Manga“, dennoch erkennt man auch europäische Einflüsse. Wo siehst Du persönlich die Unterschiede zu den japanischen Gegenstücken? Und war es Dir wichtig, Dich von diesen auch stilistisch abzugrenzen?

Daniela Winkler: Die einzige Abgrenzung, die ich bewusst gesetzt habe, war, den Handlungsort und die Charaktere von Japan weg zu verlegen. Zwar lese ich durchaus auch Mangas und weiß in etwa wie es dort so ist durch Freunde und Bekannte die dort leben bzw. gelebt haben, aber ich fühle mich wohler, wenn ich mich mit dem identifizieren kann, was ich zeichne. Ich verbeuge mich nicht zur Begrüßung und trage keine Schuluniform. Da kann ich mich nicht so gut reindenken... Stattdessen setze ich auf Bekanntes. Vielleicht kann sich der Leser auch besser in eine Annika Fillbrunn hineinversetzen als in eine Mitsuki Hayasaki... natürlich ist es cool mal in eine andere Welt abzutauchen und sich mal eine stilisierte andere Kultur hineinzudenken... aber ich denke, es hat auch seinen Reiz etwas Vertrautes in den Geschichten zu entdecken. Festzustellen, dass man mit derselben Buslinie gefahren ist wie die Hauptfigur zum Beispiel oder zu sagen „Hey cool, die Tasche habe ich ja auch“. Ansonsten zeichne ich einfach, was mir gefällt. Unter anderem haben mich Tim Burton und Jhonen Vasquez sehr beeinflusst und die haben tatsächlich WIRKLICH nichts mit Manga zu tun. Aber auch Arina Tanemura und Akira Toriyama haben mich besonders zu Beginn meines Zeichnerdaseins in eine bestimmte Stilrichtug gezogen. Ich mach das nicht bewusst, wenn mir etwas gefällt, dann lass ich mich einfach gerne davon inspirieren... und mir ist das dabei herzlich egal ob diese Inspiration nun aus Japan, Amerika oder Timbuktu kommt. :)

Literatopia: Wie ist Dein Kontakt zur deutschen Mangaszene? Gibt es eine solche überhaupt oder steckt sie insgesamt noch zu sehr in den Kinderschuhen?

Daniela Winkler: Mittlerweile gibt es über hundert deutsche Manga-Zeichner bei größeren und kleineren Verlagen. Eine „Mangaka-Szene“ existiert daher durchaus und das auch schon länger. In den Kreisen der Zeichner gibt es wie bei jeder anderen Gruppe von Berufen auch solche und solche. Viele Zeichner und Autoren zähle ich zu meinen engsten Freunden, manche sind gute Bekannte, manche kenne ich gar nicht und mit anderen ist man sich nicht grün aufgrund persönlicher Differenzen. Die Manga-Szene im Allgemeinen ist meiner Meinung nach recht groß. Und da ich selber Mangas lese und Animes schaue, zähle ich mich durchaus dazu.

Literatopia: Im August wirst Du in Hannover Deinen ersten „Grablicht“-Band signieren. Weißt Du schon, wie das ablaufen soll? Aus einem Manga kann man ja relativ schlecht vorlesen. Was erwartet die Besucher über das reine Signieren hinaus?

Daniela Winkler: Mangas sind in der Tat keine Bücher aus denen man vorlesen kann, Signierstunden bei Zeichnern laufen generell anders ab. Die Besucher bekommen eine Signatur und eine Zeichnung in ihren Comicband oder in ein Extrabüchlein (das sogenannte „Con-Hon“) und haben die Möglichkeit sich mit mir zu unterhalten, mir Fragen zu stellen usw. usf.

Literatopia: Da Du gewissermaßen online angefangen hast: Wie wichtig schätzt Du persönlich das Internet für Schreiber / Zeichner ein? Wo liegen die Chancen, wo die Risiken?

Daniela Winkler: Ich bin leider kein Experte für alles, daher weiß ich keine genaue Antwort darauf. Was ich aus meiner persönlichen Erfahrung sagen kann ist, dass man sich online durchaus eine Fan-Base aufbauen kann, das hat bei mir ganz gut funktioniert wie auch bei anderen deutschen Zeichnern. Ich persönlich lese Bücher und Comics lieber analog.

Literatopia: Liest Du grundsätzlich bevorzugt Mangas oder kannst Du auch mit westlichen Comics etwas anfangen?

Daniela Winkler: Wie schon gesagt ist mein Bücherregal bunt gemischt – solange es mir gefällt werde ich es lesen. :)

Literatopia: Was tummelt sich neben Mangas in Deinem Bücherregal? Welche Genres haben es Dir besonders angetan? Oder bist Du eher ein Querbeetleser?

Daniela Winkler: Neben meinen Mangas finden sich normale Bücher, sowie Comics aus allen verschiedenen Richtungen wieder. Comic-Meisterwerke wie „Maus“ stehen neben reinen Unterhaltungsmedien wie „Harry Potter“ von J.K. Rowling und Klassikern wie „Dracula“ von Bram Stoker oder den originalen „Alice“-Büchern von Lewis Carroll. Horror-Romane von Stephen King teilen sich den Platz mit den Buffy-Comics usw. Ich bin generell ein Querbeet-Leser, aber meine Vorliebe für Horror ist nicht zu übersehen.

Literatopia: Wie wird es mit Dir und „Grablicht“ weitergehen? Auf wie viele Bände können sich die Leser freuen? Und wird es weitere Serien von Dir geben?

Daniela Winkler: Ich hoffe, ich werde noch viele weitere Bände von Grablicht zeichnen können. Über weitere mögliche Serien habe ich mir natürlich schon Gedanken gemacht und einige Konzepte würde ich wirklich sehr gerne umsetzen, aber meine Konzentration liegt gerade bei der Arbeit am aktuellen Projekt. ;)

Literatopia: Vielen Dank für das Interview!

Daniela Winkler: Gern geschehen!


Homepage von Daniela Winkler: http://www.danielawinkler.de

Rezension zu "Grablicht - Liebeslied an den Tod" (Band 1)

Rezension zu "Grablicht - Schlaflied der Sonne" (Band 2)


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.